Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
versprochen …«
Ronin wischte Jacks Protest mit einer Handbewegung beiseite. »Probier das!«, sagte er und reichte ihm eine der kleinen getrockneten Früchte. »Eine in Salz eingelegte Pflaume.«
Auch Hana nahm eine. Mit einem ungeduldigen Seufzer fügte sich Jack und biss in die Frucht. Fast hätte er sie wieder ausgespuckt. Sie schmeckte ekelhaft sauer und salzig.
Ronin amüsierte sich königlich über sein angewidertes Gesicht.
»Iss sie auf!«, befahl er. »Das hilft gegen Müdigkeit in der Schlacht.«
Hana kaute begeistert. »Und wenn man jeden Morgen eine isst, ist man gegen Unglück gefeit«, fügte sie hinzu.
»Das überrascht mich nicht«, erwiderte Jack mit einer Grimasse. »Ich kann mir sowieso nichts Schlimmeres vorstellen!«
Ronin schenkte sich wieder Pflaumenwein ein. Die Flasche leerte sich zusehends, während Jack immer ungeduldiger zum Aufbruch drängte.
»Jetzt müssen wir aber wirklich gehen«, mahnte er. »Du hast gesagt, es sei noch ein ziemliches Stück bis Kyoto. Wenn wir so lange Pause machen, kommen wir erst nach Einbruch der Dunkelheit an.«
»Nach diesem Becher ist Schluss«, versprach Ronin. Seine Aussprache war vom Alkohol schon etwas undeutlich geworden.
Als kurz darauf ein anderer Gast aufstand, um zu gehen, beugte er sich vor und flüsterte Jack ins Ohr: »Sagtest du nicht, auf deinem Inro sei ein Kirschbaum eingraviert?«
Jack nickte. »Und er hatte einen Löwenkopf als Knopf.«
»Dann hat der Mann da drüben deinen Inro.«
22
Inro
Sie bezahlten und eilten hinter dem Gast her nach draußen. Der Mann trug einen vornehmen tiefgrünen Seidenkimono und sah aus wie ein erfolgreicher Kaufmann auf dem Weg nach Kyoto.
Jack bekam den Inro nur flüchtig zu sehen, als der Mann in seine Sänfte stieg, doch der kleine Behälter glich dem seinen auf bemerkenswerte Weise.
Der Inro, den Daimyo Takatomi Jack als Belohnung dafür geschenkt hatte, dass er einen Anschlag des Ninja Drachenauge auf den Daimyo verhindert hatte, war etwas ganz Besonderes – gefertigt aus mehrfach lackiertem Holz, verziert mit Blattgold und -silber und einem in das Holz geschnitzten Kirschbaum, dessen Blüten mit Elfenbein eingelegt waren.
Der Knopf des Inro war aus demselben Material geschnitzt und hatte die Form eines Löwenkopfes.
»Du könntest Recht haben«, sagte Jack.
Die beiden Träger hoben die geschlossene Sänfte hoch und wandten sich in Richtung Kizu.
»Dann ihm nach!«, rief Hana.
»Aber es ist nur ein Behälter«, gab Jack zu bedenken, der nicht schon wieder umkehren wollte.
»Und wenn der Mann mit dem Überfall auf dich zu tun hat?«, fragte Ronin. »Oder weiß, wer dich überfallen hat?«
Er hatte Recht. Sie mussten dem Fremden folgen. Womöglich führte der Inro sie sogar zum Portolan.
Die Sänfte war bereits um die Ecke gebogen und entfernte sich rasch zwischen den Bäumen. Sie durften keine Zeit mehr verlieren. Hastig folgten sie ihr. Jack und Hana liefen voraus und der beschwipste Ronin folgte in einigem Abstand. Die beiden Träger waren offenbar sehr kräftig, denn die drei brauchten eine Weile, bis sie die Sänfte eingeholt hatten – sie stand leer auf einer kleinen Lichtung, während die Träger an einem Bach Pause machten.
Die drei duckten sich in den Schutz der Bäume.
»Wo ist der Kaufmann?«, flüsterte Hana.
»Ich bleibe hier … und ihr sucht ihn«, schlug Ronin vor. Er nahm einen Schluck Sake, während er sich vom Laufen erholte.
Jack und Hana umrundeten die Lichtung und entdeckten schließlich den Kaufmann. Er hockte im Gebüsch. Sie winkten Ronin herbei und umzingelten den Mann. Der Kaufmann schrie erschrocken auf, als er sie bemerkte.
»Zeigt uns Euren Inro!«, befahl Ronin.
Der Kaufmann starrte die drei Störenfriede entgeistert an. »Kann man denn nicht einmal mehr sein Geschäft verrichten, ohne ausgeraubt zu werden?«
Hana hatte Mühe, ein Kichern zu unterdrücken.
»Wir wollen Euch nicht ausrauben«, erklärte Jack rasch. »Wir wollen nur … einen Blick auf Euren Inro werfen.«
Mit zitternden Händen reichte der Mann ihm seinen Inro. Den Knopf bildete zwar ein schön geschnitzter Löwenkopf, aber der Behälter selbst war mit einer Zeder verziert, nicht mit einem Kirschbaum.
»Ich bitte um Entschuldigung, das ist nicht meiner«, sagte Jack und gab ihn verlegen zurück.
»Natürlich ist das nicht deiner!«, schimpfte der Kaufmann. »Ich habe ihn erst gestern in Kyoto gekauft.«
Die drei entfernten sich betreten, überließen den Kaufmann seinem
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