Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
kesagiri .«
Der Böttcher hatte argwöhnisch die Stirn gerunzelt. »Wer ist dieser Junge …?«, wandte er sich an Ronin.
»Wer hat eigentlich den Sarg bezahlt?«, fiel Ronin ihm ins Wort.
»Einer seiner beiden angeblichen Freunde«, antwortete der Böttcher und tätschelte stolz sein Werk. »Sie sind gleich nach dem Zweikampf gegangen und haben nicht einmal die Beerdigung abgewartet. Merkwürdig, nicht wahr? Dass der, der den Sarg bezahlt, ihn nicht braucht, und der, der ihn bekommt, nichts davon weiß!«
»Wisst Ihr, in welche Richtung sie gegangen sind?«, fragte Jack.
Der Böttcher schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich weiß nur, wohin alle zuletzt gehen …« Er machte eine dramatische Pause, zeigte mit seinem langen, knochigen Finger auf den Boden und grinste.
Ronin machte sich daran, die Leiche gründlich zu durchsuchen.
»Da gibt es nichts mehr zu holen«, erklärte der Böttcher. »Seine Freunde haben alles mitgenommen, was er besaß … mit Ausnahme der Schwerter und dieses alten Inro.«
Er klopfte auf einen kleinen Behälter, den er an seinem Obi befestigt hatte.
»Ist das deiner?«, fragte Ronin Jack.
Jack schüttelte den Kopf. Das rechteckige Kästchen wies keinerlei Verzierungen auf und hing an einem elfenbeinernen Knopf in Gestalt eines Affen. »Nein, in meinen war ein Kirschbaum eingraviert und der Knopf hatte die Form eines Löwenkopfes.«
Ronin wandte sich wieder an den Böttcher. »Wo sind die Schwerter?«
»Der andere Samurai hat sie als Preis behalten.«
»Hat dieser Samurai auch einen Namen?«
»Oh ja. Er hat dafür gesorgt, dass alle ihn kennen. Er war sehr auf seinen Ruf bedacht und sagte, es sei der letzte Zweikampf seiner Kriegerwallfahrt gewesen und er sei kein einziges Mal besiegt worden.« Der Böttcher schob den fertigen Sarg neben den Toten. »Er heißt Matagoro Araki.«
»Hat er auch gesagt, wohin er unterwegs ist?«, fragte Jack. Hoffentlich hatte wenigstens dieser Samurai eine Spur hinterlassen, der sie folgen konnten.
Der Böttcher sah zwischen dem blutigen Leichnam und Jack hin und her. »Wenn du willst, dass es dir ähnlich ergeht, solltest du nach Kyoto gehen.«
10
Die Kreuzung
Beim bloßen Gedanken daran überlief Jack ein eisiger Schauer. Nach Kyoto zurückzukehren, wäre Selbstmord. Dort konnte er jederzeit erkannt werden. Er konnte einem alten Feind begegnen, einem Mitschüler, der zusammen mit ihm die Niten Ichi Ryu besucht hatte und dagegen gewesen war, dass ein Ausländer in die Geheimnisse der Kampfkünste eingeweiht wurde – wie Nobu, Hiroto, Goro oder natürlich seinem Erzrivalen Kazuki. Vor allem ihm wollte Jack nie mehr begegnen. Kazuki war von Hass auf alle Ausländer erfüllt, seit ein Ausländer vor vielen Jahren unabsichtlich und auf tragische Weise seine Mutter durch Übertragung einer tödlichen Krankheit getötet hatte. Jack, der einzige Ausländer an der Schule, war das Hauptopfer von Kazukis Schikanen gewesen.
Genauso gut konnte er in Kyoto allerdings auch einem Freund begegnen. Und bei diesem Gedanken verspürte er ein freudiges Kribbeln. Vielleicht sah er Saburo oder Kiku wieder, die während des Krieges an der Schule zurückgeblieben waren. Vielleicht war auch Sensei Kano, der die Flucht aus der Burg von Osaka angeführt hatte, an die Schule zurückgekehrt. Womöglich begegnete er sogar Emi und ihrem Vater Daimyo Takatomi, der in der Burg Nijo residierte. Jack wusste, dass man sie am Leben gelassen hatte und der Daimyo jetzt in Diensten des Shoguns stand.
Doch das Risiko war zu groß.
Außerdem bedeuteten ihm die Schwerter von Akikos Vater zwar viel, aber er musste vor allem den Portolan finden. Wenn die beiden Banditen ihn an sich genommen hatten, stand zu befürchten, dass sie den Wert, den das Buch vor allem für den Shogun hatte, nicht kannten. Vielleicht warfen sie ihn einfach weg oder schlimmer noch, sie machten damit Feuer.
»Na komm, entscheide dich!«, sagte Ronin ungeduldig.
Sie standen an der Kreuzung in der Mitte des Städtchens. Kizu lag als günstiger Zwischenhalt an der Straße zwischen Kyoto und Nara und war deshalb für einen ländlichen Ort ungewöhnlich belebt. Scharen von Fußgängern waren in alle Richtungen unterwegs.
Jack zögerte immer noch.
»Kyoto liegt im Norden.« Ronin zeigte auf die lange Holzbrücke, die über den Kizu führte.
Und dort erwartet mich viel Ärger, dachte Jack.
Hinter ihm, im Osten, lag das Iga-Gebirge und dahinter kam Toba, verbunden mit der trügerischen Hoffnung, bei Akiko
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