Samuel Carver 01 - Target
Computer!«
»Pardon?«
»Max hatte einen Computer, einen Laptop.«
»Und?«
»Sehen Sie auf den Tisch. Er steht nicht da. Dieser Scheißkerl Carver hat unseren Computer!«
Papin schwieg, um seine Gedanken zu ordnen. Dann sprach er mit der erzwungenen Ruhe eines Mannes, der eine Situation beruhigen will. »Vielleicht sind wir zu schnell mit unseren Schlüssen, hm? Erzählen Sie mir, wie Sie diesen Carver töten wollten.«
Als der OV antwortete, hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Durch zwei Russen, einen Mann und eine Frau, Kursk und Petrowa. Sie arbeiten von Moskau aus. Aber sie sind ebenfalls tot. Wir haben ihre Wohnung in Stücke gesprengt.«
»Eine Wohnung auf der Ile St. Loius?«
»Ja.«
»Nun, explodiert ist sie gewiss, aber es war niemand drin. Kein Toter, kein Verletzter. Für die Öffentlichkeit und die Medien war es nur ein tragisches Unglück, ein Leck in der Gasleitung, nichts Beunruhigendes.«
»Das kann nicht stimmen. Wir haben das Haus beobachten lassen. Der Mann hat gemeldet, dass ein Mann und eine Frau in die Wohnung gegangen sind. Dann erfolgte die Explosion. Sind Sie sicher, dass die beiden nicht einfach verdampft sind?«
»Ja. Es war niemand in der Wohnung, als sie explodierte. Wer also waren der Mann und die Frau? Wie sind sie herausgekommen? Und wo sind sie jetzt?«
20
Sie hatten getanzt, sie hatten Champagner getrunken, sogar etwas gegessen, ein thailändisches Gericht aus dem Clubrestaurant. Von draußen abgeschnitten, in eine Welt verbannt, die sich von ihrem Tisch bis zur Bar und über die Tanzfläche erstreckte, war es beinahe, als hätte es diese Stunde voller Gewalt und Tod nicht gegeben. Solange die Musik spielte und die Getränke flossen, waren sie nur zwei ganz normale Leute, die an einem Samstagabend ausgingen … bis Carver erkannte, dass sie entdeckt waren.
»Da drüben ist ein Mann, der Sie ständig ansieht«, sagte er zu Aliks und musste laut reden, um sich bei dem wummernden Eurotechno verständlich zu machen.
Aliks verdrehte geringschätzig die Augen und rief: »Klar, was sonst.«
»Nein. Er sieht wirklich herüber. Der fette Kerl mit den reizenden Begleiterinnen, da drüben an der Wand. Ich vermute, er kennt Sie.«
Carver folgte ihrem Blick, als sie über die Tanzfläche schaute. Da saß ein dicker Kerl mittleren Alters mit Stoppelhaaren, Hängebacken, Schweinsaugen und einem glänzenden goldbraunen Anzug am Tisch. Die Kombination aus Brutalität, Zügellosigkeit und Vulgarität war unverkennbar. Ein Russe , dachte Carver. Es gab Tage, wo man einem reichen Moskauer begegnete, der nicht wie ein Gangster aussah, aber so einen hatte er noch nicht erlebt.
Carver beobachtete ihn. Der Kerl befingerte in einem fort die puppenhaften Partymädchen in den Flitterkleidchen, die kaum ihre Plastiktitten bändigen konnten. Er betatschte ihre Oberschenkel und Brüste, während die Blondinen kicherten und zappelten und taten, als hätten sie Spaß dabei. Das war ihr Job. Aber egal was der Fette mit den Händen tat, mit den Gedanken war er nicht bei der Sache. Er sah auf die Tanzfläche.
Der Russe gab der linken einen Stoß in die Rippen. Das verschaffte ihm ihre Aufmerksamkeit.
Er brüllte ihr ein paar Worte ins Ohr und deutete mit dem Kopf in Aliks’ Richtung, was ihm einen Wortschwall einbrachte. Er hielt beschwichtigend die Hände hoch. Sie nickte beleidigt und zuckte mit den Schultern. Die Vortäuschung sexuellen Interesses war gänzlich vorbei.
Aliks hatte der Pantomime zugesehen und schüttelte den Kopf. »Ich kenne ihn nicht.«
Carver zog sie dicht zu sich heran, um ihr ins Ohr zu sprechen. »Erzählen Sie mir keinen Mist. Er ist Russe. Das sehe ich sofort. Warum hat er Sie angesehen?«
»Ich weiß es doch nicht!«
Carver erwiderte nichts darauf. Aliks seufzte laut.
»Naja, diese Blondchen waren im Waschraum, als ich auch da war. Vielleicht haben sie ihm von der Verrückten erzählt, die sich die Haare abgeschnitten hat. Woher soll ich das wissen?«
Carver beließ es dabei. Er spähte zu dem Russen hinüber, der in der einen Hand ein Glas, in der anderen eine Frau hatte. Er schien das Interesse an Aliks verloren zu haben, aber Carver wollte trotzdem verschwinden. Die Frage war, wie, ohne die Aufmerksamkeit des Dicken zu erregen. Er wollte eben aufstehen, als die Lichter angingen und er endlich begriff, warum Max jemanden auf ihn angesetzt hatte. Hier wurde viel höher gespielt, als er es sich je vorgestellt hätte.
Es kam ohne Warnung. Eben noch wummerten
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