Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
verteidigungsbereit sind, Krieg mit Daimyo Akechi vermeiden und Pläne für die Zukunft schmieden. Mein Vater beherrscht das alles meisterhaft. Du hast selbst gesehen, wie er Momochi damals bei der Feier versöhnt hat. Er hat einen Fehler eingestanden, ohne dabei die Kontrolle aus der Hand zu geben. Das erfordert sehr viel Geschic k – diplomatische Fähigkeiten, die mir nicht angeboren sind. Das ganze Dorf bewundert Shonin. Ich muss mir diese Bewunderung erst verdienen.«
»Das schaffst du bestimmt«, ermutigte Jack ihn.
»Und wenn nicht?« Tenzen bohrte einen Wurfstern mit der Spitze in den Holzklotz. »Wenn ich unter Druck eine falsche Entscheidung treffe?«
»Bestimmt nicht«, widersprach Jack. »Mein Vater hat immer gesagt: Das Schiff, das sich im Sturm von der Welle abwendet, wird untergehen, aber das Schiff, das auf die Welle zuhält, wird sie bezwingen. Du bist deiner Aufgabe ganz bestimmt gewachsen, wenn es so weit ist.«
»Hoffentlich, denn ich spüre, dass sich ein Sturm zusammenbraut.«
40
Banditen
Hanzo schlich durch den Wald und suchte die Bäume mit den Augen nach der kleinsten Bewegung ab. Seinen Freund Jack, der hoch über ihm in einem Baum kauerte und in seinen schwarzen Kleidern im Dämmerlicht nicht zu sehen war, bemerkte er nicht.
Sie hatten eine Woche lang angestrengt Handzeichen geübt, dann hatte Soke entschieden, dass seine Schüler wieder mehr körperliche Betätigung brauchten. Sie sollten sich im Verstecken üben. Ziel war, nicht von Hanzo gefunden zu werden, der die beste Spürnase hatte.
Jack glaubte schon, gewonnen zu haben, da blieb Hanzo stehen und sah sich um.
»Soke meint, wir sollen zurückkommen!«, rief er.
Jack bildete das Handzeichen jin und sprach lautlos das dazugehörige Mantra. Mithilfe dieses Zeichens konnte er die Gedanken von anderen lesen. Was dabei herauskam, war zwar im Grunde nur eine vage Vermutung, aber diese Intuition half ihm immerhin zu beurteilen, ob jemand log oder nicht.
Hanzo log jedenfalls. Er wusste, dass Jack in der Nähe war. Jack hatte gesehen, wie Hanzo ebenfalls das Zeichen jin angewandt hatte, um Jack im Wald aufzuspüren. Jetzt wollte Hanzo ihn aus der Reserve locken.
Jack verlangsamte seine Atmung, rührte sich nicht und verschmolz mit dem Baum.
»Ich esse deine Portion zum Abendessen, Tengu!«, rief Hanzo und sah sich wieder suchend um.
»Hier«, rief eine gedämpfte Stimme. Jack kannte sie. Sie gehörte Miyuki. »Ich habe seine Spur gefunden. Ich sagte doch, er bricht durch die Büsche wie ein Elefant.« Miyuki war offenbar gefunden worden und verstärkte jetzt die Gruppe der Verfolger.
Jack grinste in sich hinein. Miyuki war auf seine List hereingefallen. Er hatte entlang eines kleinen Waldwegs absichtlich einige Stängel und Halme geknickt. Hanzo eilte über die Lichtung zu Miyuki. Jack wartete noch einen Augenblick, dann ließ er sich lautlos auf den Waldboden hinunterfallen. Er überlegte, ob er eine Abkürzung über den Bergkamm nehmen und zum Tempel zurückkehren sollte, da spürte er plötzlich Gefahr.
Vor Hanzos Auftauchen hatte er das Handzeichen kai geübt. Es erweiterte das Bewusstsein und befähigte den Eingeweihten, Gefahren im Voraus zu erkennen. Sein Gefühl sagte ihm allerdings, dass nicht er in Gefahr war, sondern jemand anders, womöglich Hanzo. Von seinem Instinkt geleitet, rannte er durch den Wald. Das Gefühl wurde schnell stärker. An der Grenze des Dorfgebiets angekommen, hörte er Stimmen.
»Gib her und wir lassen dich am Leben«, knurrte ein Mann.
Jack gelangte zu einem felsigen Vorsprung und blickte hinunter. Auf einem Waldweg standen drei Männer, die einen vierten, jüngeren Mann umringten. Ihrem Aussehen nach zu schließe n – zerschlissene Kimonos, struppige Bärte und in den Händen Knüppel und Messe r – handelte es sich bei den drei Männern nicht um Samurai oder Ninja, sondern um Banditen.
Ihr Opfer war besser gekleidet. Es trug einen schlichten Reisekimono und hölzerne Sandalen. Ein Händler oder Handwerker, dachte Jack. Der junge Mann hielt mit zitternder Hand einen Beutel hoch und warf ihn dem mittleren Banditen zu, einem stiernackigen Mann mit niederträchtiger Miene und platt gedrückter Nase.
»Ist das alles?«, wollte der Anführer wissen und wog die Münzen in der Hand.
Das Opfer nickte stumm.
Der Bandit schnaubte. »Tötet ihn!«
»Aber du hast gesagt, du würdest mich am Leben lassen«, rief der junge Mann.
»Ich habe gelogen.«
Die beiden anderen Banditen näherten sich
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