Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
bei.«
»Danke«, sagte Jack. »Aber was hat das mit ninjutsu zu tun?«
Soke hob die Augenbrauen, wie um zu sagen: Beantworte die Frage selbst.
Jack überlegte. »Ist das vielleicht der Ring des Windes?«
Soke lächelte. »Genau. Das Flötenspiel dient dem Ninja nicht nur als Meditation. Wie du gemerkt hast, hilft es dabei, kontrollierter und tiefer zu atmen. Davon handelt auch meine nächste Stunde.«
Wie auf ein Zeichen tauchten plötzlich die anderen Schüler auf. Sie setzten sich in einem Halbkreis mit Blick auf das Tal vor den Eingang der Höhle.
»Da bist du ja!«, rief Hanzo und setzte sich neben Jack. »Ich habe dich überall gesucht.«
Miyuki hatte sich so weit wie möglich von ihm entfernt ans andere Ende des Halbkreises gesetzt. Shiro neben ihr hob schnuppernd die Nase und fuchtelte mit der Hand davor hin und her. Die anderen kicherten. Statt Shiro zu ignorieren, spielte Jack das Spiel mit, schnupperte seinerseits, zeigte auf Hanzo, als stinke dieser, hielt sich die Nase zu und schnitt eine Grimasse. Das Kichern wurde lauter. Als Hanzo dann auch noch furzte, brach die ganze Klasse in Lachen aus.
Soke, der ebenfalls lächelte, gebot mit erhobener Hand Schweigen. »Herzhaftes Lachen ist wie Mis t – es entfaltet seine heilsame Wirkung erst, wenn man es verteilt. Aber lasst uns anfangen. Ihr habt Jack jetzt alle kennengelernt und helft ihm bestimmt bei den weiteren Übungen.«
Die Schüler verbeugten sich höflich in Jacks Richtung. Dass er nicht gleich beleidigt war und Sinn für Humor hatte, hatte ihm offenbar einige Sympathien verschafft. Nur Miyuki sah ihn während der Verbeugung herausfordernd an. Sie schien sich mit seiner Anwesenheit nicht so leicht abfinden zu können.
»Heute Morgen haben wir uns mit Tarnung und Flucht beschäftigt«, fuhr Soke fort. »Dabei geht es aber nicht nur darum, nicht gesehen zu werden. Man darf auch nicht gehört werden.«
»Oder gerochen!«, fügte Shiro hinzu.
Soke sah ihn strafend an und der Junge entschuldigte sich mit einer halbherzigen Verbeugung. »Als Ninja muss man den Atem sehr lange anhalten können. Vielleicht müsst ihr euch einmal ganz in der Nähe eures Angriffsziels verstecken. Dann könnte das Geräusch eures Atems euch verraten. Ein anderes Mal müsst ihr womöglich längere Zeit im Wasser untertauchen oder euch sogar tot stellen. Den Atem zu beherrschen ist deshalb eine zwar unauffällige, aber sehr wichtige Fähigkeit des Ninja.«
Jack hörte Soke aufmerksam zu. Er hatte die Wirkung der Drachenatmung bereits erprobt und brannte darauf, weitere Tricks der Ninja zu lernen.
»Wenn man den Atem lange anhalten will, atmet man zunächst mit dem Bauch tief ein und aus«, erklärte Soke und machte es gleich vor. »Atmet vollständig aus und holt dann tief Luft und haltet sie in der Lunge.«
Einige Schüler machten es ihm nach. Shiro sah aus, als müsste er gleich explodieren.
»Du sollst nicht so viel einatmen, dass du platzt. Ich habe dir das schon oft gesagt.«
Shiro ließ die ganze Luft auf einmal entweichen.
Soke beachtete ihn nicht weiter, sondern fuhr in seinen Erklärungen fort. »Entspannt alle Muskeln eures Körpers und meditiert. Dadurch verlangsamt sich euer Puls und ihr könnt die Luft einige Minuten lang anhalten.«
Jack war völlig fasziniert. Bei seiner Flucht aus der Burg von Osaka hatte er mit Akiko durch einen mit Wasser gefüllten Tunnel schwimmen müssen. Schon nach einer Minute war er fast ertrunken. Nur Akikos Mund-zu-Mund-Beatmung hatte ihn gerettet.
»Dazu muss man nicht nur den Körper, sondern auch den Geist beherrschen«, sagte Soke und klopfte sich mit dem Finger an die Schläfe. »Ihr müsst den Drang zu atmen bewusst unterdrücken. Am besten denkt ihr an etwas anderes, etwas Schönes. Übt diese Technik jetzt alle.«
Um sich vorzubereiten, atmeten die Schüler tief ein. Eine unausgesprochene Herausforderung zum Wettkampf lag in der Luft. Niemand wollte derjenige sein, der als Erster wieder Luft holen musste.
Schweigend saßen sie in Meditationshaltung da, einige mit geschlossenen Augen. Jack konzentrierte sich darauf, sich zu entspannen und seinen Herzschlag zu verlangsamen. Am Anfang fiel ihm das nicht schwer. Doch gegen Ende der ersten Minute wurde sein Bedürfnis einzuatmen immer größer. Sein Magen zog sich zusammen und seine Lunge verkrampfte sich, doch noch widerstand er tapfer.
Sokes Rat fiel ihm ein und er dachte an seine Schwester Jess. Er malte sich aus, wie er zu ihr nach Hause zurückkehrte und
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