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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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während sein höfliches Desinteresse in völlige Konzentration überging. »Wirklich? Was sagt er, wo sie sind?«
    »Tja, das ist der Haken. Er will für die Information bezahlt werden. Er macht es nicht unter einer halben Million Dollar.«
    »Er will, dass wir dafür bezahlen? Verdammt noch mal, das ist selbst für französische Maßstäbe ein starkes Stück. Was ist mit der geheimdienstlichen Zusammenarbeit?«
    »Er tut das nicht für seinen Verein, Jack. Das ist rein inoffiziell.«
    »Trauen wir ihm?«
    »Natürlich nicht, er ist Franzose. Das heißt, er ist ichbezogen, skrupellos und nur auf den eigenen Vorteil bedacht.«
    »Aber ist er gut?«
    »Nicht schlecht, ja. Wenn er sagt, er weiß, wo diese Leute sind, dann glaube ich ihm.«
    »Also gut, aber wenn er denkt, wir können ihm eine halbe Million Dollar hinterherwerfen, ist er offenbar nicht gut über unsere Budgets informiert. Lässt sich umsonst an ihn herankommen?«
    Selseys Armesündermiene hellte sich auf. »Ah, das ist die gute Nachricht. Er arbeitet nicht nur inoffiziell, er ruft auch von einem bescheidenen Münztelefon an, anstatt über eine sichere Leitung der DGSE – wahrscheinlich, damit seine Gespräche mit uns und den anderen Bietern nicht in deren Protokollen auftauchen.«
    »Ein bisschen amateurhaft. Aber so haben wir weniger Schwierigkeiten, ihn aufzuspüren.«
    »Vielleicht hat seine Gier die Oberhand gewonnen. Es ist verblüffend, was die Aussicht auf schnelles Geld mit dem Verstand von Menschen anstellt. Und er unterschätzt vielleicht unsere Möglichkeiten, ihn zu stellen. Schließlich kennen die Franzmänner nur einen Bruchteil unseres Fernmeldewesens. Sie werden nicht unbedingt erfasst haben, wie effektiv Echelon und das GCHQ sind.«
    »Können wir ihn ausfindig machen?«
    »Den letzten Anruf zurückzuverfolgen, ist knifflig, aber nicht unmöglich. Es könnte gehen. Unsere eigentliche Chance kommt aber, wenn er sich wieder meldet. Wir müssten ihn mit Verhandlungen hinhalten, damit er lange genug redet. Dann haben wir seine genaue Position.«
    »So blöd wird er doch nicht sein, oder?«
    »Er will eine halbe Million rausschlagen. Dafür könnte er ein gewisses Risiko eingehen.«
    Grantham runzelte die Stirn. »Ich verstehe durchaus, warum er sich unseretwegen keine Sorgen macht. Selbst wenn wir nicht blechen, werden wir kaum einem Kollegen bei unseren Verbündeten etwas antun.«
    »Nicht mal, wenn er Franzose ist.«
    »Nein, nicht einmal dann. Aber es wird andere geben, die nicht so rücksichtsvoll sind. Papin muss an sein Geld herankommen, seine Kunden zu den beiden Killern führen und danach selbst mit heiler Haut davonkommen. Ich sag Ihnen was, Bill, von wegen der Kerl ist nicht schlecht …«
    »Ja?«
    »Er wird verdammt gut sein müssen, um diese Sache durchzuziehen.«

40
    Aliks sah Carver zu, wie er eine enorme Portion Hirschgulasch mit Nudeln vertilgte. Sie saßen im Hotelrestaurant. Es nannte sich ›Le Chat-Botté‹.
    »Das heißt gestiefelte Muschi«, hatte Carver gesagt, mit einem jungenhaft ungehörigen Funkeln in den Augen. Es hatte auch etwas Jungenhaftes, mit welchem Schwung er sein Essen in Angriff nahm, als hätte er auf der Welt keine Sorgen, und als wäre nichts so wichtig wie der Teller unter seiner Nase und das Glas Wein daneben. Sein Appetit schien durch die Aussicht auf ihr nächstes Vorhaben nicht zu leiden. Andererseits war nicht er es, der sich in einen engen Rock würde zwängen müssen.
    Noch als sie die Treppe zu ihrer Suite hochgingen, versuchte Aliks, sich auf Carver einen Reim zu machen, die wirkliche Person zu entdecken, die er so sorgfältig versteckte – vor sich selbst und vor anderen. Viele Männer, die sie gekannt hatte, waren allenfalls eindimensional gewesen. Dieser nicht. In seiner Welt war er so selbstsicher, in ihrer dagegen so unsicher, in manchen Augenblicken so kalt, in anderen so gefühlvoll. Und mitunter schien es ihr, als wäre seine Gefühlslage für jeden offensichtlich, außer für ihn selbst.
    Aliks fragte sich, ob ihm bewusst war, wie deutlich sich seine Gefühle von den Augen ablesen ließen. In der kurzen Zeit, wo sie ihn kannte, hatte sie an ihm eisige Wut und sehnsuchtsvolle Zärtlichkeit erlebt, überschwängliche Heiterkeit und tiefe Verletzbarkeit. Sie dachte an die Bücher, die Schallplatten, die Gemälde in seiner Wohnung, an die Rücksichtnahme, die er an den Tag legte, wenn er sich wohl fühlte. Dann trat ihr wieder das Bild vor Augen, wie er in Paris in dieses Haus

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