Samtpfoten im Schnee
ich nicht die Absicht, wieder zu heiraten - niemals.«
»Ich ... ich entschuldige mich. Ich hatte die Tiefe Eurer Gefühle für Kenwick nicht erkannt. Ich nahm an, da Ihr die Trauerzeit hinter Euch habt...«
»Nein, Ihr versteht nicht.« Meghan zögerte. Sie hatte nicht die Absicht, mit Layton so offen über ihre Ehe zu sprechen, wie sie es mit Irene getan hatte. Andererseits wollte sie nicht, dass er sie als eine jener sich grämenden Witwen ansah, die sich in der Aufmerksamkeit sonnten, die ihnen ihre nie endende Trauer einbrachte. »Ich ... ich bin schon lange nicht mehr in Trauer, denn ich habe mich mit Kenwicks Tod ausgesöhnt.«
»Dann ist es wegen Eures Sohnes?«, fragte er leise.
»Ich habe inzwischen gelernt, auch das zu akzeptieren, obwohl es sehr viel schwerer ist. Seht, ich hätte niemals zustimmen dürfen, dass er an jenem Tag mitging. Ich werde mir das nie vergeben.«
»Aber gewiss gebt Ihr Euch doch nicht die Schuld an dem, was geschehen ist?«
»Bis zu einem gewissen Grad, doch.«
»Wenn irgendjemand Schuld an diesem Unfall hatte, dann war es Euer Gatte - gewiss nicht Ihr, die Ihr meilenweit entfernt in London gewesen seid.«
»Wa... was meint Ihr damit: Kenwick war schuld?«, fragte Meghan, schockiert über diesen Gedanken.
»O Gott. Ich hatte nie vor, das zu erwähnen.«
Ihr Ton klang scharf. »Aber Ihr habt es erwähnt. Und ich will wissen -jetzt, wenn Ihr so gut seid -, was genau Ihr damit gemeint habt.«
»O Gott«, wiederholte Layton. Er wandte kurz den Blick ab, ehe er sich ihr wieder zuwandte. Sein Gesicht war ausdruckslos. »Ihr seid keine Seglerin, nicht wahr?« Sie schüttelte den Kopf, und er sprach weiter. »Als der Sturm aufkam, wurden wir von einer dieser plötzlichen, unvorhersehbaren Windböen erwischt, und das Hauptsegel legte sich um -«
Meghan starrte ihn bestürzt an.
»Es wurde vom Sturm erfasst und geriet außer Kontrolle«, fuhr er fort. »Wenn so etwas geschieht, muss jeder rasch reagieren, um das Boot aufrecht zu halten. Kenwick und sein Junge standen an der Ruderpinne, und wir vermuten, dass er das Ruder verrissen hat. Jedenfalls schwang der Mast herum und traf Justin so unglücklich, dass dieser das Bewusstsein verlor. Als das Boot sich neigte, wurden Kenwick und das Kind über Bord gespült. Ich glaubte, wir alle wären dem Tod geweiht - so wie Justin, den ich im ersten Moment für tot hielt. Wir suchten und suchten nach Kenwick und dem Jungen - fast zwei Stunden lang -, aber wir konnten keine Spur von ihnen finden.«
Überwältigt von dem Schrecken, den er beschrieb, ver-harrte Meghan in Schweigen. Sie schloss die Augen, doch es gelang ihr nicht, das Bild zu verdrängen - der Wind, die ko-chende See, das Chaos. Und die Angst, die ihr Kind durch-lebt haben musste.
Layton nahm ihre Hand. »Es tut mir Leid, Meghan. Ich weiß, es ist schmerzlich für Euch. Wenn Kenwick schneller reagiert hätte - oder vielleicht nicht so heftig... Aber wer weiß das schon bei einem so ungewöhnlichen Unfall?«
Plötzlich begriff sie, was er nicht gesagt hatte. »Kenwick war betrunken, nicht wahr?«
Layton sah unbehaglich aus. »Nun ja, möglicherweise hatte er etwas getrunken, aber nicht so, dass er seiner Sinne nicht mehr mächtig gewesen wäre.«
»Aber genug, dass seine Reaktionen davon beeinträchtigt wurden«, sagte sie bitter. Sie versuchte zu begreifen, was sie gehört hatte, und als sie weitersprach, gelang es ihr nicht, die Wut in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Warum hat man mir das nicht schon vorher gesagt? Ihr - Ihr, Lord Travers und Lord Justin - Ihr hättet es mir sagen müssen!«
»Justin - das heißt, wir - dachten, es würde Euch nur aufregen. Wir... Wir wollten Euren Kummer nicht noch grö-
ßer machen.«
Das besänftigte Meghan ein wenig, aber sie würde später gründlich darüber nachdenken. »Ich bin keine zarte Blume, die beschützt werden muss.«
»Ja. Wir - ich - weiß das jetzt, aber damals war schließ-
lich keiner von uns mit Kenwicks Ehefrau gut bekannt.«
Kenwicks Frau - diese dumme mausgleiche Kreatur, dachte Meghan. Sie schwiegen jetzt beide, jeder scheinbar in Gedanken verloren. Schließlich tätschelte Layton ein letztes Mal Meghans Hände und ließ sie dann los.
»Ich wünschte, Ihr würdet meine Worte von vorhin noch einmal überdenken, meine liebe Meghan, und mir die Hoffnung darauf geben, irgendwann eine zustimmendere Antwort von Euch erwarten zu dürfen.«
Sie sah ihm in die Augen und lächelte ihn traurig an. »Es tut mir
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