Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
„Verity?“
„Eine Frau, die ich in der vergangenen Nacht kennengelernt habe. Die Frau, die mit mir gemeinsam diese Aufgabe in der Schnitzeljagd gemeistert hat.“ Dashs Hand umklammerte die Krawatte fester, während er wieder auf die Stelle sah, wo der Ballon befestigt gewesen war. „Ich habe die Nacht mit ihr verbracht, was bedeutet, dass ich nicht unterwegs war, um Miss Charmody zu ermorden. Aber jetzt wird mir klar, dass Verity den Auftrag hatte, mich abzulenken.“
Sir William, der ein Streichholz angerissen hatte, um seine Zigarre zu entzünden, schrie auf, als die Flamme seine Finger verbrannte.
„Und dumm, wie ich war, habe ich nicht hinter ihre Maske geschaut. Oder ihren wahren Namen herausgefunden.“ Stattdessen hatte er nichts anderes gewollt, als sich in ihrer Wärme zu vergraben, ihre Brüste zu umfassen, ihren Herzschlag unter seinen Händen zu fühlen und in der Lust das Vergessen zu suchen.
Würde sie heute Abend hier sein?
Am Abend, Stunden, nachdem er dort gewesen war, um Eliza Charmodys toten Körper zu sehen, war Dash wieder im Hyde Park. Während er Rauchringe in die klare, ruhige Luft blies, schlenderte er zwischen den Paaren umher, die darauf warteten, bis sie an der Reihe waren, Sex im Korb des Heißluftballons zu haben.
Verity hatte die Karte mit dem Hinweis auf die nächste Aufgabe mitgenommen, was den Verdacht widerlegte, dass sie geschickt worden war, um ihn abzulenken. In diesem Fall wäre es sinnvoller gewesen, ihm den Hinweis dazulassen, damit er ihm zu dem nächsten Ereignis folgen konnte, wo sie ihn erneut zu besinnungslosem Sex verführen konnte.
In seiner Kehle stieg ein bitterer Geschmack auf. Würde in dieser Nacht wieder eine Frau sterben, auf grausige Art so zugerichtet, dass alles auf ihn als Täter hinwies? Zur Hölle, das alles war der pure Wahnsinn!
Dash verharrte im kühlen Schatten einer Eiche und sog an seiner Zigarre. Von hier aus konnte er, auf einem kleinen Hügel stehend, die Menge gut überblicken.
Sein Cousin war nirgends zu erspähen. Allerdings war Robert Blackmore, von durchschnittlicher Größe, mit braunem Haar und braunen Augen, in einer größeren Menschenmenge schwer auszumachen.
Jack Tate befand sich mitten im größten Gedränge, wo er eine dralle Frau mit üppigen hennaroten Locken küsste. Mit einer Hand liebkoste er grob ihre prallen Brüste, während er mit der anderen ihren Hintern tätschelte.
Ashton war nicht zu sehen. Er und Sophia hatten wohl in der vergangenen Nacht diese Aufgabe erfüllt. Waren sie jetzt damit beschäftigt, den nächsten Hinweis zu enträtseln, oder schmiedete der Duke Mordpläne?
Nachdem er den Rauch ausgestoßen hatte, zog Dash ein weiteres Mal an seiner Zigarre. Normalerweise genoss er das Rauchen, doch an diesem Abend schmeckte er kaum etwas von dem Tabak.
Zur Hölle: Was, wenn es Ashton war?
Sophia hatte sich geweigert zu glauben, dass sie womöglich in Gefahr schwebte, als Dash sie heute besucht hatte. Sie hatte ihn in ihrem Musikzimmer empfangen, und ihre Finger waren höchst präzise über die Tasten des Klaviers getanzt, während sie ihm zuhörte. Dann hatte sie, mit der Loyalität einer liebenden Frau, darauf bestanden, dass Ashton auf keinen Fall der Mörder sein konnte.
Bei der Erinnerung an dieses Gespräch stöhnte Dash auf. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Menschen im Park konnte er die Szene im Musikzimmer fast wieder vor sich sehen …
Sie hatte die Hände von den Tasten gehoben. „Ich bin nicht in Gefahr“, hatte sie gewispert. „Aber du bist es.“ In diesem schmerzlichen Moment hatte er ihr Alter in ihrem schönen Gesicht erkennen können.
„Wenn Ashton der Täter ist, meine Liebe, könntest du in Gefahr sein.“
„Ashton hat nichts mit der Sache zu tun. Ich kann dir versichern, dass er keinen Groll wegen eines Duells hegt, das vor Jahren stattgefunden hat. Wenn du aber sicher bist, dass all diese Dinge, die du mir erzählst, wahr sind …“
„Würde mich ein Richter und Freund belügen? Er hat versucht, mich zu beschützen. Wenn es mein Onkel oder mein Cousin ist, haben wir es mit einem Verrückten zu tun, und, ja, Süße, dann könntest auch du in Gefahr sein. Du bist einer der wenigen Menschen, die erkannt haben, wie irrsinnig mein Onkel ist – denn du hast mir damals geglaubt. Glaube mir auch jetzt, Sophia. Erlaube mir, dich zu beschützen.“
Gedankenverloren spielte sie einige hohe Töne, die so zart klangen wie das Lied eines Vogels.
Ein kalter Schauer überlief
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