Samurai 3: Der Weg des Drachen
während die anderen Schüler sich um sie versammelten. Jack sah, wie Kazuki und seine Freunde schadenfroh grinsten.
»Das nächste Mal darfst du nicht so stark an den Zügeln ziehen«, sagte Takuan. Er klopfte den Schmutz von Jacks Kittel .
»Das hättest du mir auch früher sagen können!«, keuchte Jack.
»Es tut mir so leid. Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Stute plötzlich durchgehen würde.«
»Egal«, sagte Jack, obwohl er nicht verstand, warum Takuan die Longe losgelassen hatte.
Sensei Yosa schickte die Schüler an den Rand der Bahn zurück.
»Jack-kun, du solltest Yabusame auf meinem Trainingspferd üben, bis du besser reiten kannst«, schlug sie freundlich vor. »Es folgt dir bestimmt besser.«
»Danke, Sensei«, sagte Jack und rieb sich die Rippen. »Aber ist Ihr Pferd nicht zu groß für mich?«
Einige Schüler blickten neidisch auf Jack und dann auf Sensei Yosas prächtigen Hengst.
Sensei Yosa lächelte. »Ich meine nicht mein Pferd, sondern das da drüben.«
Sie zeigte zum Rand des Übungsplatzes. Dort standen eine Zielscheibe und daneben ein gesatteltes Holzpferd. Die Schüler brachen in Gelächter aus. Jack starrte das Holzpferd entgeistert an.
15
Das Bootsrennen
»Es ist so beschämend!«, sagte Jack. Er war mit den anderen zum bojutsu- Unterricht unterwegs und sie gingen durch die malerischen Gärten des Eikan-Do-Tempels.
Droben auf dem Hügel ragte die Spitze der Pagode wie eine mehrstufige Krone durch die Bäume. Noch war das Laub, das sie umgab, grün, aber der Herbst stand vor der Tür und es würde sich bald in ein rot, golden, gelb und orange leuchtendes Farbenmeer verwandeln. Dann füllten die Gärten sich mit Menschen, die momiji gari erleben wollten, die Herbstlaubschau.
»Ich muss auf einem Spielzeugpferd sitzen, während alle anderen auf richtigen Pferden reiten!«, schimpfte Jack.
»Es ist ja nicht für immer«, tröstete Yamato ihn.
»Nein«, fiel Saburo ein und unterdrückte ein Grinsen. »Sensei Yosa macht bestimmt bald Räder dran.«
Yamato und Saburo wollten sich regelrecht ausschütten vor Lachen.
Jack sah sie böse an. »Kazuki verspottet mich deswegen schon die ganze Woche. Jetzt streut ihr auch noch Salz in die Wunde!«
»Aber Takuan hilft dir doch, nicht wahr?«, fragte Akiko, die selber Mühe hatte, ernst zu bleiben.
»Das schon«, gab Jack zu und warf einen Blick auf Takuan, der mit Emi und ihren Freundinnen Cho und Kai plauderte. Die Mädchen kicherten hinter vorgehaltener Hand über etwas, was Takuan gerade gesagt hatte. »Ich traue ihm trotzdem irgendwie nicht.«
»Wieso nicht?«
»Er hat die Leine losgelassen, als mein Pferd durchging.«
Yamato wurde schlagartig ernst. »Warum sollte er das tun?«
Jack zuckte die Schultern. »Um mich vor den anderen bloßzustellen. Um zu beweisen, dass ein Gaijin kein Samurai sein kann.«
»Du bist zu misstrauisch, Jack«, widersprach Akiko. »Takuan war bisher immer höflich und nett zu uns. Er hat mir auch gesagt, wie sehr er sich für deinen Unfall verantwortlich fühlt.«
»Dir sagt er doch alles.«
»Was meinst du damit?«
Jack bereute seine vorschnelle Bemerkung sofort. Akiko wollte ihm nur helfen. »Ac h … nichts.« Er ging schneller und ließ die anderen hinter sich zurück.
Yori eilte ihm nach.
»Alles in Ordnung?«, fragte er leise.
Jack schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt nein«, brummte er missmutig. »Ich mache mich beim Yabusame vor allen lächerlich.«
»Aber wir sind doch alle Anfänger«, wandte Yori ein. »Und du kannst nicht immer der Beste sein.«
»Das meine ich auch nicht.« Jack seufzte. »Aber Takuan kann es so gut und alle reden über ih n – er hat sogar Sensei Yosa beeindruckt. Und er unterhält sich andauernd mit Akiko.«
»Er unterhält sich auch mit anderen viel.« Yori musterte Jack ernst. »Hüte dich vor dem Tiger, der nicht nur die Beute, sondern sein eigenes Herz reißt.«
»Was soll das heißen?«, fragte Jack entgeistert.
Doch Yori zog nur allwissend die Augenbrauen hoch, wie Sensei Yamada es zu tun pflegte, und ging weiter.
Sensei Kano klopfte mit seinem langen, weißen Stock auf den Boden und beendete das Training der Schüler.
»Ihr habt euch aufgewärmt«, rief er mit seiner tiefen, volltönenden Stimme. »Jetzt werden wir an eurem Gleichgewichtssinn arbeiten.«
Sensei Kano, ein Koloss von Mann mit kurz geschnittenen schwarzen Haaren und einem flauschigen Bart, war ein furchterregender Samurai. Er trat auf einen hölzernen Anlegesteg am mittleren
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