Samtpfoten im Schnee
ob der unerfreulichen Situation, in der sie sich befand, unternahm Meghan in den auf den Ball folgenden Wochen dennoch die entschlossene Anstrengung, ihrer Ehe wieder eine gewisse Festigkeit und Zufriedenheit zu verleihen. Burton jedoch hatte sich geweigert, über die ungelösten Fragen zu reden. Genauer gesagt gab es gar keine Fragen, die gelöst werden mussten, soweit es ihn betraf. Die Existenz einer Geliebten war kein Thema, das ein Gentleman mit seiner Ehefrau diskutierte. Und nein, er war nicht daran interessiert, ihr Engagement für mehr gemeinsame Unternehmungen zu unterstützen. Überdies beharrte er darauf, dass Meghan aufhörte, sich mit den Mitgliedern dieser lächerlichen Historischen Gesellschaft zu treffen. Seine Freunde und Bekannten begännen schon zu glauben, dass er - der bei allen so beliebte tolle Bursche - mit einer Art Blaustrumpf verheiratet wäre.
Um den Frieden zu wahren, gab Meghan ihre aktive Mit-arbeit im Museum auf, genauso wie sie zuvor ihre Freunde aufgegeben hatte, die nicht Burtons Billigung gefunden hatten. Während ihre Welt immer kleiner und enger wurde, setzte Burton sein gewohntes Leben und seine zahlreichen Affären fort.
Dann hatte die einst so lebhafte geistsprühende Meghan Godwin eine Aussprache mit der mausgrauen furchtsamen Mrs. Kenwick, zu der sie geworden war. Sie beharrte darauf, dass dieses Muster an eheweiblicher Tugend ihren Gatten erneut mit dem Stand der Dinge zwischen ihnen zu konfrontie-ren habe. Kenwick reagierte darauf mit ungeduldigem Ärger.
Sie führten das, was in seinen Augen eine perfekte Ehe war, und auch Meghan sollte dies als eine solche akzeptieren.
Am Ende hatte sie das getan - denn welche Wahl wäre ihr geblieben? Das Gesetz verschaffte den Männern in diesen Angelegenheiten den Vorteil, und Meghan konnte den Gedanken nicht ertragen, ihren Sohn zu verlieren. Sie versuchte sich abzulenken. Natürlich war sie in ihr Kind vernarrt, und sie saß während seiner Unterrichtsstunden oft da und fürchtete den Tag, an dem er fortgeschickt werden würde, um auf eine Schule zu gehen. Sie teilte Stephens Vergnügen an neuen Entdeckungen. Er war ein Quell ständiger Freude -
eifrig beim Lernen und von unwiderstehlichem Humor. Stephen liebte seine beiden Eltern, und Meghan versuchte, diese Liebe noch zu stärken. Deshalb hatte sie auch gegen die Fahrt mit der Segeljacht nicht allzu viele Bedenken ins Feld geführt.
Wingates Jacht war in ein Unwetter geraten, und ihr Mann und ihr Sohn waren dabei ertrunken. In ihrem an-fänglichen Schmerz hatte Meghan nach irgendetwas oder nach irgendjemandem gesucht, dem sie die Schuld an ihrem Verlust geben konnte. Sie war sehr distanziert gewesen, als Lord Justin sie, zusammen mit seiner Frau Belinda und seiner Schwägerin Irene, aufgesucht hatte, um ihr zu kondolie-ren.
»Ich verstehe einfach nicht, warum nur Kenwick und mein Sohn als Opfer zu beklagen sind«, hatte sie gesagt.
»Gab es denn keine Möglichkeit, sie zu retten?« Diese Frage hatte sie sich vor allem gestellt? und ihr Schmerz veranlasste Meghan, sie auch jetzt wieder auszusprechen.
»Wir haben es versucht«, hatte Justin Wingate erwidert.
»Das heißt, Travers und Layton haben es versucht. Travers wird Euch berichtet haben, dass ich bewusstlos geschlagen worden bin, als der Mast herumgeschwenkt ist. Ich bedaure dieses Unglück zutiefst, Madam.«
»Das Boot war doch sicher, oder nicht?« Es war ebenso eine Frage, wie es eine Provokation war. »Ihr habt doch wohl nicht wissentlich Gäste auf ein nicht seetüchtiges Schiff eingeladen?«
»Bitte, Meghan«, hatte Irene sich eingemischt, »es war ein Unfall - und in einem plötzlich aufkommenden Sturm zudem. Du kannst Justin nicht dafür verantwortlich machen.«
»Nein, vermutlich nicht, aber es war sein Boot. Und« - ihre Stimme erstarb an einem kaum unterdrückbaren Schluchzen - »und mein Sohn ist tot. Mein kleiner Junge lebt nicht mehr!«
Sie hatten während dieses Gesprächs gestanden. Belinda hatte ihren Gatten am Ärmel gezupft. »Ich denke, wir sollten gehen.«
»Womöglich hast du Recht, meine Liebe.« Justin Wingate verbeugte sich steif vor Meghan. »Es tut mir sehr Leid für Euren Verlust, Madam.« Dann verließen er und seine Frau das Zimmer.
Irene sagte zu ihnen: »Ich werde gleich zu euch hinaus-kommen.« Sie wandte sich zu Meghan um und breitete einfach die Arme aus. Und einmal mehr weinte Meghan bittere Tränen - dieses Mal an Irenes Schulter.
»S-Stephen war mein Leben. Ich weiß
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