Sanctum
Unterarm, schmeckte das Desinfektionsmittel. »Es wird enden, Lena. Und zwar nicht mit unserem Tod.« Er küsste ihre Hand erneut, stand auf und verließ das Zimmer.
Faustitia erwartete ihn in einem kargen Raum, in dem normalerweise wohl die Kaffeepausen der Wächterinnen stattfanden; vor ihr stand ein großer Becher Kaffee. Ihr Blick war abwesend, die Hände ruhten gefaltet auf dem Tisch. »Für unseren Orden ist es so gut wie unmöglich, etwas zu unternehmen.«
»Wie bitte?« Eric setzte sich ihr gegenüber. »Aber Sie versprachen mir das Heilmittel.«
Sie sah ihn aus graubraunen Augen an. »Das werden Sie selbstverständlich erhalten. Ich meine Padre Rotonda.«
»Weil sein Cousin Kardinal ist?«
»Weil er ein mächtiger Mann ist, der mehr vermag, als er vorgibt zu können«, antwortete sie und stand auf. »Kommen Sie, Herr von Kastell. Wir reden an einem anderen Ort weiter. Der Raum ist mir zu trist.« Faustitia verließ die Schleuse, und wieder begann ein Marsch durch einen Irrgarten aus Gängen.
Nach und nach veränderten sich die Wände. Eric nahm frische Luft wahr, die rein und sauber in seine Nase drang. Sie befanden sich außerhalb von Rom, weit weg von Smog und Dreck.
Jetzt erkannte er mehr von seiner Umgebung. Das Gebäude, durch das sie wanderten, war groß und sehr alt und hatte so gar nichts von einem Kloster. Es machte eher den Eindruck einer weitläufigen, üppigen Villa aus vergangenen Jahrhunderten, wie er an der Bauweise, dem Dekor und den Bemalungen über dem einen oder anderen Fenstersturz erkannte.
Schließlich gelangten sie in ein Arbeitszimmer, das den Blick auf einen See erlaubte. Das Gebäude selbst stand an einem Hang. Eric sah Weinstöcke und Olivenbäume, auf der anderen Seite erhob sich ein Hügel, auf dem ein malerisches Dörfchen lag.
Faustitia rief eine Nonne und bestellte frischen Kaffee, setzte sich ihm gegenüber und legte die Finger zusammen. »Herr von Kastell, unsere Zusammenarbeit endet leider hier.«
»Das heißt, Sie kneifen vor Rotonda?«
»Mir sind die Hände gebunden, denn Sie haben einen Gegenspieler aufgedeckt, den wir nicht mit unseren herkömmlichen Mitteln bekämpfen können.« Die Tür öffnete sich und ihnen wurde der Kaffee gebracht. Faustitia wartete, bis sie wieder allein waren. »Unsere Ordensgründung geht auf eine sehr mutige französischen Äbtissin zurück. Die Schwesternschaft vom Blute Christi hat es sich zur Aufgabe gemacht, die schrecklichen Wesen, die auch Sie jagen, für immer aus der Welt zu schaffen. Nicht mit Ihren Methoden, Herr von Kastell, sondern durch Heilung. Sofern es uns möglich ist, eine der Bestien zu stellen.«
»Und Rotonda möchte das verhindern? Ist er ein Werwolf?« Eric trank von seinem Kaffee und verzog das Gesicht. Er hatte Milch und Zucker vergessen.
»Nein, er ist weit davon entfernt. Wie seine Vorgänger strebt er danach, solche Ausgeburten des Bösen zu sammeln und ihre Boshaftigkeit zu nutzen.«
»Was?«
Faustitia lehnte sich zur Seite und öffnete einen Fensterflügel, um das Tönen der Glocken einer wohl nahen Kapelle besser hören zu können. »Wann besuchen die Menschen Ihrer Meinung nach die Kirche?«
Eric rührte Zucker in den Kaffee und kippte Milch nach. »An Weihnachten? Ich mag diese Ratespielchen nicht.«
»In Zeiten der Not, Herr von Kastell. Mal sind es Kriege oder die Angst davor, mal Krankheiten, derer die Mediziner nicht Herr werden«, sagte Faustitia. »Damals, vor über zweihundert Jahren, als die Bestie im Gevaudan wütete und alles begann, war die Bereitschaft, sich Gott zuzuwenden, so groß wie selten. Das Volk selbst verlangte nach öffentlichen Gebeten und die Gotteshäuser …«
»Ich glaube, ich verstehe das nicht richtig.«
Sie sah ihn lange an, und er bekam das Gefühl, dass sie mehr über ihn wusste, als sie bislang preisgegeben hatte. Wieso hatte sie Gevaudan so sehr betont, als ob sie von ihm eine bestimmte Reaktion darauf erwartete?
Faustitia atmete aus. »Immer noch nicht? Dann will ich es klar und deutlich aussprechen: Er will die Bestie aus dem Gevaudan auf die Menschheit hetzen.«
»Sagen Sie nicht, dass Rotonda allen Ernstes annimmt, diese Einschüchterungsstrategie würde im 21. Jahrhundert noch funktionieren.« Er langte unter den Mantel und holte sein G3 hervor. »Heutzutage gibt es im Gegensatz zu 1764 alle möglichen Methoden, ein Biest aufzuspüren und zur Strecke zu bringen. Sie wissen, von was ich rede. Und ganz davon abgesehen: Die Welt ist voll von
Weitere Kostenlose Bücher