Samuel Koch - Zwei Leben
Wir fuhren also zu dem Ort, wo die Couch abzuholen war, trugen das über 2 Meter lange Ding gefühlte 10 Stockwerke hinunter und luden es in Samuels altes Golf Cabrio. Wie das aussah, kann sich glaube ich jeder vorstellen. Wir fuhren los Richtung Studentenwohnheim, und ich saà auf dem Beifahrersitz zwischen Windschutzscheibe und dem Bettkasten der Couch eingequetscht. Mir war kalt, also stieg ich bei der nächsten Ampel mitten auf der StraÃe aus und holte meine Jacke, die ich im Kofferraum hatte. Genau in dem Moment sahen uns zwei Polizisten, die links an der Kreuzung standen. Wir mussten rechts ranfahren. Es war 12:39 Uhr, also eigentlich unmöglich, bis 13:00 Uhr die Polizisten zu beschwichtigen, die Couch im Studentenwohnheim abzuladen und noch rechtzeitig zum Unterricht zu kommen.
Bevor einer der Polizisten überhaupt irgendetwas sagen konnte, streckte Samuel ihnen seinen Führerschein entgegen und sagte: "Hier, bitte, können Sie gleich haben!"
Der Polizist war aber überraschend kooperativ, und so stellten wir die Couch auf dem Grünstreifen neben der StraÃe ab, Samuel klärte noch ein paar Sachen mit ihm und fuhr mich dann zur Schauspielschule. Ich war um 12:59 Uhr da.
Eine andere Anekdote: Während eines Krankenhausaufenthaltes hat Samuel mich besucht und mir als Geschenk eine Flasche "Cab" und ein kleines Töpfchen mit einer Pflanze darin mitgebracht. Ich habe mich sehr über seinen Besuch gefreut und auch über das Pflänzchen, das ich trotzdem eher als Gag aufgefasst habe. Am darauffolgenden Tag kam die Stationsschwester zu mir und fragte mich, warum das Topfpflänzchen vom Rezeptionstresen bei mir auf dem Nachttisch steht. Da dachte ich mir: "Samuel hat es einmal wieder geschafft â obwohl er nicht da ist, ist er doch irgendwie da. Das ist Samuels beneidenswertes Talent."
âVier Tage im Maiâ
Um das private Studium in Hamburg weiterzufinanzieren, jobbte ich in allen möglichen Bereichen und meldete ein Gewerbe an, um flexibler einsetzbar zu sein. SchlieÃlich schaffte ich es, durch Nachfragen und dank eines netten Zufalls von Studio Hamburg engagiert zu werden. Dort wurde gerade der Filmdreh für âVier Tage im Maiâ vorbereitet, die Geschichte eines ostpreuÃischen Kinderheims am Ende des Zweiten Weltkriegs. Man suchte jemanden für die Betreuung der mitspielenden Kinder, und ich bekam den Job. Die Dreharbeiten waren eine tolle Zeit.
Christoph H. (Aufnahmeleiter Studio Hamburg):
Ich habe Samuel im Sommer und Herbst 2010 zwar nur kurz, dafür aber sehr intensiv kennengelernt. Wir haben zusammen viel Arbeit, aber auch viel Spaà gehabt. Wir produzierten damals den Kinofilm âVier Tage im Maiâ. Wir saÃen im Büro, da kam Samuel plötzlich reingeschneit. Auffallend war sein nettes, höfliches und sehr freundliches Auftreten. Und seine Art, sich vorzustellen: âIch würde gerne bei eurem Film mitarbeiten, habt ihr irgendwas zu tun für mich?â Wir konnten immer Hilfe gebrauchen, deshalb haben wir ihn vom Fleck weg engagiert. Denn schon der erste Eindruck war spitze.
Sein erster Job war, sich vor allem um die Kleindarsteller zu kümmern. Bei allem, was man ihm anvertraute, konnte man sich darauf verlassen, dass er es perfekt erledigte. Samuel hat stets mit einem Lächeln im Gesicht durchgearbeitet, er hat keine Pause gemacht und nie ein Wort der Klage geäuÃert. Man musste ihn eher ein bisschen bremsen, weil er sich fast selbst ausbeutete.
Samuel ist dann in die Regieabteilung übergewechselt und bekam später auch eine kleine Sprechrolle im Film. Bei Samuel konnte man sich immer sicher sein, dass er den richtigen Ton findet. Er hat sich um jeden einzelnen Menschen intensiv gekümmert und darauf geschaut, dass es allen gut geht. Dabei war er völlig uneigennützig â wahrscheinlich ist dieses Wort noch zu schwach. Er war einfach voller Sympathie für jeden Menschen, egal, ob groà oder klein, dick oder dünn, bedeutend oder unbedeutend. Samuel hat da nie einen Unterschied gemacht. Für mich ist sein hervorstechendes Merkmal sein offenes Wesen allen Menschen gegenüber. Er ist für mich ein lebendiges Zeugnis der Nächstenliebe.
5. Der Weg zur Wette
Es gibt schon einiges an Ironie in meinem Leben. Dazu gehört wohl die Sache mit den Sportgeräten, mit denen ich meinem ersten Leben ein jähes Ende setzte.
Meine Freunde wussten, wie neugierig ich auf jede neue
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