Samuel Carver 02 - Survivor
bemerkte, dass Vermulen an Aliks vorbeispähte und ihn musterte.
»Wer sind Sie?«, fragte der General, der verwundert den Kopf schüttelte, als könne er sich nicht erklären, warum seine Menschenkenntnis ihn im Stich gelassen hatte. Er berührte Aliks am Arm, doch sie reagierte nicht. Desillusioniert ließ er sich in den Sitz zurücksinken.
Carver war an Vermulens Problemen nicht interessiert. Er drückte sich seine Sauerstoffmaske vors Gesicht, atmete tief und gleichmäßig, schaute durch den stetig dichter werdenden Rauch auf die beiden Männer gegenüber. Einer hatte Probleme mit seiner Sauerstoffversorgung, riss an seiner Maske und versuchte, seinen Kumpan auf sich aufmerksam zu machen. Doch der ging nicht darauf ein. Er wollte seine Frischluft nicht mit jemandem teilen. Mit der einen Hand hielt er seine Maske fest, die andere mit der Waffe ließ er neben der Lehne herunterhängen.
Die Männer waren nur noch mit ihrem Tod beschäftigt. Sie nahmen nicht einmal wahr, dass Carver von seinem Platz aufstand und mit einem großen Schritt den Gang überquerte. Er riss die Waffe aus den schlaffen Fingern und versetzte ihnen einen Schlag auf ihre nackten rosa Schädel. Einer sackte bewusstlos vornüber. Der andere richtete stöhnend seinen verschwommenen Blick auf Carver. Der sorgte für den endgültigen K.o.
Er drehte sich zu seiner Sitzbank um, die jetzt kaum noch zu sehen war, atmete kurz durch seine Sauerstoffmaske, nahm Aliks’ Hand und zog ruckartig an ihrem Arm. Sie begriff, schnallte sich los und stand auf. Carver konnte einen dunklen Schatten erkennen, das musste Vermulen sein, der hinter ihr aufgestanden war. Er schlug mit dem Pistolengriff zu, traf Vermulen, wenn er auch nicht sicher war, wo genau, und der Schatten sank auf die Bank zurück. Carver zog Aliks an der Hand zum Heck der Kabine.
Während sie durch den beißenden Rauch tappten, spürte Carver, wie Alix anfing zu zittern. Ein Würgekrampf schüttelte ihren Körper. Auch er musste husten, seine Augen tränten, Nase und Rachen brannten.
Noch drei Schritte, dann erreichten sie den Waschraum. Dort saugte er gierig die Luft aus der Atemmaske, die über der Toilette hing.
Komm schon, bleib ruhig … Lass Sauerstoff in deine Lungen und denk nach … Denk nach … Wie hoch ist die Fallgeschwindigkeit? Ich darf es nicht zu früh machen, nicht in zu großer Höhe, sonst bringen mich die Kälte und der Sauerstoffmangel in Sekundenschnelle um. Wenn ich zu lange warte … Denk nicht mal dran … Also gut, noch ein Atemzug, so tief, dass mir schwindlig wird …
Carver gab die Maske an Aliks weiter, wartete einen Moment, um zu sehen, ob sie noch die Kraft hatte, sie sich fest über Mund und Nase zu drücken. Dann verließ er den Waschraum und stand an der Trennwand zwischen Passagierkabine und Frachtraum. Hastig drehte er an dem Rad, das die Zwischentür öffnete. Es gab ein Klicken, als das Schloss aufsprang, und einen Moment der Wahrheit, als die Tür aufging und ein Strom dünner, eiskalter Luft hereinströmte, der sofort jede Feuchtigkeit in der Kabine kondensieren ließ und in einen undurchdringlichen Nebel verwandelte.
Das Flugzeug fiel immer steiler zur Erde, und der Rumpf schwankte hin und her, wie das Gewicht eines Pendels, während die Piloten versuchten, das Gleichgewicht zu halten.
Carver griff nach Aliks und zog sie hinter sich her, während er sich durch den engen stahlgerahmten Durchgang zwängte. Dabei stießen sie sich den Kopf, schrammten sich Schienbeine und Ellbogen auf. Sie schrien laut auf, wodurch sie kostbare Luft vergeudeten. Quälende Sekunden verstrichen, während er die Zwischentür wieder verschloss, um die aufzuhalten, die vielleicht erkannten, dass ihre einzige Hoffnung in dem Bombenschacht lag.
Carver kniete sich hin und streckte die Hände in den eiskalten, giftigen Nebel, tastete mit den Fingern umher, weil da eine Vorrichtung sein musste, mit der sich die Bodenklappe von Hand öffnen ließ, eine, die störungssicher war, falls die elektrische Steuerung vom Cockpit aus versagte. Und da war sie: ein Griff auf einem Metallstab, den man wie beim Pumpen hoch und runter bewegen musste. Carver machte sich hastig ans Werk.
Es passiert nichts, die Klappe bewegt sich nicht … Los, weiterpumpen … O Gott, ich muss dringend Luft holen, aber ich darf nicht, hier ist kein Sauerstoff mehr, nur ätzende Chemikaliendämpfe … Die Augen tränen … Es brennt in der Lunge, meine Muskeln schreien mich an, ich soll atmen, und das Ding
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