Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
erfüllte ihn.
»Alles in Ordnung?«, fragte Hanzo.
Jack nickte mühsam beherrscht. Er hatte diesen Traum schon einige Male geträumt und jene schreckliche Nacht immer wieder durchlebt. In Wirklichkeit hatte Yamato selbst entschieden, loszulassen und einen ehrenhaften Tod zu sterben. Doch Jack wurde immer noch von Zweifeln geplagt, ob er nicht doch beide Freunde hätte retten können. Bei dem Gedanken, Drachenauge könnte überlebt haben, erschauerte er unwillkürlich. Dabei war das unmöglich. Auch der Ninja war in den Tod gestürzt.
»Was wolltest du von mir?«, fragte Jack.
»Dein Kopfkissen klauen, ohne dich aufzuwecken.«
Jack sah Hanzo verwirrt an. Der Junge hatte doch selber ein Kopfkissen. »Jedenfalls hast du mich geweckt. Mach das bitte nicht noch mal. Ich würde dich ungern mit einem Ninja verwechseln.«
»Warum nicht?« Hanzo runzelte die Stirn.
»Weil ich dich dann vielleicht versehentlich in zwei Teile spalte!«
Jack legte das Schwert weg.
»Du reagierst ganz schön schnell«, sagte Hanzo bewundernd. »Aber du sollst jetzt sowieso aufstehen. Wir haben schon gefrühstückt. Du hast doch versprochen, mich im Schwertkampf zu unterrichten.«
Darauf hatte Jack im Moment am allerwenigsten Lust. Aber er hatte es versprochen und als Samurai musste er sein Versprechen halten. Er setzte sich also auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen und ging hinüber in das angrenzende Zimmer. Neben der Kochstelle standen eine Schale mit kaltem Reis und ein Krug Wasser.
Jack begann hungrig zu frühstücken. »Wo ist Soke?«
»Großvater spricht gerade mit Shonin.« Hanzo wartete ungeduldig an der Tür. »Er hat Wasser im Spülbecken gelassen, damit du dich waschen kannst.«
Jack schluckte den letzten Bissen Reis hinunter, schlüpfte in seine Sandalen und betrat den Küchenbereich. Neben dem Spülbecken lag eine hölzerne Schöpfkelle, mit der er sich Wasser über Gesicht und Hände gießen konnte. Am liebsten hätte er ein heißes Bad genommen. Die Gewohnheit der Samurai, täglich zu baden, gehörte zu den überraschenden Annehmlichkeiten japanischen Lebens. Aber bei Bauern war dieser Luxus wahrscheinlich unbekannt. Immerhin war der Schmutz einer fünftägigen Reise noch gar nichts, verglichen mit dem Dasein als Matrose auf See oder dem Leben in England, wo Waschen sogar als ungesund galt.
Erfrischt und wenigstens etwas sauberer trat Jack in die helle Mittagssonne hinaus. Die Reisfelder leuchteten in einem satten Grün. Die im Frühjahr ausgebrachten Samen waren zu saftigen Stängeln herangewachsen. Einige Bauern arbeiteten auf den Feldern, doch die meisten schienen sich auf dem Dorfplatz auszuruhen. In der Nähe war das Lachen von Kindern zu hören. Erst jetzt fiel Jack auf, wie ruhig es im Dorf war.
Hanzo zog ihn am Ärmel. »Was willst du mir zuerst beibringen?«
Jack verspürte auf einmal Gewissensbisse. Wie sollte er den Jungen unterrichten, wenn er selbst kaum mehr als ein Schüler war? Nicht einmal Übungswaffen hatte er. Ratlos sah er sich um und entdeckte vor einem Schuppen einen Stapel Bambusstöcke. Er wählte einen in passender Länge aus und reichte ihn Hanzo. »Hier ist dein Schwert.«
»Aber ich will mit einem richtigen Schwert üben!«, protestierte Hanzo und betrachtete missbilligend den Bambusstock.
Jack lachte und musste daran denken, dass auch er unbedingt mit einem richtigen Schwert hatte üben wollen. Allerdings nur, bis sein Schwertmeister Sensei Hosokawa ihm eindrücklich die Verantwortung vor Augen geführt hatte, mit der das Tragen einer solchen Waffe verbunden war. Er hatte Jack aufgefordert, ein Reiskorn auf Yamatos Kopf zu spalten. Jack war davor zurückgeschreckt und hatte sofort verstanden, was sein Lehrer ihm damit sagen wollte. Hanzo gedachte er allerdings nicht auf ähnliche Weise zu prüfen, denn er hatte den Verdacht, der unerschrockene Junge könnte sich tatsächlich auf die gefährliche Prüfung einlassen.
»Solange du das Übungsschwert nicht vollkommen beherrschst«, wiederholte er Sensei Hosokawas Worte, »bist du nicht fähig, ein richtiges Schwert zu tragen.«
Obwohl er sichtlich enttäuscht war, nickte Hanzo ergeben. »Also, was soll ich tun?«
Jack versuchte sich an seine erste Stunde bei Sensei Hosokawa zu erinnern.
»Streck die Arme geradeaus und halte das Schwert mit beiden Händen«, befahl er.
Hanzo gehorchte eifrig. »Und jetzt?«
»Bleib so.«
Vor dem Haus stand ein kleiner Baum. Jack setzte sich darunter. Hanzo sah ihn verwirrt an. »So kämpfe ich
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