Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
Unglückszahl. Sie wird uns Unglück bringen.«
»Miyuki«, sagte Tenzen leise und führte sie ein paar Schritte zur Seite. »Akiko ist womöglich Hanzos Schwester. Wenn das wahr ist, hat sie auch das Recht, bei seiner Befreiung mitzuhelfen. Für unser Unternehmen brauchen wir sowieso jeden, den wir haben.«
Akiko wandte sich an Jack. »Ich verstehe ja, dass Miyuki die Samurai hasst, aber was hat sie gegen mich? Wir stehen auf derselben Seite.«
»Sie braucht eine Weile, bis sie auftaut«, sagte Jack. »Aber sie hat ein gutes Herz, wenn sie erst Vertrauen zu dir gefasst hat.«
»Meinst du?« Akiko sah ihn zweifelnd an.
Während sie ihre Wunden versorgt und sich umgezogen hatten, hatte Kajiya im Wald ein kleines Feuer gemacht und etwas von dem Reis gekocht, den er im Tempel in einem großen Topf entdeckt hatte. Auch dabei handelte es sich um ein Geheimlager Sokes. Die warme Mahlzeit weckte ihre Lebensgeister wieder.
»Wir haben Proviant, Kleider und Waffen«, sagte Tenzen. »Jetzt brauchen wir nur noch einen Plan.«
48
Die Nebelburg
Kreuze säumten die Straße wie abgestorbene Bäume. Sie bildeten eine Allee bis zum Stadttor von Maruyama und boten Händlern und Reisenden ein grausiges Willkommen. Einige Arbeiter waren in der Stunde vor Sonnenuntergang damit beschäftigt, ein weiteres, letztes Kreuz zu errichten. Der Klang ihrer Hammerschläge drang bis zum Waldrand, wo sich die Ninja versteckt hatten.
Drei Tage waren seit dem Überfall auf das Dorf vergangen. Die Ninja hatten Akechis Armee am zweiten Tag eingeholt und waren ihr durch das Gebirge gefolgt. Die Gefangenen wurden rund um die Uhr bewacht, sodass an einen Befreiungsversuch nicht zu denken war. Tenzen schlug deshalb vor zu warten, bis die Samurai sich in Sicherheit wiegten. »Akechi weiß nichts von uns und rechnet bestimmt nicht damit, dass jemand seine Burg überfallen könnte. Wir haben also das Überraschungsmoment auf unserer Seite.« Die anderen stimmten zu.
Sie beobachteten, wie das letzte Kreuz aufgestellt wurde. Es war kleiner als die anderen. Ein Kreuz in Kindergröße.
Akiko unterdrückte einen entsetzten Schrei und auch Miyuki schlug sich die Hand vor den Mund. Jack überlief ein kalter Schauer. Daimyo Akechi war grausam und herzlos. Kein Wunder, dass die Ninja ihn so sehr verachteten.
»Akechi will ein Exempel statuieren«, sagte Tenzen voller Abscheu. »Er will die anderen Ninjadörfer davor warnen, ihm Widerstand zu leisten.«
Ein Rascheln in den Büschen kündigte die Rückkehr von Kajiya, Danjo und Kato an. In der hereinbrechenden Dunkelheit waren nur ihre Augen zu sehen.
»Ist alles bereit?«, fragte Zenjubo.
Der Schmied nickte.
»Wir greifen heute Nacht an«, bestimmte Tenzen.
»Sollten wir nicht wenigstens zuerst die Stadt auskundschaften?«, wandte Shiro ein.
»Das haben wir doch alles schon besprochen«, erwiderte Tenzen barsch. Shiros ständige Einwände machten ihn langsam ungeduldig. »Morgen Früh sind unsere Leute vielleicht schon tot.«
»Auf was warten wir dann noch?«, fragte Jack ungeduldig, der Soke bereits an Gemnans Baum hängen und Hanzo im Kessel kochen sah. Er zog die Kapuze ins Gesicht und rückte das Langschwert auf seinem Rücken zurecht. Tenzen hatte gemeint, zwei Schwerter seien für einen Ninja bei einer solchen Unternehmung nur hinderlich, deshalb hatte Jack sein Kurzschwert zusammen mit der restlichen Ausrüstung beim Tempel zurückgelassen.
»Warte«, sagte Zenjubo, sehr zu Shiros Erleichterung.
Zenjubo setzte sich mit gekreuzten Beinen und geschlossenen Augen hin und hielt die Hände mit gespreizten Fingern so, dass Zeigefinger und Daumen sich berührten. »On chirichi iba rotaya sowaka…«
Jack erkannte das Handzeichen für zai und das dazugehörige Mantra. Er zwang sich trotz seiner Ungeduld zu warten, bis Zenjubo seine Meditation abgeschlossen hatte. Unaufhörlich murmelte Zenjubo das Mantra, doch der Zauber, den er beschwor, schien wenig Wirkung zu tun.
Also warteten sie weiter. Es wurde Nacht und mit der Nacht kam die Kälte. Nebel wälzte sich wie der Atem eines Drachen über die Ebene. Zuletzt war die Stadt ganz im Dunst verschwunden und nur noch die Burg ragte daraus hervor wie ein einzelner gezackter Zahn aus dem Maul eines Monsters.
»Kasumiga Jo«, flüsterte Tenzen mit einem wissenden Lächeln. »Zenjubo wendet den legendären Schutzzauber der Nebelburg gegen sie selbst. Dann sind wir nur noch Schatten in der Nacht. Nicht einmal die Posten auf den Wachtürmen werden uns
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