Samurai 4: Der Ring der Erde (German Edition)
in der Rüstung eines Samurai.
»Und?« Jack hielt in banger Erwartung den Atem an.
Akiko schwieg.
»Vielleicht willst du das Muttermal sehen?«
Akiko schüttelte den Kopf und lächelte, ihre Augen waren feucht. »Meine kachimushi!«
Hanzos Tränen versiegten augenblicklich. »D u … du redest wie die Frau aus meinem Traum.«
Jack stand fassungslos daneben. Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen. Die anderen Gefangenen in der Grube wechselten ratlose Blicke. Akiko weinte vor Freude, schob die Hände durch das Gitter und strich Hanzo zärtlich über das Gesicht. »Meine kleine Libelle, was haben sie mit dir gemacht?«
»Ich habe einem Samurai einen Tritt verpasst«, sagte Hanzo stolz. »Er wollte Großvater töten.«
»Ich weiß nicht, wer du bist und um was es hier geht«, sagte Shonin zu Akiko. »Aber jetzt ist nicht die Zeit für lange Erklärungen. Wir müssen schleunigst von hier weg.«
Akiko ließ sofort von Hanzo ab und wandte sich Miyuki zu. »Warum brauchst du so lange?«
»Kein Schlüssel passt!«, schimpfte Miyuki verärgert. »Ich habe sie alle schon zweimal durchprobiert.«
Akiko nahm ihr den Schlüsselbund weg, aber auch sie hatte kein Glück. In ihrer Enttäuschung packte sie das Gitter und rüttelte daran.
»Ich könnte das Schloss knacken«, schlug Jack vor. »Hast du einen möglichst spitzen shuriken, Tenzen?«
Tenzen gab ihm seinen dünnsten shuriken. Doch das Schloss erwies sich als stabiler als das des Käfigs. Die Spitze des shuriken blieb stecken und drohte abzubrechen.
»Es hat keinen Zweck«, sagte Jack nach dem fünften Versuch.
Wieder packte Akiko in ihrer Verzweiflung das Gitter. Ihrem Bruder so nahe und zugleich so fern zu sein machte sie fast wahnsinnig.
»Wer könnte den Schlüssel haben?«, fragte Shonin ruhig.
Jack wusste es und ein eiskalter Schauer überlief ihn. »Gemnan.«
51
Die schlafenden Samurai
»Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit«, sagte Tenzen warnend zu Jack und Miyuki, die den Schlüssel holen wollten. »Die Wache kann jeden Moment abgelöst werden.«
»Weißt du auch ganz bestimmt, wo Gemnans Zimmer liegt?«, fragte Miyuki.
»Im zweiten Stock«, antwortete Jack. Hoffentlich erinnerte er sich richtig! »Nach dem Gespräch mit Daimyo Akechi haben die Wachen mich wieder nach draußen gebracht. Aber wir haben auf der Treppe auf halbem Weg nach unten kurz Pause gemacht, während Gemnan in sein Zimmer ging. Ich weiß noch, wie er grinste und sagte, er müsse den Schlüssel für meine neue Unterkunft holen!«
»Bitte hol den Schlüssel, Jack!«, flehte Akiko. Sie kniete immer noch vor der Grube. »Ich will meinen Kiyoshi aus diesem Höllenloch holen und nach Hause bringen, wo er hingehört.«
»Hinterlasst keine Spuren und bleibt unsichtbar«, sagte Zenjubo. Er gab Jack sein Kletterseil.
Er teilte Momochis Meinung. Auch ihm war es gar nicht recht, dass ausgerechnet Jack ging, doch nur er war schon einmal im Hauptturm der Burg gewesen und kannte sich dort ein wenig aus. Miyuki hatte angeboten, ihn zu begleiten, da sie von allen die Beste im lautlosen Gehen war.
»Jack!«, rief Soke aus der Grube. »Ich vertraue dir, aber denk an das Reispapier. Ein Riss ist ein Riss.«
»Es wird sein wie damals, als ich Euch das Kissen unter dem Kopf weggezogen habe«, antwortete Jack, obwohl sie beide wussten, dass das nicht stimmte. Diesmal standen das Leben anderer Menschen und die Zukunft des Clans auf dem Spiel.
»Mögen die fünf Ringe dich leiten«, sagte Shonin noch. Die beiden wandten sich ab.
Miyuki ging voraus. Sie sprang wieder auf die Mauer und eilte auf ihr entlang. Jack folgte dicht dahinter. Sie sprangen von Mauer zu Mauer und von Dach zu Dach und erreichten den Hauptturm ohne Zwischenfälle. Nur im letzten Hof begegneten sie einer Samuraipatrouille. Sobald die Wachen um eine Ecke verschwunden waren, sprangen sie hinunter und rannten zum Sockel des Turms. Der Turm stellte sie vor eine größere Herausforderung als die Burgmauer. Die Fensterläden des ersten Stockwerks waren geschlossen und das untere Dach sprang vor. Um in den zweiten Stock zu gelangen, mussten sie die überhängende Traufe überwinden.
Miyuki nahm das Seil, ließ den Haken in der Hand kreisen und warf ihn hoch. Das Seil wickelte sich um einen Wasserspeier in Gestalt eines Fisches mit Tigerkopf, der von dem geschwungenen Dach des zweiten Stocks vorsprang. Miyuki zog daran, um sich zu vergewissern, dass es hielt, und kletterte hinauf. Jack hatte das untere Ende mit beiden Händen
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