Samuel Carver 03 - Assassin
hatte angefangen zu regnen, was die Sicht erschwerte. Darum brauchte der Pilot ein paar Sekunden, bis er am Heck der F ä hre das Boot entdeckt hatte, und noch ein paar, um zu erkennen, dass, wer immer das Boot steuerte, die F ä hre anscheinend nicht verpassen wollte. Es sah tats ä chlich so aus, tja … als wollte der Kerl an Bord klettern.
» Gucken Sie mal da runter, Boss «, sagte er zu Tyzack und zeigte aufs Wasser. » Da ist ein Idiot auf einem Boot, der was Bescheuertes vorhat. V ö llig bekloppt.«
Tyzack verdrehte die Augen und bequemte sich dann, hinzusehen, wie ein Vater, der seinem Aufmerksamkeit heischenden Kind nachgibt.
Er sp ä hte zu dem F ä hrschiff hinab.
Im n ä chsten Moment lachte er aus vollem Hals.
51
Der Anker gongte dicht unter der Öffnung gegen den Schiffsrumpf, fiel herab, rutschte an der St ü tzstrebe entlang und klatschte ins Wasser.
W ä hrend Carver ihn herauszog, bemerkte er, dass er sich mit der Geschwindigkeit versch ä tzt hatte. Das Boot war ein bisschen langsamer als die F ä hre. Es schaukelte neben der St ü tzstrebe her und fiel stetig zur ü ck. Bald w ü rde es den Kontakt mit dem Schiff verloren haben. Carver k ö nnte Geschwindigkeit und Kurs nat ü rlich anpassen, aber das hie ß e, dass er das Feststellseil am Lenkrad l ö sen und wieder aufwickeln m ü sste, und je l ä nger er sich am Heck der F ä hre aufhielt, desto gr öß er war die Wahrscheinlichkeit, dass er entdeckt wurde.
Nein, er musste das Boot so lassen, einen neuen Versuch starten und beten, dass er unbemerkt an Bord gelangte.
Zum zweiten Mal lie ß er die Ankerkette durch die Luft sausen, holte Schwung und legte mehr Kraft in den Wurf. Der Anker flog durch die Ö ffnung und verschwand wie ein Fu ß ball hinter der Torwand.
Das Boot entfernte sich weiter. Zuerst ragte der Au ß enbordmotor ü ber die Heckkante des Schiffes hinaus, dann l ö ste sich nach und nach das ganze Boot vom Rumpf. Sehr bald w ü rde es schlingern, abdrehen und hilflos im Kielwasser kreisen.
Carver zog an der Kette, sie bot einen beruhigenden Widerstand. Der Anker hatte sich an der Innenseite der Ö ffnung verfangen. Er sp ü rte, wie das Boot unter ihm buckelte und schlingerte.
Er durfte nicht mehr l ä nger warten.
Er packte die Kette, schwang sich daran vom Boot auf die F ä hre zu und prallte so heftig dagegen, dass es ihm die Luft aus den Lungen trieb. Einen Moment lang lockerte er die Finger und rutschte an der Kette abw ä rts, bis er fast bis zur H ü fte im Wasser hing. Das Salzwasser brannte in der offenen Wunde, jede Heckwelle zog ihn vom Schiffsrumpf weg und warf ihn dann dagegen.
Mann, war das Wasser kalt! Kein Wunder, dass der Junge ihn so w ü tend angesehen hatte, nachdem er im Meer gelandet war. Innerhalb k ü rzester Zeit war Carver v ö llig durchgefroren.
Hinter ihm wirbelte das Boot davon wie ein Zweig in einem rei ß enden Strom. Jetzt konnte er nirgendwohin au ß er an Bord. Er musste an der Kette hinauf, oder er w ü rde in den Tod gesp ü lt.
Er fasste mit einer Hand ü ber die andere und machte sich auf den n ä chsten Aufprall gefasst.
Als das Wasser ihn wieder wegzog, griff er an der Kette hinauf. Und so ging es weiter: eine qu ä lend langsame Bewegung an der schl ü pfrigen Kette, an der er mit den nassen, vor K ä lte tauben Fingern immer wieder abrutschte, w ä hrend er entsetzlich fror und die K ä lte immer tiefer in seinen K ö rper eindrang, und die ganze Zeit ü ber wurde er gegen den Schiffsstahl geschleudert. Doch endlich zog Carver sich aus dem Wasser, konnte sich in die Kette lehnen, indem er die F üß e gegen die St ü tzstrebe stemmte. So zog er sich St ü ck f ü r St ü ck, immer eine Hand ü ber die andere setzend, weiter hinauf, bis er am Rand des letzten senkrechten St ü cks unterhalb der Heck ö ffnung stand. Er biss die Z ä hne zusammen, weil sie sonst unaufh ö rlich klapperten, wischte sich Gischt und Regen aus den Augen und erinnerte sich, dass er, als er noch beim SBS war, sich nichts dabei gedacht hatte, wenn er bei einer Ü bung an den Beinen einer Ö lplattform in der Nordsee oder am Rumpf der Queen Elisabeth II. hinaufklettern musste. Er brauchte auch jetzt blo ß eine lausige Stahlwand zu ü berwinden.
Dann h ö rte er ein neues Ger ä usch, das Knattern eines Hubschraubermotors. W ä hrend er sich an der Kette festhielt, drehte er sich zum Meer um und sah den Hubschrauber sofort, der sich als Silhouette gegen das letzte Licht im Westen abhob. Er
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