Samuel Carver 04 - Collateral
Sie wollten ihn also einkesseln. Der vordere war in Jeans und eine hellgraue Kapuzenjacke gekleidet. Der hintere hatte ein schwarzes T-Shirt und Jeans an, an der eine Kette hing. Die Punks sehen doch überall gleich aus, dachte Carver.
Zwei weitere Männer traten in den Gang, in dem Carver stand: Einer trug ein kurzärmliges, bunt geblümtes Hemd und der andere ein T-Shirt mit Tarnmuster. Derjenige mit dem T-Shirt hatte die Haare zum Pferdeschwanz gebunden, sein Kumpel trug eine Pilotenbrille.
Carver wich vor ihnen zurück.
Dabei blickte er zu dem Spiegel hoch. Die zwei im Mittelgang waren inzwischen fast auf gleicher Höhe mit ihm.
Carver wich weiter zurück. Die Männer in seinem Gang folgten ihm, ohne den Abstand zu verkleinern. Sie wollten warten, bis sich die Falle hinter ihm schloss.
Aus den Augenwinkeln sah Carver auf die Waren neben ihm. Da standen Gläser mit Kräutern, Gläser mit undefinierbaren, beigen Knorpelflocken und dem Bild eines zähnefletschenden Hais darauf, Dosen mit Gemüse ... nichts davon war für ihn von Nutzen. Er wurde bis zum Ende des Ganges zurückgedrängt. Platz zum Manövrieren war nicht.
Dann sah er Teepackungen im Regal.
Er blickte in den Spiegel hoch, blieb stehen und rückte näher an das Regal, bis er mit der rechten Schulter die Teepackungen berührte. Dann stieß er die rechte Hand mit dem Fleischerhaken zwischen den Packungen durch und zur anderen Seite hinaus, riss den Arm nach vorne und spürte, wie das Hakenende fasste. Es drang dem Kapuzenträger in den Hals. Carver hörte einen gurgelnden Schmerzlaut und riss die Hand ruckartig auf sich zu, sodass der Kapuzenträger gegen das Regal rammte.
Einer weniger.
Carver ließ den Haken los, wechselte das Soßenflaschenbündel in die rechte Hand und schwang den Arm aus dieser Bewegung heraus wie eine Tennisrückhand gegen den Pferdeschwanzpunk in dem Tarnfarben-T-Shirt. Der Kerl wich aus, entging dem Schlag aber nicht ganz. Carver traf ihn mit blutiger Wirkung über dem rechten Auge und brachte ihn ins Taumeln. Er holte zu einem brutalen Abwärtshieb aus, traf den Mann am schützend erhobenen Unterarm, der hörbar brach, und rammte ihm darauf den linken Handballen ins Gesicht.
Zwei weniger, zumindest fürs Erste. Aber mehr Gutes gab es nicht zu sagen.
Carver bekam einen Schlag gegen die Schulter, bei dem ihm die Luft wegblieb und vor Schmerz schlecht wurde. Offenbar war er nicht der Einzige, der Alltagsgegenstände als Waffe einzusetzen verstand. Der Dandy mit dem geblümten Hemd hatte eins der Gläser, auf denen ein zähnefletschender Hai abgebildet war, nach ihm geworfen und griff bereits zum nächsten.
Carver hechtete vorwärts, riss den Dandy um, packte seinen Kopf und schmetterte ihn gegen den Kachelboden.
Hinter sich hörte er die schlitternden Schritte des vierten Mannes, der um das hintere Regalende bog. Carver rollte sich auf den Rücken und trat aus, erwischte ein Knie mit dem Absatz. Der Mann mit dem schwarzen T-Shirt taumelte ein Stück zurück und verschaffte Carver den Augenblick und den Platz, um vom Boden hochzukommen und an die herabhängende Schiene zu springen. Er schwang die Beine und trat dem Taumelnden mit beiden Füßen ins Gesicht, worauf der in einen Stapel Tiefkühlfisch an der Rückwand fiel.
Carver nutzte den Rückschwung und zog die Beine an, ließ die Schiene los und vollführte einen Salto rückwärts wie ein Turner, der vom Hochreck abspringt. Ein Turner landet natürlich aufrecht mit geschlossenen Füßen. Carver jedoch stolperte, als er mit den Füßen aufkam und fiel nach vorn.
Das rettete ihm das Leben.
Der fünfte Mann, der Anführer in dem Armeehemd, war die Prügelei offenbar leid. Wenn er Carver nicht lebend kriegen konnte, dann eben tot. Er griff hinter sich, zog seine Pistole aus dem Hosenbund und gab zwei Schüsse ab, die Carvers Kopf um Zentimeter verfehlten und stattdessen den Komplizen mit dem schwarzen T-Shirt trafen, der sich gerade aus den Fischkartons aufrappelte.
Dem Anführer schien das nichts auszumachen. Er schoss noch einmal, und Carver warf sich nach vorn und krabbelte auf allen vieren um das Ende der Regalreihe, während die Kugeln in Gläser einschlugen, von Stahlböden abprallten und Krater in die Bodenfliesen sprengten. Er kam hoch, rannte um das andere Regalende, rutschte fast in dem Blut seines ersten Opfers aus und warf sich dann, die Beine an den Boden gestemmt, mit aller Kraft gegen das nächste Stellregal, bis es kippte und den Anführer mit
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