Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
Geheimnisse. Doch die Ninja hatten ihn umgekehrt in viele ihrer Geheimnisse eingeweiht, er konnte Shonin die Bitte deshalb schlecht abschlagen. Dies wäre mehr als unhöflich gewesen.
In seiner Unentschlossenheit wünschte sich Jack, er könnte Sensei Yamada um Rat fragen. Da fiel ihm ein Gleichnis ein, das der alte Zen-Meister wenige Tage vor Jacks Abreise aus Toba Jacks Freund Yori erzählt hatte: Die Katze lehrte den Tiger das Kämpfen und der Tiger wurde sehr stark. Eines Tages griff er die Katze an und die Katze floh auf einen Baum. In dieses eine Geheimnis hatte sie den Tiger nicht eingeweiht.
Jack lief Gefahr, einen Tiger zu unterrichten. Doch solange er sich auf die Grundlagen beschränkte und die innersten Geheimnisse der Schwertkunst der Samurai für sich behielt, konnte er Shonin getrost die Technik der beiden Himmel erklären.
»Du beherrschst die Technik doch selbst?«, fragte Shonin erwartungsvoll. Das war keine echte Frage.
»Natürlich«, antwortete Jack lächelnd. »Es geht dabei um den Kampf mit zwei Schwertern. Man bewegt sich so, dass man zugleich angreift und sich verteidigt. Masamoto-sama meinte, wenn das Leben auf dem Spiel stehe, müsse man sich aller Waffen bedienen, die einem zur Verfügung stünden.«
»Ein weiser Mann. Sprich weiter.«
»Im Mittelpunkt der Technik stehen die beiden Schwerter, aber der zentrale Gedanke ist der Wille zu siegen, egal mit welchen Mitteln und Waffen.«
Shonin nickte anerkennend. »Genau wie im ninjutsu . Ich würde mich mit diesem Samurai gern unterhalten, auch wenn er unser Feind ist.«
»Das wird leider nicht möglich sein«, erwiderte Jack. »Der Shogun hat ihn verbannt.«
»Wie schade.« Shonin lächelte. »Aber vielleicht kannst du mir die Technik ja vorführen?«
Jack war davon ausgegangen, die Technik der beiden Himmel nur beschreiben zu müssen, nicht, sie tatsächlich zu zeigen. Ihm war unbehaglich zumute, aber er hatte im Grunde keine andere Wahl als zuzustimmen. Aber welchen Schaden konnte er damit anrichten? Die Technik zu erlernen dauerte Jahre, bei manchen sogar ein ganzes Leben. Eine einzige Vorführung würde den Tiger noch nicht das Klettern lehren.
Er verbeugte sich. »Es ist mir eine Ehre.«
»Ausgezeichnet. Soke wird Zeit und Ort dafür bestimmen. Doch jetzt habe ich eine gute Nachricht. Die Samuraipatrouillen wurden eingestellt, zumindest in dieser Gegend.«
Jack war, als habe sich eine Schlinge um seinen Hals gelockert. Endlich konnte er seine Reise nach Nagasaki fortsetzen.
»Ich weiß, dass du möglichst rasch wieder aufbrechen willst«, sagte Shonin. »Trotzdem solltest du immer noch sehr vorsichtig sein. Die Samurai sämtlicher Kontrollposten haben Anweisung, dich zu ergreifen, egal ob tot oder lebendig. Vielleicht solltest du deine Ausbildung bei Soke vor deiner Abreise deshalb lieber abschließen. Können wir sonst noch irgendetwas für dich tun?«
»Macht mich unsichtbar!«, sagte Jack, als er an die vielen Kontrollpunkte und Raststationen dachte, die er passieren musste.
»Das lässt sich machen.«
Jack lachte, doch er verstummte rasch wieder, als er das ernste Gesicht Shonins sah.
»Alle Ninja lernen die Kunst der Unsichtbarkeit«, fügte Shonin ruhig hinzu.
»Aber das ist unmöglich.«
»Dann frage ich dich jetzt, wie viele Menschen hier im Raum sind?«
Jack ließ seinen Blick um den Tisch wandern. »Sieben.«
Shonin schüttelte den Kopf. »Du hast Yoko vergessen.« Er zeigte auf das Serviermädchen, das bewegungslos und stumm in der Ecke stand. »Unsichtbar sein bedeutet nicht ungesehen sein, sondern unbemerkt.«
»Das könnte in meinem Fall schwierig werden.« Jack zeigte auf seine blauen Augen und blonden Haare.
Shonin tat den Einwand mit einer Handbewegung ab. »Sagt Ihr dazu etwas, Soke.«
Der Großmeister wandte sich an Jack. »Unsichtbarkeit ist oft eine Frage der Geduld und der Geschicklichkeit. Ein Ninja macht sich durch Tarnung und lautlose Bewegungen unsichtbar.«
»Aber ich kann mich nicht den ganzen Weg bis Nagasaki verstecken«, gab Jack zu bedenken.
»Nein, aber manchmal liegt das beste Versteck direkt vor der Nase des Samurai.« Soke zeigt auf Jacks Nase.
»Was meint Ihr damit?«
»Ein Ninja muss die Kunst der Verstellung und Nachahmung perfekt beherrschen. Unter shichi ho de versteht man die ›sieben Arten des Gehens ‹ …«
»Bei allem Respekt, Shonin«, fiel Momochi ihm ins Wort, »haltet Ihr es wirklich für richtig, ein so bedeutsames Geheimnis zu enthüllen?«
»Wenn er
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