Samuel Carver 03 - Assassin
von dem Vorfall in Oslo profitieren sollten. Eines der Todesopfer – manchen Berichten zufolge wohl das Ziel des Anschlags – war eine prominente Aktivistin gegen den Menschenhandel, und Pr ä sident Roberts hatte vor, m ä chtig Druck zu machen gegen die Sklaverei.
Grantham war von Berufs wegen Verschw ö rungstheoretiker. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass keine Erkl ä rung zu bizarr war, als dass sie nicht doch wahr sein k ö nnte. Darum war er bereit, die M ö glichkeit in Betracht zu ziehen, dass irgendein Spinner in Langley beschlossen hatte, der Tod einer fotogenen Aktivistin gegen den Menschenhandel w ü rde dem Pr ä sidenten im Vorfeld seines Kreuzzugs eine willkommene Publicity bescheren. Es war auch denkbar, dass das eine Vertuschungsgeschichte war. Einer der zwielichtigsten Aspekte an diesem schmutzigen Gewerbe war seit Langem die Beteiligung h ö herer UN-Vertreter, Milit ä rangeh ö riger und Firmenleitungen, die das Durchschleusen der Frauen durch L ä nder wie Montenegro, Kosovo und Bosnien erleichterten. Viele respektable M ä nner hatten sich selbst auf diese Weise Frauen beschafft und wollten nicht in Verlegenheit gebracht werden. Es war durchaus denkbar, dass ihre Verb ü ndeten bei der CIA jede Peinlichkeit ausl ö schen wollten. Aber dazu einen Mann zu benutzen, dessen Verbindungen zum SIS bekannt waren, nun, das war einfach schlechtes Benehmen.
Und dann gab es noch eine dritte M ö glichkeit. Ein Mann kannte jedes Detail von Carvers Aktivit ä ten, weil er praktisch bis ins Detail in Granthams Arbeitsleben eingeweiht war: Bill Selsey . Sie beide mochten neuerdings gewisse Differenzen haben, und das pl ö tzliche Interesse seines Stellvertreters an B ü ropolitik war eine unangenehme Ü berraschung, aber es gab einen gro ß en Unterschied zwischen beruflicher Rivalit ä t und aktiver Beteiligung an kaltbl ü tigem Mord. Selsey hatte diese Grenze doch nicht ü berschritten?
Doch irgendjemand hatte sie ü berschritten, und Grantham wollte wissen, wer. Er flog als Mitarbeiter des Au ß enministeriums, der sich um die Verwicklung der Untertanen Ihrer Majest ä t in diesen unerfreulichen Vorfall sorgte, nach Oslo. Am Flughafen brachte ihn ein weiblicher Erster Sekret ä r der britischen Botschaft, der zuf ä llig auch der dortige Vertreter des Secret Service war, zu einem wartenden Jaguar.
» Sind wir alle vorbereitet? «, fragte Grantham, als der Wagen vom Terminal wegschnurrte.
» Oh ja «, sagte seine Kollegin, die verwirrend viel nackten Oberschenkel unterhalb des Rocksaums zeigte. » Es ist alles arrangiert. Der leitende Ermittler hei ß t Ravnsborg. Er ist ein recht interessanter Mann, ziemlich feinsinnig, wissen Sie – f ü r einen Polizisten. Jedenfalls scheint er sehr gern helfen zu wollen. Meinem Eindruck nach ist er sogar erpicht darauf, mit Ihnen zu sprechen.«
» Na gro ß artig «, erwiderte Grantham. » Ein begeisterter Bulle – ich kann es kaum erwarten.«
55
Als Carver zu sich kam, war sein Hirn so taub wie eine Backe nach dem Zahnarztbesuch, sein Mund so trocken und ü bel riechend wie der Boden im H ü hnerstall und seine Blase zum Platzen gef ü llt wie die Titten eines Pornostars. Er sa ß auf einem harten K ü chenstuhl, ohne Fesseln an H ä nden oder F üß en. Tyzack stand keine drei Schritte entfernt und beugte sich ü ber einen kleinen Tisch mit Metallbeinen, auf dem er etwas zurechtlegte. Carver konnte sein Gl ü ck kaum fassen. Er sprang auf, machte zwei schnelle Schritte auf ihn zu …
… und wurde durch einen w ü rgenden Zug am Hals so heftig zur ü ckgerissen, dass er den Halt verlor und mit den Beinen austrat wie ein Verurteilter am Strang, bis er r ö chelnd und w ü rgend das Gleichgewicht wiederhatte und zu dem Stuhl zur ü ckging.
Tyzack bog sich vor Lachen. » Tut mir leid, aber das war unbezahlbar! «, keuchte er atemlos. » Ein tolles Set! Das ist ü brigens ein Bungee-Jumping-Seil, falls Sie sich fragen, das k ö nnen Sie garantiert nicht zerrei ß en. Und das Ding um Ihren Hals wird in der Sadomaso-Szene als Sklavenhalsband bezeichnet. Man hat mir gesagt, dass es sehr bequem und sch ö n gepolstert ist. Das wird wohl der Grund sein, warum Sie es nicht gleich bemerkt haben. Das Schloss ist ü brigens hinten, und ich habe es mit Sekundenkleber gef ü llt, damit Sie es nicht knacken. Ach, und das Kettenglied, mit dem das Seil am Halsband befestigt ist, wurde zugeschwei ß t, sodass es sich auch nicht aufbiegen l ä sst.«
Carver sah sich
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