Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
Vom Netzwerk:
Kumpel hielt ihn zurück. »Mensch, Paco, bist du verrückt? Den Gestank kriegst du von den Schuhen nicht mehr runter!« Die Männer gingen lachend weiter.
    Kursk wartete.
    Es dauerte zwanzig Minuten, bis er bekam, was er wollte: einen Kerl, der allein unterwegs war, von seiner Statur, aber untrainiert. Er würde sich nicht verteidigen können. Das wusste Kursk schon vom Hinsehen.
    Als der Mann vorbeiging, stand Kursk auf und wankte auf ihn zu wie ein betrunkener Schnorrer, der um ein paar Francs bettelt. Der Mann riss erschrocken die Augen auf. Er versuchte, aggressiv zu erscheinen. »Verpiss dich, du Penner!« Kursk grinste und ging noch näher an ihn heran.
    Der Mann machte kehrt und entfernte sich eilig, versuchte, Würde zu bewahren, indem er nicht wegrannte. Kursk hatte ihn nach wenigen Schritten eingeholt, packte seinen Kopf und drehte ihn herum, dass es knackte; dann fing er den zusammensinkenden Mann auf.
    Wieder schnitt es ihm übel durch den Oberkörper, dann folgte ein schonungsloser, brennender Schmerz, als er den Toten an den Straßenrand zog und am Zaun bei den Gleisen losließ.
    Es tat weh, als er ihm Jacke, Hose und Hemd auszog. Es tat weh, als er sich aus den klitschnassen, stinkenden Fetzen schälte. Es tat weh, als er sich wieder anzog. Alles tat weh.
    Kursk durchsuchte die Taschen des Fremden und seine Brieftasche: fünfunddreißig Francs in Scheinen und etwa zehn in Kleingeld. Das war reichlich.
    Kursk ließ den Mann in den verdreckten Sachen am Zaun liegen. Es würde eine Weile dauern, bis jemand bemerkte, dass er tot war. Keiner würde an so einen Kerl allzu nah herangehen. Kursk ging die Straße entlang zur Unterführung.
    Dahinter wurden die Straßen schmaler. Es sah überall gleich aus: endlose Wohnblocks mit vier oder fünf Etagen, ab und zu ein Bistro, eine Kneipe oder ein Geschäft. An einer Ecke gab es eine öffentliche Toilette. Kursk warf ein paar Münzen in den Schlitz, stieß die Metalltür auf und ging hinein. Er wusch sich so gut er konnte, seifte sich den ganzen Kopf ein und spülte den Dreck aus den Schnittwunden, die er kreuz und quer auf dem rasierten Schädel hatte. Dabei genoss er die Reibung der harten Stoppeln an der Handfläche.
    Als er fertig war, blickte er in den Spiegel. Es war nicht allzu schlimm. Er sah aus wie ein hartgesottener Scheißkerl, der sich geprügelt hatte und einen Dreck darum gab. Kursk grinste bei dem Gedanken an all die spießigen Pariser, die ihn vielleicht sahen und vor Angst eine Gänsehaut bekamen. Er war sich seines abschreckenden Äußeren sehr sicher, etwa wie eine schöne Frau stets voraussetzt, dass sie den Männern den Kopf verdreht. Wenn er irgendwo entlangging, war das eine Parade seiner Gewaltfähigkeit.
    Kursk verließ die Toilette und sah sich nach einer Telefonzelle um. Er warf alle Münzen, die er hatte, in den Schlitz und wählte eine Überseenummer. Es dauerte eine Weile, bis jemand abnahm. Dann sagte er: »Hier ist Kursk. Hol Juri ran. Ja, ich weiß, wie spät es ist. Halt’s Maul, und hol Juri.«

19
    »Würden Sie mir eine von Ihren scheußlichen Zigaretten geben?«
    Papin grinste. »Ich dachte, Sie rauchen nicht.«
    Der OV verzog das Gesicht. »Normalerweise. Aber heute Nacht mache ich mal eine Ausnahme.«
    Papin griff nach seinen Gitanes; dann hielt er die Hand eine Sekunde lang still, bevor er sie an die Ohrmuschel seines Telefons legte. Er hörte stirnrunzelnd zu und sprach kurz ins Mikrofon, das an seinem Hals baumelte, nickte knapp und schaltete ab.
    »Ich fürchte, ich habe schlechte Neuigkeiten«, sagte Papin, während er dem OV eine Zigarette reichte und das Feuerzeug aufflammen ließ. »Im Marais hat es Tote gegeben. Eines der vornehmsten Häuser ist in ein Schlachthaus verwandelt worden. Ein explodierter Wagen, eine Leiche im Torweg, zwei weitere im Treppenhaus, noch mal zwei im ersten Stock. Und menschliche Überreste wie Konfetti über den ganzen Hof verteilt. Die toten Männer waren mit Maschinenpistolen bewaffnet. Sie waren Profikiller und haben sich gegenseitig umgebracht. Da frage ich mich, warum solche Leute heute Nacht in Paris sind, hm?«
    »Nun, da haben Sie wohl Recht.«
    »Dann kommen Sie mit.«
    Sie fuhren im ersten grauen Licht der heuchlerischen Dämmerung zu dem Haus. Papin zückte seinen Dienstausweis vor dem Polizisten, der am Tor Wache stand und die wachsende Menge von Gummihälsen zurückhielt, die vom Scheinwerferlicht des Polizeiwagenaufgebots angezogen wurden. Drinnen hatte Papin ein kurzes,

Weitere Kostenlose Bücher