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Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen

Titel: Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesc Miralles
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das Manuskript auf den Tisch.
    Ich wollte den Vermouth austrinken und gehen, um niemals wiederzukommen. Doch eine unerklärliche Lähmung hinderte mich. Ich fühlte, wie mich eine seltsame, angenehme Schwere überkam, und widmete mich wieder den vorbeiströmenden Passanten.
    Vielleicht war es der Vermouth, vielleicht auch nur die Kälte, doch nach wenigen Minuten war ich in einen Zustand erwartungsvoller Ruhe gesunken. Womöglich erschrak ich deshalb nicht, als der Mann mit dem Hut sich plötzlich zu mir hinüberbeugte und fragte: »Hast du Heimweh nach der Zukunft?«

EIN ERFOLGREICHER FEHLSCHLAG
    Der Wind wurde stärker, und seine Worte hingen einen Moment lang in der Luft. Seltsamerweise überraschte es mich weder, dass er mich duzte, als wären wir alte Freunde, noch die Absurdität seiner Frage.
    Ich musterte ihn aufmerksam und stellte fest, dass der Bart sein allzu rundes Gesicht und eine eingefallene Oberlippe kaschieren sollte. Er machte einen ruhigen und gelassenen Eindruck und schien es gar nicht eilig zu haben, eine Antwort zu erhalten.
    Ein Mensch bei vollem Verstand wäre vermutlich aufgestanden und hätte den wunderlichen Kerl mit seiner Frage sitzen lassen. Doch ich hatte das Gefühl eines Déjà-vu, als hätte ich lange auf diese Frage gewartet, und so antwortete ich vollkommen ernsthaft: »Ich kann kein Heimweh nach etwas haben, was noch nicht geschehen ist.«
    »Das denkst du«, erwiderte er und rückte mit seinem Stuhl zu mir heran, ohne dabei seinen Tisch zu verlassen.
    »Wir wissen alle mehr oder weniger, was uns bevor steht, weil wir uns unsere Zukunft selbst wählen. Das ist auch der Trick der Wahrsager.«
    »Wovon redest du?«, fragte ich, dass Du stillschweigend akzeptierend.
    »Die Zukunft lesen ist wie Schachspielen. Ein einiger maßen ordentlicher Spieler kann die nächsten zwei oder drei Spielzüge vorhersehen. Ein guter noch sehr viele mehr. Alles eine Frage der Logik.«
    »Und du hast also vorhersehen können, wie deine Partie verlaufen wird.«
    »Ja. Vor dem Schachmatt wird es noch einige spannende Abenteuer geben. Deswegen habe ich Heimweh nach der Zukunft. Es wird nämlich einfach großartig werden, und ich wünschte, es wäre schon so weit.«
    »Aber wenn du die Fäden in der Hand hältst«, hakte ich nach, »dann könntest du doch einfach ein paar Züge überspringen!«
    Mein Verdacht, dass er nicht alle Tassen im Schrank hatte, gewann langsam eine solide Grundlage.
    »Das geht nicht«, antwortete er, »weil ein Zug vom anderen abhängt, verstehst du? Beim Schach führt ein Zug zum nächsten. Wenn du die Partie gewaltsam beeinflussen willst, wird überhaupt nichts passieren.«
    »Lass mich raten«, fuhr ich ihm streitlustig dazwischen, was normalerweise nicht meine Art ist. »In diesem Manuskript, das du mit dir herumträgst, steht die Zukunft geschrieben, nach der du Heimweh hast.«
    Der Bärtige schnitt eine Grimasse und antwortete: »Bist ein kluges Kerlchen. Ich wusste, dass man auf dich zählen kann.«
    »Houston, wir haben ein Problem«, murmelte ich, vage ahnend, dass ich dabei war, mich in einen weiteren Schlamassel zu verstricken.
    » 11. April 1970«, erwiderte er mit fester Stimme. »Wie bitte?«
    »An dem Tag ist die Apollo 13 in den Weltraum gestartet.Eine schlechte Zahl. Hätte für die Menschen damals fast die Hölle bedeutet.«
    »Wie ich sehe, bist du abergläubisch.«
    »Das muss man sein, wenn die Zeichen so offensichtlich sind. Die Apollo 13 startete um 13.13 Uhr an einem Datum, dessen Ziffern in der Quersumme 13 ergeben. Du kannst es nachrechnen: Es war der 11.04.70.«
    Ich addierte im Geist die Zahlen und konnte ihm natürlich nicht widersprechen. Aber das hieß nichts.
    »Das Erstaunliche ist, dass sie mit heiler Haut davon gekommen sind«, fuhr er fort. »Die Besatzung der Apollo 13 sollte die zweite sein, die jemals den Mond betreten würde, aber als sie 370000 Kilometer von der Erde entfernt waren, wurde die Rakete durch eine Explosion stark beschädigt und schlingerte manövrierunfähig auf der Mondumlaufbahn.«
    »Ich sehe, du kennst dich aus in der Materie.«
    »Als der zweite Sauerstofftank explodierte, schalteten die Astronauten alle Geräte ab, die dem Raumschiff hätten Energie abziehen können. Es war ein Wunder, dass es ihnen am 17. April gelang, das Raumschiff südlich der Insel Pago Pago im Ozean zu landen. Deshalb bezeichnete die NASA diese Mission als einen ›erfolgreichen Fehlschlag‹. Eine schöne Definition, findest du nicht?«
    Ich blieb

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