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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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abwechselnd die Färbepäckchen an die Wange, ehe sie zu einer Entscheidung kam.
    Sie füllte das Becken mit warmem Wasser, beugte sich darüber und tauchte den Kopf ein. Dann schäumte sie das Haar mit der schwarzen Farbe ein. Jetzt kam der langweilige Teil. Sie musste zwanzig Minuten warten. Darum setzte sie sich auf den Beckenrand, rauchte eine Marlboro und sah den anderen zu.
    Das Pärchen war inzwischen fertig und kam aus der Toilettenkabine. Die Frau schoss an den Spiegel, um Gesicht und Frisur zu prüfen, während ihr der Mann ungeduldige Blicke zuwarf. Keiner von beiden schien verliebt zu sein. Aliks überlegte, ob es eine professionelle Transaktion gewesen war. Vermutlich nicht, entschied sie. Eine anständige Nutte hätte so getan, als würde es ihr Spaß machen, und zwar derart, dass der Kerl vielleicht für einen Nachschlag bezahlt hätte.
    Das Geschäft des Dealers ließ für kurze Zeit nach. Er versuchte, Aliks zu einem Einkauf zu überreden; dann fing er in gebrochenem Englisch eine Unterhaltung mit ihr an. Er erzählte, wie schwierig das Geschäft mit Kunden sei, die von vornherein Loser waren. Aliks klang, als wüsste sie genau Bescheid. Der Dealer war beeindruckt.
    »Du verkaufst auch Stoff?«, fragte er.
    »Nein«, antwortete sie. »Anderes.«
    Zwei Blondinen kamen herein. Sie schaukelten auf Zehn-Zentimeter-Stilettos, und für einen Moment verstummten die Gespräche im Waschraum. Die beiden sahen genau gleich aus, aber mit einer unheimlich wirkenden puppenhaften Vollkommenheit. Sie hatten große türkisblaue Augen, perfekte kleine Nasen und aufgeblasene Schmollmünder. Sie schauten völlig gleichgültig drein, als wäre ihnen der Eindruck, den ihr Aussehen auf die Welt machte, längst langweilig geworden. Oder, dachte Aliks, sie hatten sich so viel Botox spritzen lassen, dass sie zu keiner Mimik mehr fähig waren.
    Die Blondinen stellten sich neben Aliks vor den Spiegel und zogen über den Mann her, mit dem sie da waren. Auf Russisch.
    Eine sah sie im Spiegel an und runzelte fragend die Stirn. »Ja znaju vas?«
    Das hieß: Kennen wir uns? Aliks machte große, verständnislose Augen. »Entschuldigung«, sagte sie und versuchte eine möglichst breite amerikanische Aussprache. »Ich verstehe nicht, was Sie sagen. Aber diese Zwillingsmasche, die Sie da abziehen, gefällt mir richtig gut.«
    Die beiden Blondinen wandten sich ihrem eigenen Spiegelbild zu und wechselten ein paar gehässige Bemerkungen über Amerikaner. Sie kämmten sich, zogen sich ihre mikroskopisch kleinen Kleider zurecht und gingen wieder. Als die Tür hinter ihnen zuschwang, stieß Aliks ein leises Lachen aus, halb amüsiert, halb erleichtert.
    »Ein komisches Paar, hm?«
    Aliks blickte auf und sah eine unverdorbene, lächelnde junge Frau von Anfang zwanzig mit Jeans und bauchfreiem Oberteil, klaren blauen Augen und vielen kleinen Sommersprossen in dem leicht gebräunten Gesicht.
    »Sind Sie Amerikanerin?«
    »Nein, aus Kanada. Winnipeg, um genau zu sein. Ich heiße Tiffany.«
    »Hi, Tiffany, ich heiße Aleksandra. Könnten Sie mir wohl einen kleinen Gefallen tun? Könnten Sie mal eben einen Blick nach draußen werfen, ob der Kerl an dem Ecktisch noch da ist?«
    »Klar.« Tiffany ging zur Tür und spähte hinaus. »Sie meinen den süßen Dunkelhaarigen mit dem weißen Hemd und der grauen Jacke?«
    Aliks schmunzelte. Als ›süß‹ hätte sie Carver nicht gerade bezeichnet. »Ja, genau den meine ich.«
    »Warten Sie hier, bin gleich wieder da.« Tiffany verschwand im Club. Zwanzig Sekunden später kam sie wieder zurück. »Wissen Sie was? Er ist wirklich süß. Sieht ein klein bisschen grob aus, aber das mag ich. Er ist auf jeden Fall viel süßer als meiner. Darum habe ich ihn gefragt, ob er ein bisschen Gesellschaft will. Er hat gesagt, er wartet auf jemanden. Ich glaube, er hat wirklich was für Sie übrig.«
    Endlich war die Zeit um. Aliks spülte die Farbe aus; dann beugte sie sich unter den Händetrockner und ließ sich die warme Luft in die Haare pusten. Es dauerte nur Sekunden. Das war der große Vorteil eines Kurzhaarschnitts. Jetzt brauchte es nur noch ein, zwei Handgriffe.
    Aliks schaute suchend die Reihe der anderen Frauen entlang. Ein paar Waschbecken weiter stand eine punkige Rockmieze mit einer Dose Haargel. Das würde gehen. Aliks beugte sich zu ihr und zeigte auf das Gel. »Darf ich?«, fragte sie. Die Frau nickte.
    Aliks fasste in die Dose, rieb die Handflächen aneinander und fuhr sich mit den Fingern durch die

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