Samurai 6: Der Ring des Feuers (German Edition)
langsam näher. Die hölzernen Planken knarrten unter seinem Gewicht. Vor Jack blieb er schließlich stehen, blickte auf ihn herunter und lächelte. »Dein Angebot klingt ehrenwert und verlockend.«
Jack verbeugte sich. »Wann kannst du zu uns stoßen?«
»Jetzt gleich«, antwortete Yuudai, kehrte zum Speicher zurück, holte sein Schwert und hängte es sich über den Rücken. Trotz der extralangen Klinge wirkte es in seinen Händen wie ein Kinderspielzeug.
Im selben Moment eilte die Frau aus dem Speicher. »Schluss mit Faulenzen!«, keifte sie. »Zurück an die Arbeit!«
Die anderen Träger erhoben sich lustlos.
»Wo willst du hin?«, wandte sie sich argwöhnisch an Yuudai.
Yuudai verbeugte sich höflich. »Ich habe jetzt eine andere Arbeit.«
Das Gesicht der Alten wurde ganz spitz vor Empörung. »Wenn du jetzt gehst, brauchst du gar nicht mehr wiederzukommen!«
»Da würde ich nicht lange zögern«, bemerkte Saburo mit einem Grinsen und wandte sich mit dem neuen Gefährten zum Gehen.
Wütend starrte die Frau ihrem besten Arbeiter nach und schlug mit ihrer Rute so heftig auf ein Sakefass, dass sie zerbrach.
»Das ist deine Schuld!«, brüllte sie und reckte ihre Faust in die Höhe. »Du bist mir eine neue Rute schuldig!«
15
Die Zeit wird knapp
»Jetzt brauchen wir nur noch zwei«, sagte Jack, als sie sich aufteilten, um in Okayama nach weiteren Samuraischülern Ausschau zu halten. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit hatte er sein dem Dorf gegebenes Versprechen fast erfüllt. Doch Markttag und Wettbewerb waren vorbei und Okayama war wie leer gefegt.
Ein ganzer Nachmittag verging und sie begegneten nur einem Samurai, der infrage kam, einem Mädchen. Sie lehnte gleich ab, mit der Begründung, ihre Eltern würden es nicht erlauben. Doch Jack sah die Angst in ihren Augen, als er von Akuma sprach. Er konnte es ihr nicht verdenken. Das Dorf zu verteidigen, war schließlich kein Kinderspiel. Sie würden kämpfen müssen und Akuma würde keine Gefangenen machen.
»Vielleicht hatten Saburo und Hayato mehr Glück«, meinte Yori.
Die beiden hatten nach den Geschwistern suchen wollen, die am Vortag beim Wettbewerb zugesehen hatten.
Jack nickte. »Hoffentlich.«
Sora führte sie und den hünenhaften Yuudai zu ihrem Quartier zurück. Auf dem Weg durch die verschlungenen Gassen wagte es niemand, sich ihnen zu nähern, und zum ersten Mal seit vielen Monaten fühlte Jack sich einigermaßen sicher. Als er Yuudai sein Gesicht gezeigt hatte, hatte dieser sich nur höflich verbeugt und mit einem freundlichen Lächeln gesagt: »Ein Freund von Hayato ist auch mein Freund.«
Kunio, der an der Tür des Speichers lehnte, sehnte bereits ihre Rückkehr herbei. Als er Yuudai erblickte, fiel er fast um. Unfähig, seinen Blick von dem Neuankömmling loszureißen, starrte er ihn unverwandt an.
»Das tut man nicht!«, zischte Toge.
Doch Kunio war vor Ehrfurcht wie erstarrt und konnte nicht anders, deshalb schob Toge ihn kurzerhand durch die Hintertür nach draußen und befahl ihm, nach Brennholz zu suchen. Wenige Minuten später kam Neko mit frisch gebrühtem Grüntee. Als sie Yuudai sah, ließ sie fast die Kanne fallen. Sie verbeugte sich aufgeregt und schenkte dem Samurai mit zitternden Händen ein. In ihrer Hast verschüttete sie ein wenig von dem Tee. »Sie ist taub und stumm«, sagte Toge entschuldigend und stieß Neko, beschämt über ihr Missgeschick, zur Seite.
»Lass sie«, knurrte Yuudai mit einem strengen Blick. »Menschen mit Ohren hören meist sowieso nicht zu.«
Toge zog sich daraufhin kleinlaut in seine Ecke zurück. Yuudai lächelte Neko freundlich an und bedeutete ihr, ihm erneut einzuschenken. Anschließend verbeugte er sich dankbar. Nachdem Neko auch Jack und Yori eingeschenkt hatte, zog sie sich zurück. Jack sah allerdings, dass sie durch einen Spalt in der Wand spähte, während sie den Reis zum Abendessen wusch. Kurz darauf kehrten auch Saburo und Hayato zurück. Sie sahen müde aus.
»Wir haben die beiden gefunden«, sagte Saburo.
»Aber leider kamen wir zu spät«, fügte Hayato hinzu. »Sie waren bereits auf einem Schiff, das nach Imaban im Süden fährt.«
»Dann ist alles aus«, sagte Sora betrübt. »Unser Dorf ist unrettbar verloren.«
»Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben«, entgegnete Yori. »Morgen suchen wir weiter.«
»Was nützt das?«, erwiderte Toge. »Wir sollten zurückkehren und uns vorbereiten. Die Zeit wird knapp!«
»Aber wir haben noch keine sieben Samurai«, widersprach
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