Samurai 6: Der Ring des Feuers (German Edition)
reichte.
Auch Jack war beeindruckt.
Der junge Samurai hatte einen mächtigen Brustkorb, Beine wie Baumstämme und mit Muskeln bepackte Arme. Seine zu einem Knoten aufgebundenen Haare waren glatt und glänzten kohlrabenschwarz, sein Gesicht wirkte wie aus Granit gemeißelt.
»Yuudai ist groß für sein Alter«, gab Hayato zu. »Aber deshalb ist er ja gerade ein außergewöhnlicher Samurai.«
Eine dürre Frau mit runzeliger grauer Haut kam in diesem Moment mit wütend zusammengekniffenen Augen aus dem Speicher marschiert.
»Warum braucht ihr so lange?«, rief sie und fuchtelte drohend mit einer dünnen Bambusrute in der Luft herum. »Wir müssen noch drei Schiffe ausladen. Beeilt euch!«
Sie schimpfte, als sei sie der Shogun persönlich, und scheuchte Yuudai und die anderen Träger in den Speicher zurück. Einem der Männer, der für ihren Geschmack offenbar zu langsam war, zog sie dabei die Rute über die Beine.
»Die ist ja noch schlimmer als meine Mutter!«, bemerkte Saburo, während der Träger humpelnd in den Speicher zurückeilte.
Da ertönte plötzlich ein spitzer Schrei.
»Klingt, als hätte der junge Samurai genug von ihr gehabt«, meinte Jack. Sie rannten zum Speicher, um nachzusehen, was passiert war.
Dort angekommen, sahen sie die Frau zitternd auf einem leeren Wagen stehen, ihren Kimono fest um ihren dürren Körper gezogen.
»Tötet sie!«, kreischte sie und zeigte auf eine kleine Maus auf dem Boden. »Tötet sie!«
Einer der Träger ergriff einen Besen und schlug nach dem Tier, aber es war schneller. Wie der Blitz huschte es an einem Rad des Wagens hinauf und über die Füße der Frau. Die sprang daraufhin wie eine verrückt gewordene Marionette auf dem Wagen herum, während sich die Träger mühsam das Lachen verkniffen.
»Du, Samurai!«, brüllte sie mit vor Panik vorquellenden Augen. »Hilf mir gefälligst!«
Yuudai trieb die kleine Maus in eine Ecke, bückte sich und nahm sie vorsichtig in seine großen Hände.
»Zerquetsch sie!«, befahl die Frau.
Doch Yuudai beachtete sie nicht, sondern ging nach draußen und zum anderen Ende des Kais. Dort setzte er die Maus am Ufer ab und sah zu, wie sie verschwand.
Die Frau folgte ihm wutschäumend bis zum Tor des Speichers. »Ich habe gesagt, du sollst das schreckliche Tier töten!«, herrschte sie ihn an.
»Was hat die Maus Euch denn getan?«, fragte Yuudai seelenruhig. Seine Stimme klang sanft.
Die Frau biss sich zornig auf ihre Lippen, während sie nach einer passenden Antwort suchte. »Wie kannst du es wagen, dich meinen Befehlen zu widersetzen!«, fauchte sie schließlich. »Du bekommst heute nur die halbe Essensration. Und jetzt an die Arbeit, ihr alle!«
Sie schlug mit ihrer Rute und die Träger kehrten eilends an ihre Aufgaben zurück. Die kurze Pause war vorbei. Yuudai folgte ihr mit einem überdrüssigen Seufzer nach drinnen.
»Etwas zu sanft für einen Samurai, oder?«, bemerkte Saburo.
»Aber bärenstark!«, erwiderte Jack.
»Also ich mag ihn«, sagte Yori. »Er achtet das Leben.«
»Was nützt ihm das, wenn er es mit einem blutrünstigen Banditen wie Akuma zu tun hat?«, entgegnete Toge.
»Er ist vertrauenswürdig und treu«, sagte Hayato. »Und das zählt viel.«
Toge war noch nicht überzeugt. »Wenn er ein Samurai ist, warum arbeitet er dann hier als Träger?«
»Er hat keine Eltern mehr und muss zusehen, wie er über die Runden kommt«, erklärte Hayato. »Und nur wenige Fürsten nehmen so junge Samurai in ihre Dienste.«
»Glaubst du, er würde bei uns mitmachen?«, fragte Jack.
Hayato nickte zuversichtlich. »Seine gegenwärtige Arbeit scheint ihm nicht viel Spaß zu machen. Und er braucht etwas zu essen, damit er bei Kräften bleibt.«
Jack sah Yori verschmitzt an. »Erinnert dich das an jemanden?«, flüsterte er.
Yori warf Saburo einen Blick zu und unterdrückte ein Kichern.
Sie warteten, bis die Träger um die Mittagszeit eine kurze Pause machten. Yuudai setzte sich an das Ende des Kais und ließ die Beine über die Kante baumeln. Seine Füße berührten beinahe das Wasser. Hayato ging zu ihm und sprach ihn an, da er ihn kannte.
Jack und die anderen verfolgten das Gespräch aus einiger Entfernung. Hayato zeigte auf die Bauern und die drei jungen Samurai. Yuudai hörte ihm aufmerksam zu und kaute langsam weiter. Schließlich war Hayato fertig und wartete mit einer Verbeugung auf Yuudais Antwort.
Die anderen reckten gespannt die Hälse.
Yuudai wischte seine Hände an einem Tuch ab, stand auf und kam
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