Samuel Carver 04 - Collateral
hilf mir mal.«
Leichtfüßig wie eine junge Gazelle eilte das Mädchen durch die Menschenmenge. Sie fasste Mary beim Ellbogen und stützte sie, während ihr Bruder der jungen Frau auf die Beine half.
»Wir nehmen sie mit ins Haus«, sagte er.
Er drehte sich um und trat mit den beiden Frauen den Rückweg an. Sie waren nur ein paar Schritte gegangen, als sie die laute Stimme des Sergeants hinter sich hörten. »Wo willst du hin, Junge? Du bleibst gefälligst hier.«
»Geh weiter. Achte nicht auf ihn«, zischte der Junge seiner Schwester zu.
Sie hielt kurz inne. »Canaan, tu, was er sagt.«
Der Sergeant ignorierte sie beide. Er hatte seine eigene Methode, um schwierige Situationen zu lösen. Er rammte ein neues Magazin in sein Gewehr, zielte sorgfältig und gab drei Schüsse ab. Mary Utseya stürzte hin, während die Geschwister zur Seite flohen.
Der Säugling lag am Boden und fing an zu weinen. Der Sergeant stapfte auf das kleine Bündel zu, richtete das Gewehr darauf und senkte es wieder. Eine Kugel war nicht nötig. Er zog das rechte Knie bis an die Brust und zertrat dem Säugling mit voller Wucht den Kopf.
»Jetzt hast du keinen Grund mehr, zum Haus zu gehen«, sagte der Sergeant und scharrte mit dem Stiefel über den harten Erdboden, um Blut und Hirnmasse abzustreifen.
Er zeigte auf vier seiner Leute, dann mit dem Daumen auf Canaan und Farayi. »Nehmt sie fest. Das sind Rebellen. Sie wollten unser Unternehmen sabotieren. Sie müssen mitkommen.«
»Nein!« Das Wort ging in einen langen Klageschrei über. Von der Haustür kam eine Frau mittleren Alters, deren feine Gesichtszüge von Erschöpfung und Stress gezeichnet waren. »Sie werden nicht meine Kinder mitnehmen!«, schrie sie und hastete auf den Lkw zu.
»Bleiben Sie weg!«, brüllte der Sergeant, aber sie rannte weiter.
»Tu, was er sagt!«, rief Canaan ihr zu und versuchte sich von den Soldaten loszureißen, die ihn festhielten.
Seine Worte gingen in Gewehrschüssen unter.
Als Nyasha Iluko – die Frau von Justus Iluko und Mutter von Canaan und Farayi – sterbend am Boden lag, schritt der Sergeant auf die beiden Jugendlichen zu und stieß ihnen mit dem heißen Gewehrlauf vor die Brust. »Siehst du, junger Mann? Das kommt davon, wenn man sich in fremde Angelegenheiten einmischt. Die beiden Frauen und das Kind sind nur deinetwegen tot.«
34
Donald McGuinness, Wendell Klerks Wildhüter, war ein drahtiger Schotte, der eine untadelige Höflichkeit mit einem scharfen, skeptischen Blick vereinte, was den Eindruck erzeugte, man könne sehr gut mit ihm auskommen, ohne dass er leicht zu beeindrucken war.
»Wenn Sie mir bitte folgen wollen«, sagte er mit der typischen Aussprache des Highlanders. Er stieg vor Carver, Klerk und Zalika eine Treppe hinunter in einen Kellergang, von dem zwei Türen abgingen. Eine führte in den Weinkeller, auf den Klerk so stolz war. McGuinness ging daran vorbei zu der anderen, neben der ein Tastenfeld angebracht war. Er gab eine Nummer ein.
»Es wird Ihnen gefallen«, bemerkte Klerk zu Carver.
Man hörte das Klicken des Schlosses. Die Tür schwang auf. Sie bestand aus dickem Stahl und hätte bis zur Artilleriegranate allem standgehalten. McGuinness ließ die anderen an sich vorbei, und Carver folgte Klerk und Zalika in einen großen Raum. Drei Wände waren getäfelt und hingen voller Fotografien, Drucke und Ölgemälde, auf denen Jagdszenen, Hunde und Stillleben mit erlegtem Wild zu sehen waren. Die vierte wurde von einer Schrankwand eingenommen. Im unteren Teil hatte sie geschlossene Doppeltüren, der Schrankteil darüber, der bis zur Decke reichte, war ein Stück zurückversetzt und mit grünem Fries ausgekleidet. Hinter den Türen aus bruchsicherem Glas hingen die Gewehre in einer langen Reihe über die gesamte Wand.
Die meisten waren Schrotflinten, von denen je zwei gleiche nebeneinander präsentiert wurden. Daran schloss sich eine kleinere Sammlung von Gewehren an, die zum Scheibenschießen oder für die Pirsch benutzt wurden. Dort hingen mindestens hundert Waffen, genug um eine Kompanie Soldaten auszurüsten, und ihre Qualität war ebenso beeindruckend wie die Quantität.
Klerk war sichtlich entzückt, als er Carvers anerkennenden Gesichtsausdruck sah, und lächelte so breit wie nie. »Ziemlich beeindruckend, he? Und sehen Sie mal hier ...« Er öffnete einen der Unterschränke, und zum Vorschein kam ein Metallschrank, der aussah wie ein kleiner Safe. Über der Tür zeigte ein Display die Ziffer 68,5 an. »Das,
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