Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
schlimmer als der Teufel? Die Armen haben es, die Reichen brauchen es, und wenn du es isst, stirbst du daran. Sage es mir und ich gebe es dir.
»Woher soll ich das wissen?«, rief Jack. Dünn und verloren tönte seine Stimme durch die leere Halle. Die Worte des Rätselmönchs verfolgten ihn und hatten sich regelrecht in seinem Kopf festgesetzt.
Jack erhob sich und ging langsam um den bronzenen Buddha herum – die Hände vor sich ausgestreckt, bereit, einen Überraschungsangriff abzuwehren.
Wisse denn: Was du findest, ist verloren. Was du gibst, erhältst du wieder. Was du bekämpfst, wird besiegt … Was du bekämpfst, wird besiegt … Was du bekämpfst, wird besiegt …
Jack ging vorsichtig weiter und stand plötzlich direkt vor einem feuerroten Ungeheuer. Furchterregend, mit einem struppigen Schnurrbart und einem einzigen schwarzen Auge ragte es über ihm auf. In seiner Panik merkte er nicht, dass es sich dabei lediglich um einen Daruma, eine überlebensgroße Puppe, handelte. Er erschrak so sehr über die unerwartete Erscheinung, dass er Hals über Kopf floh.
Er stürzte nach draußen. Sein Herz hämmerte wie wild. Zwar ahnte er, dass seine Fantasie mit ihm durchgegangen war, aber das machte seinen Schrecken nicht weniger wirklich. Außerdem war er überzeugt, die Gegenwart des Rätselmönchs gespürt zu haben. Ein Schauer überlief ihn.
Auf der Treppe blieb er stehen, um zu verschnaufen. Da hörte er Hana plötzlich gellend schreien …
28
Pflaumenbaumpfähle
Im selben Moment, in dem Jack in den Garten rannte, schlug Hanas Schmerzensschrei in Lachen um – dasselbe Lachen, das er in der Buddha-Halle gehört hatte. Ronin saß mit untergeschlagenen Beinen auf der Veranda des Gartens und hatte das Kinn auf den Griff des Übungsschwertes gestützt, das er aus dem Butokuden mitgenommen hatte. Hana lag inmitten eines kleinen Walds von Pfählen auf dem Boden.
»Du musst dich entspannen …«, erklärte Ronin.
»Wie soll das gehen? Ich falle immer herunter!« Hana rieb sich den Hintern.
Ronin sah sie streng an. »Unterbrich mich nicht! Wenn du etwas lernen willst, musst du den Mund halten und zuhören.«
Hana nickte gehorsam und presste die Lippen zusammen.
»Ein starrer Körper verliert schnell das Gleichgewicht«, fuhr Ronin fort. »Ein Krieger dagegen, der sich geschmeidig und fließend bewegt, als sei er betrunken, kann seinem Gegner leicht ausweichen und aus jedem Winkel zuschlagen. Um aber die Kunst des Gleichgewichts zu beherrschen, musst du zuerst deine Mitte finden.«
Als Hana Jack kommen sah, winkte sie ihm zu. »Ich habe dir etwas zu essen aufgehoben!«, rief sie und zeigte auf einen mit Reis und Fisch beladenen Teller. Dann erst bemerkte sie Jacks erschrockenes Gesicht. »Ist was?«
»Ich dachte, du bräuchtest Hilfe!«
Hana lachte. »Die brauche ich auch! Ronin unterrichtet mich gerade.«
»Und ich habe eine ungeschickte Schülerin!«, brummte Ronin unwirsch. Er nahm einen Schluck Sake und wandte sich an Jack. »Du stellst dich hoffentlich besser an.«
»Was ist das?«, fragte Jack und betrachtete ein Dutzend in den Boden gerammte Pfähle, die zu einer Spirale angeordnet waren und verschieden hoch aus der Erde ragten.
»Das sind Pflaumenbaumpfähle«, erklärte Hana eifrig. »Ronin hat sie so aufgestellt, damit ich meinen Gleichgewichtssinn trainiere.«
Sie sprang auf den ersten Pfahl und trat von dort auf den nächsthöheren.
»Je höher man kommt, desto mehr wackeln sie«, erklärte sie und ruderte mit den Armen. »Und desto schwerer ist es auch …« Im nächsten Augenblick fiel sie hinunter, landete diesmal aber auf den Füßen. »Es ist wirklich nicht leicht!«
Ronin schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Denk an deine Mitte!«, rief er.
Er stand auf, ging zu den Pfählen hinüber und sprang mühelos hinauf. Auf halbem Weg nach oben lehnte er sich zurück und bildete mit seinem Körper einen Bogen. Dem Aussehen nach schien er überhaupt nicht im Gleichgewicht zu sein und drohte abzustürzen.
Er zeigte auf seinen Bauch. »Wenn ich mich bewege, ist meine Mitte immer über meinem Schwerpunkt.« Er zeigte auf seine Füße. »So bleibe ich immer im Gleichgewicht.«
Er sprang weiter, erreichte den höchsten Pfahl, stellte sich auf ein Bein und hob kampfbereit die Arme. »Du musst geschmeidig wie eine Katze sein!«
Damit sprang er wieder hinunter und landete behände neben Jack. »Jetzt versuch du es. Und denk dran, das Gewicht auf die Fußballen zu verlagern.«
Jack
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