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San Miguel: Roman (German Edition)

San Miguel: Roman (German Edition)

Titel: San Miguel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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sie einen Teelöffel Lebertran und spülte ihn mit einem Glas Wasser hinunter, und die ganze Zeit wurden ihre Füße nass.
    Will beachtete sie nicht, sondern riss die Tür auf und rief nach Edith. Er war in Hemdsärmeln, die Hosenträger baumelten an ihm hinunter, in dem fahlen Licht, das durch die Fenster sickerte, waren seine bleichen Füße mit der dicken Hornhaut nackt. »Verdammt, wo ist sie? Edith!« Im nächsten Augenblick packte er den Nachttopf, der in der Ecke stand, riss das Fenster auf, leerte den Topf auf den Vorplatz und spülte ihn nicht einmal aus, bevor er durch das Zimmer zu der Stelle stapfte, wo sich die Pfütze gebildet hatte. Er stellte den Topf hin. Tropfen spritzten heraus. Auf den Boden. Schmutzig. Alles war schmutzig. Und dann stand Edith in der Tür, im Nachthemd, und rieb sich die Augen.
    »Steh nicht herum«, fuhr er sie an. »Siehst du nicht, was hier los ist? Hilf mir, das Bett da hinüber zu schieben – deine Mutter ist nass, das ganze Bett ist nass. Hier, fass an der Ecke an – nein, nein, hier. Und jetzt schieben, hierher.«
    Sie wollte etwas sagen – Edith war nicht ordentlich angezogen, er war zu streng mit ihr, zu heftig, und auf dem Boden war Schmutz –, doch sie schwieg. Statt dessen legte sie ihr Tuch um, zog die Hausschuhe an und ging hinaus und die Treppe hinunter in die Küche, wo es wenigstens warm war und es, wie der Duft verriet, frischgebrühten Kaffee gab.
    Den ganzen Vormittag und bis in den Nachmittag hinein regnete es ununterbrochen, und nichts deutete darauf hin, dass es nachlassen würde. Die Fenster beschlugen. Das Wasser lief unter der Tür hindurch ins Haus, so dass sie ein Handtuch auf die Schwelle legen und alle zwanzig Minuten auswringen musste. Alle möglichen Gefäße – Töpfe, Krüge, schmutzgeränderte Eimer aus der Scheune, die Spülschüssel – waren über die Böden im Erdgeschoss und im ersten Stock verteilt und gaben ein beständiges enervierendes Klingeln von sich. Und selbstverständlich mussten sie regelmäßig ausgeleert werden. Es war eine neue Aufgabe, eine tagesfüllende Tätigkeit, die sie sich selbst vergessen ließ: Sie hatte keine Zeit, sich schwach oder krank zu fühlen, und wenn sie hustete, nahm sie es kaum zur Kenntnis.
    Die Stimmung beim Mittagessen war gedrückt. Edith schlief noch halb, und Will brütete finster über das undichte Dach und die Schäden am Weg – er war dreimal im Regenmantel hinuntergegangen und hatte nutzlos mit der Schaufel im Schlamm gestochert –, und es war mühsam, das Gespräch in Gang zu halten. Ida war ihr keine Hilfe. Sie hatte in der Küche ihren eigenen Kampf auszutragen, denn dort, wo das schräge Dach der Küche an die Wand des Hauses stieß, ergoss sich ein wahrer Niagarafall. Die Dielen waren vollkommen durchnässt, überall war Schlamm, und so aß sie mit den beiden Rancharbeitern am Küchentisch. Es gab – wie jeden Tag – Hammeleintopf, dazu drei Tage altes Brot und den Rest des Käselaibs, den Charlie Curner ihnen mitgebracht hatte. Marantha sprach nur, um den Klang ihrer Stimme zu hören – niemand schenkte ihr Aufmerksamkeit.
    Danach schlug sie Edith vor, sie könnten nähen oder Karten spielen oder einander Dickens oder Eliot vorlesen, doch Edith streifte sie nur mit einem Blick und ging hinauf in ihr Zimmer. Und Will, Will war mit einem Eimer Teer, den er auf dem Herd erwärmt hatte, auf dem Dach und ließ sich durch keine Warnungen davon abbringen. »Du wirst dir ein Bein brechen«, rief sie ihm nach, als er zur Tür hinausging, »oder den Hals. Und was soll dann aus uns werden?« Immer wieder sah sie aus dem Fenster und machte sich gefasst, ihn hingestreckt im Schlamm unter der Dachtraufe liegen zu sehen. Sie dachte daran, wie er damals vor der Wohnung über den Rinnstein gestolpert war und sich den Knöchel gebrochen hatte und wie unausstehlich er in jeder einzelnen Stunde seiner Rekonvaleszenz gewesen war, als wäre das Ganze irgendwie ihre Schuld gewesen. Er war unmöglich gewesen. Fordernd. Beleidigend. Es hatte nicht viel gefehlt, und sie hätte ihn verlassen. Sie war tatsächlich mit Edith zum Bahnhof gegangen und hatte sich nach dem Preis für zwei Fahrkarten nach Boston erkundigt, bevor sie schließlich zur Besinnung gekommen war.
    Sie setzte sich, stand auf, setzte sich wieder, stand wieder auf. Die Schüsseln und Töpfe füllten sich, sie leerte sie aus. Irgendwann saß sie mit einem Buch am Ofen, konnte sich aber nicht konzentrieren. Der Regen zischte, verspottete

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