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Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz

Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz

Titel: Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Page
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mühsam; die Worte, die er mit seiner tiefen Baritonstimme hervorgestoßen hatte, gingen ihr durch den Kopf. Es wird erst enden, wenn einer von uns tot ist.
    Ihr Arm schob sich unter Dashs, ihre Finger ruhten auf seinem stahlharten Unterarm. Abrupt blieb Maryanne auf der Schwelle zum Salon stehen.
    Anne saß auf dem Sofa, das dem Fenster am nächsten stand. Auf dem anderen Sofa saß eine dünne grauhaarige Frau, deren Finger das Handgelenk eines dunkelhaarigen jungen Gentlemans umklammerten. Der Kopf der Frau wackelte freundlich hin und her, und ihre andere Hand, die in ihrem Schoß ruhte, zuckte unkontrolliert, als würde sie ein Eigenleben führen.
    Das musste Mrs. Blackmore sein, Dashs Tante. Anne starrte auf ihre Schuhe hinab und mied den Blick ihrer Tante. Neben Anne stand Moredon. Er hatte die Hüfte gegen die bestickte Armlehne des Sofas gelehnt und hielt Annes Hand.
    Dash zog Maryanne in Richtung seiner Tante. Entsetzen stieg in ihr auf. Was sollte sie nur sagen?
    Dann sah sie ihn.
    Der alte Mann saß zusammengesunken im Ohrensessel, er war in eine blaue Wolldecke gewickelt und umklammerte mit seiner riesigen Hand den kunstvoll geschnitzten Griff eines Krückstocks.
    Wie widerwärtig, sich vorzustellen, dass er versucht hatte, ein wehrloses Kind umzubringen, und nun nach einer Decke verlangte! Am liebsten wäre sie zu ihm geeilt und hätte ihm die Decke weggezogen.
    Ein dichter Schopf weißer Haare umrahmte das Gesicht von Dashs Onkel. Die dicken Wangen ließen die schwarzen Augen in dem geröteten Fleisch wie Stecknadelköpfe erscheinen. Plötzlich bemerkte sie, dass sie Dashs Arm losgelassen hatte und er nun allein auf seine Tante zuging.
    Er nickte den anderen Damen im Zimmer, Anne und Sophia, zu und begrüßte dann seine Tante. Und zwar mit erlesener Höflichkeit. „Es ist lange her, seit wir uns zuletzt gesehen haben, Tante Helena. Ich hoffe, es geht dir gut und die Reise war nicht zu anstrengend.“
    Mit einem Ruck wandte Dashs Tante ihm den Kopf zu. „N…nein. Gut, es geht mir gut.“ Sie machte eine Handbewegung in Richtung seines Onkels, der mit seinem Krückstock einen Rhythmus auf den Boden klopfte, der in Maryannes Kopf widerhallte und ihr beinahe Zahnschmerzen verursachte. „Er fühlt sich schon seit Längerem nicht gut. Hast du ihn hierher bestellt, um dich zu vergewissern, dass er auch wirklich bald stirbt?“
    „Es ist Weihnachten, die Zeit, zu der die Familie sich trifft. Und ihr seid, Gott helfe mir, meine Familie.“
    „Mach dich nicht über eine verwirrte alte Frau lustig“, fuhr ihn Robert an.
    Zu Dashs Erstaunen warf seine Tante ihrem Sohn einen strafenden Blick zu. „Ich bin nicht verwirrt. Und erst recht nicht alt, du Grünschnabel.“
    Und Dash wiederum erstaunte sie mit einem Lachen. „Eins zu null für dich, Tante!“
    Seine Tante streckte Anne die Hand entgegen „Warst du in der Stadt? Du musst mir alles erzählen. Jedes kleinste bisschen Klatsch. Bitte, meine Liebe!“
    Anne warf Dash einen verzweifelten Blick zu, als wollte sie ihn um seine Unterstützung bitten. Sollte sie höflich sein oder nicht? Nachdem er ihr kurz zugenickt hatte, stürzte Anne sich kopfüber in einen fröhlichen Bericht über die Ereignisse der Londoner Saison.
    Als sich eine kräftige Hand um ihren Ellenbogen legte, hätte Maryanne vor Schreck fast aufgeschrien. Dash führte sie zu dem Ohrensessel neben Sophia. Sie hatte das Gefühl, als würde sie bei der Aufführung eines Theaterstücks die Bühne überqueren. Es war die Aufgabe der Hausherrin, die Gastgeberin zu spielen – Tee einzuschenken, Kuchen anzubieten und die Gäste mit heiterem Geplänkel zu bezaubern.
    Stattdessen klammerte sie sich an den Armlehnen des Sessels fest, in dem sie jetzt saß.
    „Was willst du von mir, Swansborough?“ James Blackmores Stimme krächzte durchs Zimmer. „Warum hast du mich hierher eingeladen? Was hast du vor, verdammt noch mal?“
    „Was hast du vor, Onkel?“, fragte Dash in einem gelangweilten Ton zurück.
    Die Spitze des Krückstocks bohrte sich in den Fußboden. „Pass auf, was du sagst, Swansborough. Ich dulde nicht, dass ein liederlicher Wüstling mir üble Dinge unterstellt. Ein verdammter Mörder.“ Schwankend, mit knallrotem Gesicht, stand sein Onkel auf, nachdem er die Decke wütend auf den Boden geworfen hatte. „Verrotte in der Hölle, denn das ist es, was du verdienst!“ Er spuckte Dash vor die Füße. Spuckte ihn an!
    Maryanne konnte es nicht länger ertragen. Sie konnte nicht

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