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San Miguel: Roman (German Edition)

San Miguel: Roman (German Edition)

Titel: San Miguel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Pillen und Salben und vielleicht irgendwie zusammengeflickt, aber gesund. Die Ruder hoben sich und tauchten ein, der schlanke, schmale Bug näherte sich, und es dauerte einen Augenblick, bis sie merkte, dass sie sich irrte. Das war nicht Herbie. Das war er nicht.
    Der Regen trieb in Schwaden dahin. Die Brandung donnerte. Sie spürte, dass alle Willenskraft sie verließ. Sie sah dem Boot zu, als wäre es eine Gewehrkugel, die in Zeitlupe genau auf sie zuflog, auf ihr innerstes Wesen, wo der wahre Schmerz lebte. Das war der Augenblick, in dem sie die Gestalt am Heck erkannte, den kleinen, gelenkigen Mann, der zusammengekauert wie ein Affe am Heck saß, dessen Haar ergraut war und der den Kragen des Regenmantels hochgeschlagen hatte, so dass der starre Blick seiner schwarzen Augen noch mehr auffiel. Das war nicht Herbie. Nicht Herbie. Nein – und was es zu bedeuten hatte, konnte sie nur vermuten, und selbst ihre hoffnungsvollste Vermutung trieb ihr einen Schauer über den Rücken –, es war Jimmie.

JIMMIE
    »Der wird schon wieder«, sagte Jimmie und warf Kisten auf den Strand, während sie sich mit Marianne unter den Schirm duckte und es derart schüttete, dass man die Luft kaum vom Wasser unterscheiden konnte. »Ich glaube, als er mit Dick ankam, hat er gleich Bob Brooks angerufen, und der ist mit seinem Wagen von Los Angeles gekommen und hat ihn zu seinem Hausarzt gebracht, nicht zur Veteran’s Administration – der VA traut er nämlich nicht, die lässt einen nur hängen –, und der Arzt hat gesagt, dass er so bald wie möglich operiert werden muss.« Er sah sie unter der Hutkrempe hervor an und lächelte schief. »Also hat Bob mich herbeordert, und ich soll bleiben und aushelfen, bis Herbie wieder ...« Er sprach den Satz nicht zu Ende, sondern griff in die Innentasche seiner Schaffelljacke. »Hier«, sagte er und hielt ihr einen Brief hin. »Steht alles dadrin.«
    Dick Graffy half, die Sachen zu entladen, doch Margot war bereits ins Dingi gestiegen und saß zusammengesunken und mit entschlossener Miene unter dem Mantel, den ihr Mann ihr um die Schultern gelegt hatte. Elise drückte den Brief an die Brust und kämpfte mit sich. Sie wollte ihn aufreißen, aber sie hatte Marianne auf dem Arm und versuchte, den Finger unter die zugeklebte Klappe zu schieben und gleichzeitig den Schirm auf der Schulter zu balancieren. Und Margot beobachtete sie. Und Dick. Und Jimmie. Sie wollte einen Augenblick ungestört sein, sie wollte einen Augenblick für sich allein, um die Nachricht zu verarbeiten und den Schrecken zu bannen, der über sie gekommen war, als sie gesehen hatte, dass in dem Dingi nicht ihr Mann saß, sondern Jimmie. Schließlich kehrte sie ihnen den Rücken, setzte Marianne auf den nassen Sand, in den Regen, und riss den Umschlag auf.
    Liebe Elise,
    laut Dr. Morrison, Bobs Arzt, war meine Diagnose richtig, und ich muss ins Krankenhaus, damit sie die Metallstücke entfernen können, die auf dem Röntgenbild zu sehen sind. Mach Dir keine Sorgen. Sobald ich kann, komme ich nach Hause. Bis dahin sollst Du wissen, dass ich Dich und Marianne liebe und mich jede Minute nach Euch sehnen werde, bis ich wieder bei Euch auf der Insel bin.
    Dein Dich liebender Mann
    Herbie
    PS: Wenn die Scherer kommen und ich noch nicht zurück bin, soll Jimmie sich um die Pferde und die Schafe kümmern. Und denk daran, die Flügel des Windrads an der Pumpe auszuhängen, wenn ein Sturm kommt, damit die Mechanik nicht kaputtgeht. Lass Bob die Scherer bezahlen. Und Jimmie soll für Brennholz sorgen – ich will nicht, dass meine frischen Narben aufbrechen, bloß weil ich die Axt schwingen muss.
    Wenn die Scherer kommen und ich noch nicht zurück bin . Das war der Satz, der sie geradezu ansprang. Die Scherer sollten erst in einem Monat, nein, in sechs Wochen kommen. Wie konnte er so lange fortbleiben? Was war das für eine Operation? Worum ging es dabei genau? Was würden sie mit ihm machen?
    »Elise.« Es war Dick Graffy. Er stand neben ihr, der Regen hatte seine blaue Mütze so dunkel gefärbt, dass sie schwarz aussah. Er streckte ihr die Hand hin. Zu ihren Füßen krabbelte Marianne ganz durchnässt im Sand. Sie schüttelte Dicks Hand, ließ sie los und hielt den Schirm über ihre Tochter, alles in einer Bewegung. »Wir müssen los«, sagte Dick. »Wir sind ohnehin schon mit der Zeit im Rückstand. Sie wissen ja, die Bank. Ein Mühlstein um meinen Hals.« Er lachte. »Und Margot möchte auch bald zurück. Können Sie sich ja

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