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San Miguel: Roman (German Edition)

San Miguel: Roman (German Edition)

Titel: San Miguel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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sollen, sie bedauerte es und überlegte bereits, wie sie es wiedergutmachen könnte, wie sie ihm helfen könnte, anstatt ihn zu behindern. Auch er stand unter einer großen Belastung. Für alle Schwierigkeiten, die sich hier auftaten, war er allein zuständig, und eine Sorge jagte die andere: Vor einer Woche noch war er durch den Flur gestampft und hatte finster von der Katastrophe gemurmelt, die ihnen bevorstand, wenn der Regen nicht kam, und jetzt waren seine Hände voller Teer, der Rücken tat ihm weh, und der Weg war weggespült. Er war fünfzig, bald einundfünfzig. Dies war kein Leben für ihn. Er war ein gebildeter Mann, ein Experte auf seinem Gebiet, einer der wenigen Männer in Amerika, die imstande waren, eine große Druckerei zuverlässig zu führen, wie er bei der Zeitung seines Bruders in Boston und beim Morning Call in San Francisco bewiesen hatte. Er war ein Gentleman, kein Arbeiter. Wenn er nicht auf sich achtgab, würde er krank werden, sich ernsthaft verletzen oder einfach Schiffbruch erleiden wie die armseligen, zerlumpten Gestalten, mit denen er jedes Jahr am Decoration Day so stolz marschierte: wehende Fahnen, schmetternde Marschkapellen, und jeder zweite hatte einen leeren Ärmel oder nur noch ein halbes Bein. Du hast den Krieg überlebt, Will , hatte sie zu ihm gesagt, du brauchst nicht in einen weiteren zu ziehen .
    Stimmen, die sich aus dem ständigen Hintergrundrauschen des Regens schälten, rissen sie aus ihren Gedanken: Will und Ida, es ging hin und her. Irgend etwas war mit der Luft – oder mit ihren Ohren –, denn plötzlich konnte sie die beiden so deutlich hören, als stünden sie neben ihr.
    »Alles ist voll Matsch«, beklagte sich Ida, nur dass ihr Ton gar nicht der einer Klage war. Sie klang heiter und leicht, als würde sie sich mit Edith unterhalten, als würden sie die Köpfe zusammenstecken und gleich in Gelächter ausbrechen. »Sehen Sie sich bloß den Boden an. Wie soll man denn hier kochen?«
    Ein Stuhl wurde verschoben, die Angel der Küchenschranktür quietschte, und dann hörte sie Wills Stimme, freundschaftlich, vertraulich: »Ach, ich weiß nicht, du scheinst das doch ziemlich gut hinzukriegen, auch wenn du unter all den Röcken Gummistiefel tragen musst. Du bist immer ... ich meine, du bist eine sehr gute« – er stockte, seine Zunge war schwer vom Whiskey – »wirklich ausgezeichnet. Erstklassig. Aber was ist das, was tust du da in den Topf?«
    »Das ist nichts für Sie. Geht Sie gar nichts an.«
    »Ida, Ida, Ida« – noch schwerer jetzt, er zog die Vokale lang, als würde er singen –, »ich weiß, wie schwierig das alles für dich ist, aber ich schwöre, ich klettere wieder aufs Dach und dichte diesen Riss da mit Teer ab, sobald es, na ja, sobald es aufhört zu regnen. Gleich als erstes.«
    »Aufhört? Glauben Sie wirklich, es hört auf?«
    »Muss es ja. Nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit.«
    »Also, ich glaube das nicht. Kein bisschen. Wenn es je so etwas wie eine Strafe Gottes für die Sünder dieser Welt gegeben hat, dann ist es das hier – nichts als Matsch und Regen und Regen und Matsch.« Das unverkennbare Klirren von Glas auf Glas. Schenkte er ihr etwa Whiskey ein? »Und ich gehöre zu den Sünderinnen, die sich lieber gleich in die Fluten werfen, damit sie’s hinter sich haben, denn ich glaube nicht, dass ich diesen Regen noch neununddreißig Tage und neununddreißig Nächte ertragen kann. Und Sie?«
    »Dann sollte ich also lieber einen Schiffsrumpf unter das Haus bauen – willst du das damit sagen?«
    Ida lachte. »Ja, genau. Und Sie sollten schon mal anfangen, die Tiere in Paaren zusammenzustellen.«
    »Ein hervorragender Rat, ganz ausgezeichnet, der beste Rat der Welt. Das mache ich gleich nach dem Abendessen. Aber lassen wir das mal beiseite. Sag mir lieber: Für welche Sünden könnte ein Mädchen in deinem Alter schon zu büßen haben?«
    Ein Seufzer. Das Klappern eines Löffels, mit dem im Topf gerührt wurde. Und dann Idas Stimme, mit einemmal leise: »Oh, Sie würden sich wundern.«
    Und dann erklang ein Sturm von Geräuschen: Die Hintertür wurde aufgerissen und wieder zugeschlagen, die Dielen knarrten, Füße stampften, und eine neue Stimme mischte sich in die Unterhaltung, Jimmies dünne, nasale Stimme: »Herrgott, es schüttet wie aus Eimern.«
    Sie erhob sich und ging durch den Flur. Da waren die drei, eingerahmt von der offenen Küchentür und beschienen vom Licht der Laterne: Will lehnte mit gekreuzten Beinen am Tisch, Ida stand,

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