Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
in einem Schmerzensschrei erstarrt. Jack wurde übel, wenn er nur daran dachte, wie kaltblütig Ronin den Mann ermordet hatte.
»Wie konntest du nur …?«
»Ich bitte vielmals um Entschuldigung«, schnarrte plötzlich eine Stimme. Ein runzliger Mann, der nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien, trat mit unsicheren Schritten aus seiner Hütte und reichte Ronin eine kleine Porzellantasse. »Der Beste der ganzen Provinz!«
Ronin schüttete den Inhalt auf einen Zug hinunter und schmatzte anerkennend. »Ein ausgezeichneter Sake, Böttcher. Entschuldigung angenommen.«
Der Böttcher grinste und zeigte dabei zwei Schneidezähne, die aus seinem ansonsten leeren Mund ragten.
Jack sah zuerst Ronin ungläubig an und dann die Leiche. »Wenn das der Böttcher ist, wer ist dann das?« Er zeigte auf den Toten.
»Keine Ahnung«, antwortete Ronin und gab dem Böttcher die Tasse lächelnd zurück. »Irgendein Samurai.«
»Er heißt – hieß – Manzo«, erklärte der Böttcher. »Der Zweikampf war sehr unterhaltsam, aber von kurzer Dauer.«
»Handelte es sich um ein ernsthaftes Kräftemessen oder nur eine Rauferei?«, fragte Ronin.
Der Böttcher zog die Nase hoch. »Wie ich gehört habe, prahlte der Mann damit, dass er mit seinen neuen Schwertern jeden besiegen könne. Ein Samurai auf Kriegerwallfahrt forderte ihn heraus. Er sollte seine Behauptung beweisen. Der ganze Ort war gestern versammelt, um dem Kampf beizuwohnen.«
Jack begriff, dass Ronin die ganze Zeit mit ihm gespielt hatte wie mit einem Fisch an der Angel. Ronin hatte wirklich einen makabren Humor. Nicht er war der Mörder, sondern ein anderer Samurai auf Kriegerwallfahrt hatte den Mann getötet.
»Nur der Tod kann den Narren eines Besseren belehren«, brummte Ronin und betrachtete die Leiche verächtlich. »Es zählt die Hand, die das Schwert führt, nicht das Schwert.«
»Wohl wahr.« Der Böttcher nickte. »Er besaß allerdings zwei hervorragende Schwerter, geschmiedet von keinem Geringeren als dem legendären Shizu!«
Jack war auf einmal hellwach. »Wie sahen sie aus?«
Der Böttcher überlegte einen Moment. »Hm, schwarze Scheiden mit Gold, vielleicht auch Perlmutt eingelegt … Ich weiß nicht mehr genau. Aber an die Griffe kann ich mich noch gut erinnern, sie waren sehr auffallend. Dunkelrot.«
»Die gehören mir!«, rief Jack.
Der Böttcher starrte ihn belustigt und zugleich ungläubig an.
»Jetzt nicht mehr«, erwiderte er. Dass Ronins Bursche ein so außergewöhnliches Schwertpaar besitzen wollte, weckte seine Neugier.
Jack kniete sich neben den Toten, um dem fragenden Blick des Böttchers zu entgehen.
»Kennst du ihn?«, fragte Ronin.
Jack betrachtete das Gesicht aufmerksam – die hohen Augenbrauen, die eingedrückte Nase, das vorspringende Kinn –, doch er schüttelte nur den Kopf.
Ronin blickte ebenfalls auf den Mann hinunter und strich sich nachdenklich über den Bart. »Mir kommt er irgendwie bekannt vor …« Er kniete sich neben Jack und untersuchte den blauen Kimono. »Aber er trägt kein Familienwappen und wir können nicht sicher sein, dass er es war, der …«
»Doch, ich bin mir sicher«, fiel Jack ihm ins Wort. Sein Blick war auf ein sternförmiges Loch am Kragen des Kimonos gefallen. »Er trägt einen Kimono von mir! Ich weiß noch, wie ich damit an einem Ast hängen geblieben bin und der Stoff am Kragen eingerissen ist.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern, sodass nur Ronin ihn hören konnte. »Und ich habe einen blauen Kimono ohne Wappen geschenkt bekommen, damit ich nicht als Mitglied einer Familie erkannt werde, die gegen den Shogun gekämpft hat.«
»Was für ein Jammer, dass der Kimono zerrissen und blutig ist«, sagte Ronin laut. Er hatte bemerkt, dass der Böttcher näher kam, um ihr Gespräch zu belauschen. Dann streckte er die Hand aus, zog dem Toten die Strohsandalen aus und gab sie Jack. »Aber die braucht er nicht mehr.«
Jack stand auf, wandte sich ab, damit der Böttcher sein Gesicht nicht sehen konnte, und schlüpfte in die Sandalen. Ein Frösteln überlief ihn, aber seine Füße waren trotzdem dankbar für die Annehmlichkeit.
»Du hast also den Dieb gefunden«, sagte Ronin, »und er hat seine wohlverdiente Strafe bekommen.« Er betrachtete die Wunde des Toten, ein Schnitt, der sich diagonal über dessen Brust zog, und fuhr mit dem Finger daran entlang. »Wer immer sein Gegner war, er kann jedenfalls ausgezeichnet mit einem Schwert umgehen. Das hier ist ein vollendet ausgeführter
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