Samtpfoten im Schnee
Lord Donnington das nicht herausfinden wür-de. Der Marquis und Stephanie unternahmen andere, akti-vere Dinge mit dem Kind. Sie spielten Verstecken oder Mikado mit ihm oder veranstalteten Schatzsuchen.
Eugenias Benehmen blieb weiterhin ein Problem. Wenn etwas nicht nach ihrem Willen ging, bekam sie Wutanfälle.
Wenn sie etwas Bestimmtes tun wollte und die Person, die sie sich dafür ausgesucht hatte, nicht zur Verfügung stand, führte sie sich über alle Maßen schrecklich auf. So beharrte sie auch darauf, dass Fluffy - außer des Nachts - ständig bei ihr sein musste. Glücklicherweise war Fluffy geduldig.
Selbst wenn Lady Eugenia außer sich vor Wut war, gelang es dem Tier, sie zu besänftigen, indem es ihr um die Beine strich oder sie mit der Pfote zum Spielen aufforderte. Stephanie fragte sich, was sie wohl ohne die Katze getan hätten. Der alte Sarum war nicht so sanftmütig. Wenn er das Mädchen leid war, schlug er nach ihr und ging seines Weges.
Was Stephanie anging, so fuhr sie damit fort, dem Kind gegenüber konsequent zu sein. Normalerweise erinnerte sich Lady Eugenia an ihre Erziehung, wenn sie mit Stephanie zusammen war. Hin und wieder jedoch sah diese sich gezwungen, mit strenger Disziplin durchzugreifen. Sie lehnte es schlichtweg ab, sich von diesem verwöhnten Fratz zum Narren halten zu lassen. Und das kleine Mädchen begann allmählich, das zu begreifen.
Die Tage, die verstrichen, brachten Stephanie aber auch Lord Donnington näher. Sich der Unsicherheit ihres Herzens bewusst, versuchte sie, ihm aus dem Weg zu gehen, was auf einem so begrenzten Raum wie dem Horse and Hound so gut wie unmöglich war. Wenn sie beide von ihren Verpflichtungen Lady Eugenia gegenüber frei waren, schien Lord Donnington Stephanies Nähe zu suchen und verwi-ckelte sie in ein Gespräch. Und sie war zu höflich, ihm dies zu verweigern. Es machte ihr durchaus Freude, sich mit ihm zu unterhalten, aber sein faszinierend gutes Aussehen beunruhigte sie immer wieder aufs Neue. Wann immer er ihr begegnete, sah sie sich außerstande, seinem Charme zu widerstehen. Eines Morgens gelang es ihm - mit Hilfe Tante Carolines - sie dazu zu überreden, mit ihm gemeinsam das Frühstück einzunehmen. Sie kam in die Küche und füllte sich ihren Teller mit Speck und Eiern, als Tante Caroline aus dem Salon zurückkehrte, ein Tablett in Händen.
»Lord Donnington nimmt gerade sein Frühstück ein, Stephanie. Er hat darum gebeten, dass du ihm dabei Gesellschaft leistest. Er möchte mit dir sprechen.«
Stephanies Herz verdreifachte seinen Schlag. »Das kann ich nicht! Ich bin nicht passend angezogen«, stotterte sie.
»Er hat dich schon früher in deiner Arbeitskleidung gesehen«, erinnerte die Tante sie. »Bitte tu es, mein Liebes. Er wirkte sehr ernst.«
»O Tante Caroline!«, rief sie erschreckt. »Was kann er denn nur wollen? Ich kann nicht!«
»Es hängt natürlich ganz allein von dir ab, aber was mich betrifft, so wünsche ich ganz gewiss nicht, Lord Donnington zu verärgern«, erklärte ihre Tante entschieden.
»Sicherlich nicht, aber...«
»Lass die Tür offen, Stephank, dann wirkt die Atmosphä-
re nicht zu vertraulich.«
Stephanie keuchte. »Ist denn Lady Eugenia nicht bei ihm?«
»Nein. Und jetzt beeil dich. Dein Frühstück wird kalt. Ich werde euch den Kaffee servieren und den Kessel auf der Anrichte stehen lassen.« Sie eilte zur Tür hinaus.
»O Himmel«, stöhnte Stephanie. »Betsy, was soll ich tun?«
»Ihr werdet Euch mit dem Frühstücken beeilen.« Die Kö-
chin kicherte. »Ich begreife nicht, warum ein Mädchen einem so gut aussehenden Mann wie ihm nicht beim Essen Gesellschaft leisten will. Und obendrein hat er auch noch einen Titel!«
»Genau das ist das Problem.« Verdrossen nahm Stephanie ihren Teller und folgte ihrer Tante. Was um alles in der Welt sollte der Marquis mit ihr zu bereden haben? Hatte sie bei der Beaufsichtigung seiner Nichte etwas falsch gemacht?
Was, wenn er ihr eine Standpauke halten wollte? Ihr Herz hörte nicht auf, wie wild zu klopfen.
Als Stephanie den Salon betrat, lachten Lord Donnington und ihre Tante über etwas. Nun, wenigstens war er im Augenblick nicht wütend. Er schien in guter Stimmung zu sein.
Als er Stephanie erblickte, erhob er sich. »Guten Morgen, Miss Blythe. Ich bin froh, dass Ihr meine Einladung angenommen habt.«
Tante Caroline griff nach dem Tablett. »Ich lasse euch jetzt allein. Wenn ihr etwas wünscht, klingelt bitte.«
»Sollte es irgendetwas geben, das
Weitere Kostenlose Bücher