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Samtpfoten im Schnee

Samtpfoten im Schnee

Titel: Samtpfoten im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Clare
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waren. Die anderen Kinder waren im benachbarten Schulzimmer.
    Meghan begrüßte die anderen Kinder, ehe sie zu Joy ging, um sich neben sie zu setzen.
    »Hallo, Joy«, begann sie behutsam. »Ich habe von deinem Kätzchen gehört.«
    Joy sah Meghan aus tief verzweifelten Augen an, blieb aber stumm. Meghan entschied, dies als eine völlig normale Reaktion zu betrachten, und weiterzureden. Sie schlug einen unbeschwerten Plauderton an.
    »Weißt du, Joy, als ich ein kleines Mädchen war, hatte ich auch ein Kätzchen. Es hieß Clara. Ich hatte es nach meiner Lieblingspuppe benannt, aber dann fing ich an, sie immer miteinander zu verwechseln.« Sie lachte und schüttelte über sich selbst den Kopf, wobei sie zu Joy hinunterschaute. Da sie den Hauch eines Lächelns in deren Augen zu erkennen glaubte, sprach sie weiter. »Und weißt du was? Clara fing an, mir davonzulaufen, genau wie Schneeflöckchen es jetzt getan hat. Ich dachte, sie wollte mit mir Verstecken spielen!«
    Joy lächelte bei diesem Gedanken, schaute aber gleich wieder ernst drein.
    »Manchmal«, fuhr Meghan fort und hoffte im Stillen, dass sie die richtigen Worte fand, »war meine Clara für eine sehr lange Zeit fort. Ich glaube, einmal waren es mehr als zwei Ta-ge! Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht, so wie du dir gewiss Sorgen um Schneeflöckchen machst.«
    Joy schaute auf und nickte. Dann rutschte sie näher, und Meghan legte den Arm um sie und drückte sie fest an sich.
    Ihr übervolles Herz schien vor Liebe zu diesem kleinen, verzweifelten Wesen bersten zu wollen. Die Tür zum Spielzimmer ging auf, und Justin kam mit großen Schritten herein.
    Joy sah ihn aus vor Hoffnung großen Augen an. Er kauerte sich vor die beiden hin, die auf der Fensterbank saßen, nahm Joy bei den kleinen Händen und schüttelte betrübt den Kopf.
    »Nichts. Es tut mir Leid, Püppchen. Wir haben das Kätzchen immer noch nicht gefunden. Aber alle suchen nach ihm. Es wird ganz bestimmt gefunden werden.«
    Meghan dachte bei sich, dass seine Worte eher Hoffnung als Überzeugung ausdrückten.
    Justin sah sie an und sagte: »Danke, Mrs. Kenwick. Ich weiß Eure Hilfe zu schätzen.«
    Sie drückte das kleine Mädchen kurz. »Joy und ich sind Freundinnen geworden, und unter Freunden ist es wichtig, einander beizustehen.«

    »Ich verstehe«, sagte er ernst, und sein Blick ging von einer zur anderen.
    Es war später Nachmittag, und wie es an den kurzen De-zembertagen nun einmal war, wurde es sehr früh dunkel.
    Das Kindermädchen kam, um im Spielzimmer die Lampen anzuzünden. Joy schaute aus dem Fenster und schien zu erschrecken, als sie bemerkte, wie dunkel es inzwischen war.
    Panik flackerte in ihren Augen auf, als sie von Justin zu Meghan schaute.
    »Dem Kätzchen geht es gewiss gut«, sagte Justin. Er streichelte Joys Hand und versuchte, zuversichtlich zu wirken.
    »Wahrscheinlich hat Schneeflöckchen beschlossen, ihre Brüder und Schwestern zu besuchen«, meinte Meghan.
    »Vielleicht spielen sie alle mit uns Verstecken.«
    Joy lächelte, aber es war ein trauriges Lächeln. Das Kindermädchen kam bald darauf, um zu verkünden, dass es für die Kinder Zeit sei, sich auf das Abendessen vorzubereiten, und Justin und Meghan verließen das Zimmer.
    Justin dankte ihr ein weiteres Mal, und er berichtete vom Verlauf der Suche, während sie die Treppe hinuntergingen.
    Dabei berührten sich gelegentlich ihre Arme, und Meghan war sich seiner Nähe intensiv bewusst.
    Der Rest des Abends verlief recht ruhig. Nach dem Abendessen vertrieb man sich die Zeit mit Kartenspielen und Musik und unterhielt sich danach angeregt. Meghan zog sich früh zurück, um einige Briefe zu schreiben, und be-gab sich zeitig zu Bett, weil sie »nur noch ein wenig« lesen wollte. Doch Chapmans Übersetzung der Ilias schlug sie rasch in ihren Bann. Es war schon nach Mitternacht, und Meghan teilte gerade Achilles' Schmerz über den Tod seines Freundes Patroklos, als sie auf dem Gang ein Geräusch hör-te. Sich darüber wundernd, verließ Meghan das Bett und öffnete die Tür. Joy stand da, zitternd und nur mit einem dünnen Nachthemd bekleidet, ihre Decke fest umklammert. Sie sah Meghan einen Augenblick lang an. Dann lief sie ins Zimmer und auf das Bett zu. Meghan schloss die Tür und schaute verblüfft zu Joy, die in das Bett geklettert war und jetzt auf die Decke klopfte, um Meghan in ihr eigenes Bett einzuladen.
    »Joy! Was tust du hier? Du solltest in deinem eigenen Bett liegen.«
    Joy schüttelte den Kopf, sah

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