Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
gegen Miyuki im Zweikampf noch nicht verschmerzt hatte, fühlte sich provoziert. »Du hast ja nur Angst, ich könnte dich schlagen.«
»Nein«, rief Miyuki sofort, »dass Samurai immer so angeben müssen!« Katzengleich sprang sie auf den Baum, kletterte zum Ast neben Jack und hängte sich ihm gegenüber.
»Du findest das leicht, aber die eigentliche Herausforderung besteht darin, es auch dann zu schaffen, wenn um einen herum gekämpft wird.«
»Wieso sollte ich während eines Kampfes an einem Baum hängen?«, fragte Jack.
Miyuki verdrehte die Augen. »Nicht an einem Baum, aber vielleicht an einer Burgmauer oder einem Felsen. Ach, sei’s drum, du würdest jedenfalls keine einzige Minute durchhalten.«
Jack musste daran denken, wie Yamato sich an den Balkon der Burg von Osaka geklammert hatte, während er selbst verzweifelt das Seil hielt, an dem Akiko hing. Er hatte vor einer unmöglichen Wahl gestanden, aber nicht losgelassen. »Woher willst du das so sicher wissen?«
Miyuki hob das Bein und trat Jack in den Bauch. Ihr Angriff kam vollkommen überraschend und Jack konnte ihm nicht mehr ausweichen. Der Fuß traf ihn mit voller Wucht, eine Welle des Schmerzes durchfuhr ihn. Irgendwie schaffte er es trotzdem, sich mit den Fingerspitzen an dem Ast festzuhalten. Miyuki setzte mit einem Halbkreistritt gegen seinen Schenkel nach, doch Jack hatte sich wieder gefangen und reagierte blitzschnell. Er hob das Knie, blockte den Angriff und trat mit beiden Füßen nach Miyuki.
Miyuki ließ einen Arm los und schwang zur Seite. Dann streckte sie die freie Hand aus und schlug mit der Faust auf Jacks Knöchel. Jack musste loslassen. Er bekam gerade noch das Ende des Astes zu fassen, der sich unter seinem Gewicht gefährlich bog.
Hanzo lachte begeistert über den akrobatischen Luftkampf.
Miyuki schwang sich zu einem anderen Ast hinüber, um Jack aus einem besseren Winkel angreifen zu können. Beide suchten nach einem Vorteil, mit dem sie den anderen besiegen konnten.
Miyuki griff mit einem Scherentritt an, schlang die Beine um Jacks Hüften und versuchte ihn von seinem Ast zu reißen. Jack kämpfte um Halt, aber seine Kräfte schwanden rasch. Er ließ mit einer Hand los, packte Miyuki am Handgelenk und zog daran. Miyuki tat dasselbe bei ihm. Beide mussten genau gleichzeitig loslassen. Ineinander verkrallt stürzten sie ins Wasser. Spuckend und hustend tauchten sie wieder auf. Miyukis Augen sprühten Funken.
Hanzo ließ sich vom Baum zum Ufer hinunterfallen. »Ich habe gewonnen!«, jauchzte er.
Miyuki ignorierte ihn. »Verschwinde von hier, Samurai«, stieß sie wütend hervor. »Bevor dir noch mehr passiert.«
»Du hast mich gerade zum Bleiben bewogen«, erwiderte Jack mit einem liebenswürdigen Lächeln. »Du bist eine ausgezeichnete Übungspartnerin.«
»Hurra!«, rief Hanzo, ohne auf Miyukis entsetzte Miene zu achten. »Dann kannst du jeden Tag mit uns üben.«
Miyuki stieg aus dem Wasser und starrte Jack eisig an.
»Ich werde dich nicht aus den Augen lassen«, sagte sie. »Ich traue keinem Samurai.«
Und ich keinem Ninja , dachte Jack.
14
Großmeister
»Schon wieder da?«, bemerkte Soke, als Jack tropfnass zusammen mit Hanzo den Garten vor dem Haus betrat.
Jack merkte, dass der Alte ihn erwartet hatte. Auf der Bank im Garten standen drei mit Reis gefüllte Schalen und eine Kanne Tee.
»Hanzo hat mich zum Bleiben überredet«, sagte er und stellte seine Tasche am Eingang des Hauses ab.
Soke nickte. »Er ist wie eine Frucht, die nie herunterfällt. Kein Wunder, dass du gegen ihn verloren hast.«
»Eigentlich wurde ich vom Baum geschüttelt«, erklärte Jack. »Von Miyuki.«
Soke lachte. »Warum überrascht mich das nicht?« Er bedeutete Jack, sich zu ihm auf die Bank zu setzen. »Sie hat ein wildes Temperament.« Er reichte Jack eine Schale mit Reis und alle drei begannen hungrig zu essen, während die Abendsonne sich langsam den Bergen näherte.
»Kann Jack morgen wieder mit mir üben?«, fragte Hanzo eifrig.
»Das hängt davon ab, ob der Großmeister es erlaubt«, antwortete Soke.
»Der Großmeister?«, fragte Jack.
»Ja, der Schutzherr und Aufseher unserer Schule des ninjutsu . Er wacht über die achtzehn Disziplinen unserer Kampfkunst.«
» Achtzehn!? «
»Jawohl. Ein Ninja muss sie alle erlernen. Den Nahkampf, den Umgang mit Waffen wie Wurfstern, Handkralle und Kettensichel, die Techniken der Verkleidung, der Tarnung und des lautlosen Gehens und die magischen Künste, die sich mit Sprengkörpern,
Weitere Kostenlose Bücher