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Samuel Carver 02 - Survivor

Samuel Carver 02 - Survivor

Titel: Samuel Carver 02 - Survivor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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zweite Kulturattaché war kein normaler Diplomat. Als FSB-Mann in London und ranghöchster Agent im Vereinigten Königreich war er zu jeder Tageszeit zu erreichen.
    »Kolja«, sagte Grantham, »Sie müssen mir einen Gefallen tun. Besorgen Sie mir einen Termin bei Ihrer stellvertretenden Direktorin Schukowskaja. Sagen Sie ihr, wir müssen persönlich miteinander reden. Die Sache ist für unsere beiden Dienste von extremer Wichtigkeit. Und sie erfordert sofortiges Handeln.«

77
    Sechsunddreißig Stunden vorher hatte Vermulens Jacht den Hafen von Antibes mit Kurs Richtung Süditalien verlassen, aber er selbst wartete auf sie an dem Flugzeug, das sie zusammen dorthin bringen würde. Aliks rannte auf ihn zu, schlang die Arme um ihn und zog ihn dicht an sich heran, drückte ihre Brüste an ihn und spürte, wie er sich an sie drängte. Sie blickte zu ihm auf, die Augen halb geschlossen, die Lippen ein wenig geöffnet, und er küsste sie mit einer Heftigkeit, dass sie nur noch ihn schmeckte und fühlte und roch.
    Vermulen ließ sie los und sah sich nach seinen Leuten um. Der Fahrer stand in der Nähe.
    »Maroni.«
    »Ja, Sir!«
    »Sagen Sie Mr Reddin, die Männer können eine Viertelstunde lang bequem stehen. Danach kommen Sie zurück und übernehmen die Wache am Fuß der Treppe. Niemand steigt in das Flugzeug, bis ich es sage. Verstanden?«
    Maroni grinste. »Jawohl, Sir!«
    Vermulen führte Aliks in das Flugzeug. In der engen Kabine sah er sie schief lächelnd an. »Nicht sehr romantisch, fürchte ich. Champagner und Blumen bekommst du erst auf der Jacht.«
    Sie beugte sich vor, streifte seine Wange mit den Lippen und flüsterte ihm ins Ohr: »Das macht nichts.«
    Er ahnte nicht, dass sie ihm etwas vorspielte.

78
    Das Erste, was Carver empfand, nachdem Aliks das Hotel verlassen hatte, war quälende Leere, völlige Einsamkeit. Wo vorher ihre Liebe gewesen war, fühlte er jetzt ein Loch. Das Zweite war ein heftiger Anfall von Angst. Ihm fiel die Warnung des Arztes wieder ein, dass ihn ein traumatisches Erlebnis in den wahnhaften Dämmerzustand zurückwerfen könnte. Der Schock über Aliks’ Verschwinden hatte ihn ins normale Leben zurückkatapultiert. Würde ein erneuter Verlust den Effekt umkehren?
    Carver war tapfer. Er hatte dem Tod unzählige Male ins Auge gesehen. Aber die Aussicht auf ein Leben in Wahnsinn, in der Gefangenschaft des Vergessens, war viel, viel schlimmer.
    Scheiß drauf. Er brauchte einen Drink.
    Er ging an die Bar und bestellte sich einen doppelten Johnny Walker Blue Label. Dann dachte er an das letzte Mal, als er den getrunken hatte: mit Aliks in der Nacht nach dem Mord Verdammt, warum musste ihn alles an sie erinnern?
    »Es hat also nicht geklappt, hm?«
    Das war die Stimme einer Frau, einer Amerikanerin. Sie saß ein paar Hocker weiter. Ihre langen, glänzenden Haare, sattbraun wie Bitterschokolade, reichten bis über die Schultern der Pony verdeckte fast ihre braunen Augen. Sie hatte hohe Wangenbögen, und auf den Lippen glänzte ein rosa Gloss, sodass sie aussahen, als hätte sie sie gerade erst mit der Zunge befeuchtet. Ihr Kleid war über den Schultern gerafft und tief ausgeschnitten und brachte ihre prachtvollen Brüste zur Geltung. Es hatte einen Schlitz bis zum Oberschenkel, und weil sie mit übergeschlagenen Beinen dasaß, war viel davon zu sehen.
    Carver taxierte sie ganz offen, mit der Berechnung eines Mannes, der seine Wünsche und die Erfolgsaussichten gegeneinander abwägt. Als hätte sie seine Gedanken gelesen, hielt sie die linke Hand hoch, damit er den Diamanten am Ringfinger sah. Dann zuckte sie die Achseln, um ihm zu signalisieren: Was soll’s.
    Carver musste lachen. Das war wohl der Abend, wo er nur Frauen mit Ring traf. Aber diese schien nicht ganz so verheiratet zu sein wie die vorhin. Er trug sein Glas zu ihr hinüber und nahm dabei jede Einzelheit ihres Äußeren in sich auf. Sie roch auch ziemlich gut, nach einem schweren, sehr femininen Parfüm, das ihm bewusst machte, wie lange es her war, seit er mit einer Frau geschlafen hatte. Vielleicht sollte er das mal ändern. Sie könnten etwas miteinander trinken, unten am Meer zu Abend essen und dann vögeln bis zum Umfallen. Mal sehen, ob das seinen Schmerz nicht verscheuchte. Das war nicht gerade die erwachsenste Art, mit einem gebrochenen Herzen umzugehen, aber immer noch besser, als verrückt zu werden.
    »Hallo«, sagte er, »mein Name ist Samuel Carver.«
    Sie hielt ihm eine schlanke Hand mit langen roten Fingernägeln

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