Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
morgen nicht durch eine solche List täuschen!«
29
Tödliche Drohung
Donnernd stürzte das Wasser über die Felsnase in die üppig bewachsene Schlucht hinunter. Dunst hing wie ein silbriger Schleier vor der herrlichen Aussicht auf das im Tal gelegene Kyoto. Der mystische Anblick wurde noch durch das goldene Herbstlaub verstärkt, das die Bergflanken bedeckte und unter den Strahlen der aufgehenden Sonne von innen heraus zu leuchten schien.
Jack sah von seinem Platz am Flussufer auf das geschwungene Dach der Pagode des Kiyomizudera und die restliche Tempelanlage hinunter. Mönche in safrangelben Gewändern und reisemüde Pilger standen, ohne etwas von dem Duell zu ahnen, das demnächst über ihnen stattfinden würde, auf der hölzernen Plattform, die in die Schlucht hineinragte und Besuchern den Zugang zum legendären heilkräftigen Wasser des Geräusch-von-Federn-Wasserfalls ermöglichte.
Als Jack das letzte Mal hier gewesen war, hatte er das Jadeschwert geholt. Von dort, wo er stand, sah er den Schrein, in dem es untergebracht war. Er stand auf einer kleinen Insel unmittelbar vor dem Wasserfall, vom Ufer nur über einige gefährlich rutschige Trittsteine zu erreichen. Damals beim Wettkampf gegen Yamato war er als Erster dort angelangt. Doch dann hatten sie sich an der Felswand des Wasserfalls hängend erbittert gestritten und waren beide in das mit Wasser gefüllte Becken unter ihnen gestürzt. Sie hatten Glück gehabt, dass sie nicht ertrunken waren oder sich das Genick gebrochen hatten.
Auf einem Weg entlang der Bergflanke näherte sich Araki.
»Ich glaube jetzt übrigens, dass die Schwerter Eurem Herrn gehören!«, rief er und klopfte auf die roten Griffe des Schwertpaars an seiner Hüfte. »Dass er sein Leben riskiert, um sie wiederzubekommen, ist der Beweis.«
»Sind sie das?«, fragte Ronin leise. Hana stand mit Jacks Stab neben ihnen.
Schwarze, mit Perlmutt eingelegte Scheiden und rot umwickelte Griffe. Jack nickte. Er hatte seine Schwerter gefunden!
Jetzt musste er um sie kämpfen.
Araki wurde von einem ganzen Schwarm von Schülern der Yagyu Ryu begleitet. Offenbar genoss er unter ihnen großes Ansehen und keiner wollte sich die Gelegenheit entgehen lassen, das große Vorbild kämpfen zu sehen. Als er seine Überjacke ablegte, waren sofort zwei Schüler zur Stelle, um sie zu halten.
Araki streckte sich, zog seinen Gürtel enger um die Hüften und schob die Schwerter zurecht.
»Bekomme ich das Gesicht meines Gegners zu sehen, bevor wir anfangen?«, fragte er und sah Ronin mit erhobenen Augenbrauen an.
Bevor Ronin antworten konnte, ertönte lautes Rufen. Raiden und Toru, die beiden Hünen, schoben sich durch die Menge und machten den Weg für Kazuki und seine Skorpion-Bande frei. Die Ankömmlinge umringten Jack, Ronin und Hana.
»Ich will sein Gesicht auch sehen!«, rief Kazuki.
Jack hatte nicht geglaubt, dass seine Lage noch schlimmer werden könnte. Doch jetzt gab es kein Verstecken mehr. Wenigstens hielt er, wenn er getötet wurde, ein Schwert in der Hand und würde hoch erhobenen Hauptes untergehen.
»Kazuki«, begrüßte er seinen alten Rivalen mit einer knappen Verbeugung. Er gab Ronin den Strohhut. »Was macht die Hand?«
»Der Gaijin-Samurai!«, rief Araki mit einem erfreuten Lächeln.
»Du bist es also tatsächlich!«, schnaubte Kazuki, einen Augenblick wie gelähmt vor Verblüffung und Wut. »Ich hörte, dass hier um zwei Shizu-Schwerter gekämpft werden soll, und wusste, dass du Masamotos Schwerter hattest. Aber die Schwerter von Araki-san sind nicht die von Masamoto!«
»Nein, sie gehörten Akikos Vater«, erwiderte Jack. »Akiko hat mir erlaubt, sie zu tragen.«
»Akiko? Sie lebt? Ich dachte … Ich hatte gehofft, ich hätte diese Verräterin getötet!«
»So schnell geht das nicht«, erwiderte Jack.
Kazuki hob die rechte Hand. Er trug einen schwarzen Handschuh. Seine Finger waren gekrümmt und zu einer Klaue erstarrt.
»Daran ist sie schuld!«, fauchte er wutentbrannt. »Sobald ich dich getötet habe, werde ich deine geliebte Akiko für ihre Verbrechen bestrafen. Und wenn ich mit ihr fertig bin, wird ihr Gesicht nicht mehr so schön anzusehen sein.«
Auch in Jack regte sich jetzt die Wut. Er war wütend auf sich selbst, weil er verraten hatte, dass Akiko noch lebte. Und auf Kazuki wegen dessen hasserfüllter Drohung. Nie würde er zulassen, dass Kazuki Akiko etwas zuleide tat.
»Ist sie mit dir in Kyoto?«, wollte Kazuki wissen.
Jack schwieg. Akiko war trotz seines
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