Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)
getreten. Sosehr er sich wünschte, nach Hause zurückzukehren und Jess wiederzusehen – er verdankte Masamoto sein Leben und hatte ihm als Samurai zu dienen.
Er beschloss, abzuwarten und seine ganze Kraft darauf zu verwenden, die Technik der beiden Himmel zu erlernen. Dann, wenn er bewiesen hatte, dass er auf eigenen Beinen stehen konnte, würde er Masamoto um die Erlaubnis bitten, nach England zurückzukehren.
»Ich verstehe, Masamoto-sama«, sagte er und verbeugte sich ehrerbietig. »Ich hatte Sorge, die Lage könnte außer Kontrolle geraten. Doch ich werde alles daran setzen, in den Kreis der Drei aufgenommen zu werden und die Technik der beiden Himmel zu erlernen.«
»Das ist der Geist des Samurai, wie ich ihn mir wünsche. Ich kann mir vorstellen, wie sehr du dich nach deiner Heimat sehnst. Doch ich habe ein Versprechen abgelegt, um das Andenken deines Vaters und meines lieben Sohnes Tenno zu ehren: Ich will für dich sorgen und dich beschützen. Dir kann hier nichts passieren.«
Jack hatte manchmal zwar Angst, sogar der große Masamoto könnte gegen Kamakuras Umtriebe machtlos sein, aber er wusste, dass Masamoto bis zum letzten Atemzug kämpfen würde, um seinen Sohn gegen seine Feinde zu verteidigen.
Masamoto sah Jack mit besorgt gerunzelter Stirn an. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass du mit einigen Schülern Schwierigkeiten hast. Stimmt das?«
Jack nickte kurz. »Aber damit komme ich zurecht«, fügte er rasch hinzu.
»Bestimmt«, nickte Masamoto, stolz über Jacks Tapferkeit. »Trotzdem werde ich jetzt, da ich wieder da bin, klarstellen, dass ich Vorurteile und Einschüchterungsversuche an meiner Schule nicht dulde. Außerdem will ich dir einen Rat geben, der mir in meiner Jugend gute Dienste geleistet hat.«
So hatte Jack Masamoto noch nicht erlebt. Er kannte ihn ernst, streng und gebieterisch. Ein väterlicher Masamoto war etwas ganz anderes. Jack vermisste seinen richtigen Vater auf einmal wieder schmerzlich.
»Ich weiß, wie schwer es ist, anders zu sein. Doch in Wahrheit beneiden die anderen dich um dein Können als Schwertkämpfer und Samurai. Beachte sie einfach nicht, dann lassen sie dich in Ruhe.«
»Wie kann ich das?«, fragte Jack. »So wie ich aussehe.«
»Sehe ich etwa aus wie die anderen?« Masamoto kehrte ihm seine rot vernarbte linke Gesichtshälfte zu.
Jack schwieg.
»Übe dich in fudoshin .« Masamoto streckte die Hand aus, tauchte einen Finger in die steinerne Schale des plätschernden Rinnsals, zeichnete einen Kreis auf die Wasseroberfläche und sah zu, wie die kleinen Wellen nach außen verebbten.
»Sei nicht der Sklave deiner Gefühle. Lass sie verschwinden wie Schriftzeichen, die der Finger ins Wasser zeichnet. Sie tun dir nur weh, wenn du es zulässt.«
24
Die Prüfungen des Holzes und des Feuers
Die winterlich fahle Sonne wanderte über den Himmel und beschien eine weiß verschneite Welt. Auf dem geschwungenen Dach der Buddha-Halle häuften sich die Schneewehen. Aus dem Herbst war über Nacht Winter geworden, alle Geräusche waren gedämpft und eine ungewohnte Ruhe lag über der Schule.
Jack eilte mit seinem Schwert durch die Eiseskälte. Der Atem vor seinem Mund bildete eine weiße Wolke.
Seit Kazuki und seine Skorpionbande ihn bei der Halle
des Falken überfallen hatten, war er jeden Morgen in aller Früh aufgestanden, um im Südlichen Zen-Garten kenjutsu zu üben. Seinem Vorsatz getreu hatte er noch vor dem Frühstück jede Übung hundertmal ausgeführt. Sensei Hosokawa mochte ihm verboten haben, sein Schwert im Unterricht zu benützen, aber das konnte ihn nicht davon abhalten, in seiner Freizeit damit zu üben. Er war fest entschlossen, die Prüfung des Schwertes zu bestehen, was immer sie beinhaltete.
Anschließend ging er in den Butokuden und schlug fünfzigmal mit jeder Faust auf den Schlagpfosten ein, um seine Knochen für die Prüfung des Holzes zu stärken. Er schlug so heftig gegen den gepolsterten Pfosten, dass seine Hände beim Frühstück noch zitterten und er Mühe hatte, die Stäbchen zu halten.
Die Nachmittage nach dem Unterricht verbrachte er mit Akiko im Garten. Akiko übte sich für die Prüfung des Feuers im Bogenschießen. Nebenbei verbesserte sie seine Haltung und half ihm beim Zielen und dabei, das Ziel zu »vergessen«. Manchmal traf Jack sogar. Blieb danach noch Zeit, fragte sie ihn japanische Schriftzeichen ab und brachte ihm neue bei.
Während einer solchen inoffiziellen Unterrichtsstunde kam Jack auf ihre ungewöhnlichen
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