Samurai 1: Der Weg des Kämpfers (German Edition)
der feiernden Menge.
»Es dient der Reinigung«, antwortete Akiko, die in einem meergrünen, mit leuchtend bunten Chrysanthemen geschmückten Kimono neben ihm stand. »Vor siebenhundert Jahren wurde Kyoto von einer Seuche heimgesucht. Das Fest soll verhindern, dass die Seuche wieder ausbricht.«
»Wir hatten in England auch eine Seuche«, sagte Jack. »Man nannte sie den Schwarzen Tod.«
Die Menschen in ihrer Umgebung drängten nach vorn, um die vorbeifahrenden Wagen besser sehen zu können. Emi gesellte sich mit zwei Freundinnen zu Jack, Akiko und Yamato.
»Wie geht es dem siegreichen Samurai heute?«, begrüßte Emi Jack und fächelte sich mit einem roten Papierfächer Luft zu. Sie schob sich zwischen Jack und Akiko. Akiko runzelte die Stirn.
»Bestens, danke!«, antwortete Jack. »Das ist wirklich ein tolles Fest …«
»Kommt weiter!«, drängte Yamato, der Akikos Kränkung bemerkt hatte. Er fasste Jack am Arm. »Ich weiß einen Platz, wo wir noch besser sehen.«
»Tut mir leid, ich muss gehen«, sagte Jack und winkte der enttäuschten Emi. »Sehen wir uns später?« Yamato und Akiko zogen ihn zum hinteren Rand der Menge, wo Saburo, Yori und Kiku auf sie warteten.
»Hier, probier das!«, rief Saburo ohne lange Begrüßung und drückte Jack ein Gebäck in die Hand, das wie ein kleiner Fisch geformt war.
»Was ist das?« Misstrauisch betrachtete Jack es.
» Taiyaki «, antwortete Saburo mit vollem Mund.
»Lass uns später essen, wir haben noch den ganzen Nachmittag Zeit dazu«, fiel Yamato ihm ins Wort. »Wir müssen an den Anfang des Zuges, damit wir alles sehen. Folgt mir!«
Er führte sie eine Nebenstraße entlang. Durch ein Gewirr enger, menschenleerer Gassen gelangten sie zur Hauptstraße. Vor ihnen lag der Kaiserpalast.
Einige Hundert Schaulustige hatten sich bereits eingefunden und eine Vielzahl von Ständen säumten die Straße. Die Händler verkauften exotische Süßigkeiten, Hähnchenspieße, Tee und viele herrliche Dinge für die Feierlichkeiten am Abend, etwa leuchtend bunte Papierfächer oder furchterregende Masken aus Pappmaschee.
»Da! Was habe ich gesagt, Jack? Von hier sehen wir den ganzen Zug.« Eifrig legte Yamato die letzten Meter zur Straße zurück.
Er war seit dem Sieg im Taryu-Jiai vom Vortag und seiner Versöhnung mit dem Vater wie ausgewechselt. Seine Vorbehalte gegen Jack waren verschwunden. Er benahm sich geradezu wie ein Leibwächter des neu gewonnenen Freundes und stellte jeden zur Rede, der Jack einen Gaijin nannte – was allerdings kaum jemand wagte, denn Jack war jetzt wie Akiko, Saburo und Yamato ein Held der Schule. Nur Kazuki und seine Freunde begegneten ihm weiterhin feindselig. Aber solange alle den Sieg der Schule über Yagyu feierten, trauten sie sich nicht aus der Deckung.
»Seht mal!«, sagte Kiku. »Da geht Masamoto!«
»Wohin ist er unterwegs?«, fragte Jack.
»Natürlich zum Kaiser!«, sagte Kiku ehrfürchtig. »Dem Lebenden Gott.«
»Den Wettbewerb habt ihr gewonnen«, erklärte Akiko, »aber Masamoto als Gründer der Schule hat die Ehre einer persönlichen Audienz beim Kaiser.«
Masamoto trug das Jadeschwert. Sensei Yamada, Sensei Kyuzo, Sensei Hosokawa und Sensei Yosa folgten ihm festlich gekleidet. Sie traten durch das gewaltige Tor des Palastes und verschwanden hinter den hohen Mauern.
Jack versuchte sich vorzustellen, wie es sein mochte, einem »lebenden Gott« zu begegnen.
Sie verbrachten den ganzen Nachmittag damit, dem Zug mit seinen Wagen, Geishas und Musikanten zuzusehen, und zugleich lernte Jack eine Vielzahl exotischer japanischer Speisen kennen. Saburo machte sich einen Spaß daraus, Jack mit den verschiedensten Geschmacksrichtungen zu traktieren und ihn mit wechselndem Erfolg zwangszuernähren.
Besonders mochte Jack den takoyaki , einen kleinen, mit einem Stück gebratenen Oktopus gefüllten Knödel aus Teig und Ingwer. Das obanyaki dagegen, ein dickes, rundes Gebäck mit einer nach Vanille schmeckenden Füllung, war ihm zu süß. Außerdem versorgte Saburo Jack mit verschiedenen Pfannkuchen.
»Sie heißen okonomiyaki , was bedeutet ›brate dir, was du willst‹«, erklärte Akiko und sah missbilligend zu, wie Jack bereits seinen vierten Pfannkuchen vertilgte. »Aber ich wäre an deiner Stelle vorsichtig. Man weiß nie, was in denen drin ist!«
»Schnell, hier!«, rief Yamato und winkte sie zu einem Stand an der Einmündung einer Nebenstraße. »Hier gibt es die schönsten Masken, die ich je gesehen habe!«
»Da, Jack, die passt
Weitere Kostenlose Bücher