Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
sie mit einem Ausruf aus ihren Sorgen. »Seht mal, sie haben Gefangene genommen!«
Der Junge zeigte ins Tal. Angeführt von Daimyo Akechi hatte eine Abteilung der siegreichen Samurai den Rückmarsch nach Maruyama angetreten. Hinter dem Daimyo schleppten sich ein paar Ninja her. Es waren nicht viele, vielleicht zwanzig, und sie boten einen jämmerlichen Anblick.
Jack schöpfte wieder etwas Zuversicht. Vielleicht war auch Hanzo unter ihnen. Doch dann erschrak er. »Daimyo Akechi wollte doch alle Ninjas töten. Warum macht er Gefangene?«
»Folter«, sagte Zenjubo bitter.
»Aber er hat doch gesiegt!«, rief Jack.
»Bestimmt will er jetzt auch noch wissen, wo die anderen Ninjaclans in seiner Provinz leben«, erklärte Tenzen und stand auf.
Zenjubo wandte sich an ihn. »Deine Augen sind schärfer als meine. Wer hat überlebt?«
Tenzen spähte mit zusammengekniffenen Augen in die Ferne und seine Miene hellte sich auf einmal auf. »Mein Vater geht zusammen mit Momochi voraus!«, rief er aufgeregt. »Und ich glaube, am Ende geht Soke.«
Auch Jack versuchte die Gesichter zu erkennen. Am Ende der Kolonne entdeckte er Sokes kahlen Schädel. Er stützte sich beim Gehen auf eine kleine Gestalt neben ihm.
»Hanzo lebt«, flüsterte Jack und sah Akiko erleichtert an.
Ihre Freude währte allerdings nur kurz, sofort mussten sie an das Schicksal denken, das Akikos Bruder erwartete. Jack erschauerte bei dem Gedanken, dass Hanzo in Gemnans Höllengarten gefangen sein würde. Er dachte an die Grube, den Baum, die spitzen Bambusschösslinge, den Kessel mit kochendem Wasser und das Kreuz.
»Wir müssen sie retten!«, sagte er.
Shiro, der bisher geschwiegen hatte, lachte nur verächtlich. »Was können wir denn schon tun? Wir sind nur zu acht.«
»Neun«, verbesserte Akiko.
»Seit wann bist du denn plötzlich ein Ninja?«, brauste Miyuki auf.
»Ich habe mich zum Ninja ausbilden lassen.«
»Dann bist du ein Spion!«
»Bist du einer?«
Miyuki durchbohrte sie mit ihrem Blick. »Und überhaupt, was gehen dich die Gefangenen an?«
»Mehr, als du denkst!«, erwiderte Akiko. Sie, die sonst so ruhig war, verlor allmählich die Fassung.
»Das kann ich nicht glauben«, gab Miyuki zurück und starrte sie an. »Samurai haben kein Herz.«
»Und du hast kei n …«
Tenzen schritt ein. »Genug!«, sagte er und trat zwischen die beiden. »Das hilft uns nicht weiter.«
»Ich verstehe nur nicht, was sie überhaupt hier zu suchen hat.« Miyuki blickte Akiko finster über Tenzens Schulter hinweg an.
»Jack muss ihr eine Nachricht geschickt haben«, sagte Shiro misstrauisch.
Entsetzt drehten sich alle zu Jack um.
»Hast du das?«, fragte Tenzen.
Jack nickte, zutiefst beschämt, dass er auf diese Weise bloßgestellt wurde. »Ich habe Akiko gebeten zu kommen.«
»Also hast du uns doch verraten!«, schäumte Miyuki.
»Nein! Die Nachricht war verschlüsselt. Daimyo Akechi wusste nichts davon und hätte sie nicht lesen können. Akiko hat sich nur zur Tarnung als einer seiner Soldaten ausgegeben. Den Standort des Dorfes hätte sie sowieso niemandem verraten.«
»Warum sollten wir das glauben?«, fragte Tenzen.
»Weil ich vermute, dass Hanzo ihr vermisster kleiner Bruder ist.«
Eine Weile herrschte fassungsloses Schweigen. Tenzen sah Akiko an und schien nicht zu wissen, ob er ihr nun vertrauen konnte oder nicht.
»Deshalb gehen mich die Gefangenen sehr wohl etwas an«, sagte Akiko heftig.
»Aber du bist ein Samurai«, widersprach Miyuki unbarmherzig. »Hanzo ist ein Ninja.«
Doch Akiko gab nicht nach. »Mein kleiner Bruder Kiyoshi wurde von Drachenauge entführt und bei einem Ninjaclan in diesem Gebirge versteckt. Wenn auch nur die entfernteste Möglichkeit besteht, dass Hanzo Kiyoshi ist, werde ich mein Leben riskieren, um ihn zu retten!«
»Dieses Mädchen hat mehr Feuer als mein Ofen«, bemerkte Kajiya, der auf der Treppe des Tempels saß. »Wenn wir Shonin und die anderen retten wollen, hätte ich es gern auf unserer Seite.«
Zenjubo brummte zustimmend.
»Dann wäre das beschlossen.« Tenzen verbeugte sich förmlich vor Akiko. »Ein Samurai könnte uns bei unserem Vorhaben sehr nützlich sein.«
»Du willst doch wohl nicht im Ernst Daimyo Akechis Armee angreifen, oder?«, fiel Shiro ihm mit ungläubig aufgerissenen Augen ins Wort.
»Ich weiß, dass unsere Chancen schlecht stehen«, erwiderte Tenzen. »Aber gegen Nobunagas Sohn standen sie noch viel schlechte r – und die Ninja haben trotzdem gewonnen.« Er sah die anderen
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