Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
dem Heike Monogatari und erzählte von legendären Schlachten und tapferen Samurai und …«
Plötzlich blieb sie stehen, legte den Kopf schräg und lauschte auf ein merkwürdiges Geräusch. Auch Jack hörte es. Sie sahen einander an und dann nach vorn zu Ronin. Zu ihrem großen Erstaunen sang er leise vor sich hin – wenn man sein unmelodisches Brummen denn Singen nennen konnte. Jack hatte schon bemerkt, dass Ronins Bewegungen im Lauf des Tages anders geworden waren. Ronin hatte darauf bestanden, für unterwegs neben dem anderen Proviant noch zwei weitere Flaschen Reiswein zu kaufen. Die erste hatte er bereits geleert, jetzt war er offenbar bei der zweiten angelangt. Beim Gehen schwankte er deutlich abwechselnd nach rechts und links.
»Tanzt er?«, fragte Hana ungläubig.
Auch Jack wollte seinen Augen nicht trauen. Es sah tatsächlich so aus, als tanze Ronin. Jedenfalls vollführte er entsprechende Schritte und bewegte die Arme dazu. Jack wechselte noch einen Blick mit Hana, dann war es um seine Fassung geschehen. Sie mussten beide über den absonderlichen Anblick kichern. Ronin schien es nicht zu bemerken.
»Was für eine lustige und zugleich merkwürdige Reisegruppe!«
Eine dunkle Gestalt war unvermittelt vor ihnen auf die Straße getreten, breitschultrig wie ein Ochse, die Haare zu einem Zopf zurückgebunden und mit einer Nase, die breit und aufgebläht war wie die eines Schweins. In der Hand schwang die Person nachlässig eine große Holzkeule.
»Ein betrunkener Samurai, ein kicherndes Mädchen und ein Gaijin!«
Ronin hielt schwankend an, wie überrascht über das plötzliche Auftauchen des Fremden.
In den umliegenden Büschen raschelte es und fünf weitere Männer traten heraus. Einer trug ebenfalls eine Keule und war klein und untersetzt. Der Mann, der Jack am nächsten stand, hatte eine Glatze und muskulöse Arme und hielt eine Axt. Neben ihm stand ein mit einem Stock bewaffneter jüngerer Mann. Der vierte hielt einen Speer mit einem grässlichen Widerhaken, der fünfte, der spindeldürr war, näherte sich ihnen von hinten und starrte Hana mit gefletschten Zähnen an, in denen eine große Lücke klaffte. Offenbar hatte ihm jemand einen Zahn ausgeschlagen. In der Hand hielt er ein blutbeflecktes Messer.
Die Banditen umzingelten sie. Hana drängte sich an Jack.
»Wir sind so gut wie tot«, flüsterte sie.
20
Die Betrunkene Faust
Jack lächelte Hana beruhigend an, ohne die Banditen aus den Augen zu lassen. »Keine Sorge, wir haben Ronin auf unserer Seite.«
Hana starrte ihn an, als sei er verrückt geworden. »Aber er ist betrunken!«
»Eben!« Jack hob seinen Stab, um bereit zu sein, wenn Ronin losschlug.
»Wenn ihr passieren wollt, müsst ihr Zoll zahlen«, erklärte der Anführer der Banditen.
Ronin rülpste geräuschvoll. »Wie viel?«
»Alles, was ihr habt.«
»Ah, gut!«, rief Ronin fröhlich. »Wir haben nichts … also können wir ungehindert passieren.«
Er bedeutete Jack und Hana weiterzugehen und setzte sich ebenfalls in Bewegung. Doch der Anführer legte ihm die Hand auf die Brust.
»Da bin ich anderer Meinung, Samurai. Gib uns erst einmal die Flasche.«
»Die da?«, lallte Ronin und schüttelte die Flasche. »Die ist leer.« Wie zum Beweis trank er rasch den letzten Schluck.
»Aber wie ich sehe, hast du noch eine zweite bei dir! Gib sie her …«
Ronin tat, als habe er sich verschluckt, und spuckte dem Banditen den Reiswein mitten ins Gesicht. Der Mann heulte auf, denn der Alkohol brannte ihm in den Augen. Ronin wankte betrunken einen Schritt auf ihn zu, schlug ihm mit dem Kopf auf die Nase und brach sie. Taumelnd und mit blutüberströmtem Gesicht wich der Bandit zurück.
»Ergreift sie!«, brüllte er.
Sofort stürzte sich sein stämmiger Kumpan mit der Keule auf Ronin. Ronin torkelte zur Seite und ruderte mit den Armen, wie um das Gleichgewicht zu halten. Mühelos wich er der Keule aus, hob den Arm und zerschlug die tönerne Flasche auf dem Kopf des Mannes. Er hatte das Bewusstsein verloren, noch bevor er auf dem Boden aufkam.
Jetzt griff Jack ein. Er wirbelte seinen bo durch die Luft und schlug ihn dem ihm nächsten Banditen auf die Fingerknöchel. Der Mann stöhnte vor Schmerzen auf und ließ seine Axt los. Sie fiel ihm auf den Fuß und trennte dabei den kleinen Zeh ab. Vor Schmerzen sprang der Mann hin und her und gab ein leichtes Ziel ab. Jack ließ seinen Stab erneut kreisen und schlug ihm die Beine unter dem Leib weg. Ein abschließender Stoß in den Bauch
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