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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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keine Ratespielchen.«
    »Das Blut Christi ist das Heilmittel, das Sie erhalten werden und mit dem wir auch die Bestie aus Lena treiben«, eröffnete sie ihm. »Auf normale Menschen wirkt es … anders. Es verleiht ihnen unglaubliche Kräfte, lässt von der Heiligkeit und der Macht erahnen, die einst in Jesus ruhte.«
    Eric erinnerte sich an die Bilder, die er im Hotel nach dem Tod von Schwester Ignatia gesehen hatte. Nachdem ihr Blut in seinen Mund gelangt war. »Christliche Vampire, wie nett«, sagte er. »Wie kommen Sie an das Zeug? Sagen Sie nicht, dass Sie einen Jesus-Klon im Keller haben und ihm jeden Morgen einen Schoppen abzapfen.«
    »Herr von Kastell, Ihre Fantasie ist bemerkenswert. Nein, es ist wesentlich schwieriger, an das Vermächtnis des Herrn zu gelangen. Unser Orden sammelt seit seiner Gründung Gegenstände, an denen das Blut unseres Herrn haftete. Aus dem getrockneten Heiligtum können wir durch ein spezielles Verfahren wieder Blut gewinnen. Nur wenige Tropfen, aber es gibt nichts Reineres, nichts Heiligeres und nichts Mächtigeres als diese Substanz. Mit diesem puren Sanctum lässt sich das Blut unserer reinsten Schwestern, die nie getötet, nie gezweifelt haben, zu etwas Höherem erheben. Doch es ist keine Quelle, die nie versiegt. Ein Tropfen Sanctum heiligt die zwanzigfache Menge. Nicht mehr.«
    »Und Padre Rotonda verfolgt die gleiche Taktik. So viele Dinge, an denen das Blut von Jesus haftet, kann es doch gar nicht geben.« Eric versuchte sich an die Dinge zu erinnern, die er aus der Bibel kannte. »Das Grabtuch, die Dornenkrone und der Speer?«
    »Es gibt noch mehr. Das Gewand, das er bei seiner Passion trug, das Kreuz, das er auf seinem Rücken schleppte, die Peitschen, mit denen er geschlagen wurde. Vergessen Sie nicht die Wanderjahre. Der Sohn Gottes lebte mehr als dreißig Jahre unter uns. Somit hatte er genügend Gelegenheiten, an Dingen sein Blut zu hinterlassen, von einem Werkzeug seines Vaters bis zu einem Messer. Wenn man weiß, nach was man suchen muss, findet man es. Wenn dabei auch sehr, sehr viel Zeit vergeht. Manche Spur stellt sich oftmals als Fälschung heraus.« Faustitia lauschte dem erneut einsetzenden Glockenspiel. »Nichtsdestotrotz, unsere Bestände verringern sich, das stimmt, Herr von Kastell. Ein umso größerer Frevel ist es, das Sanctum zu verschwenden, statt jeden Tropfen zu nutzen, um eine Seele damit zu retten.«
    Eric nahm sich einen Schluck Wasser, der Kaffee trocknete seinen Mund aus. »Wollen Sie damit andeuten, dass Rotonda sich einen ordentlichen Schluck davon gegönnt hat? Was macht das aus ihm – Superman? Einen Unsterblichen?«
    »Ich weiß es nicht. Jedenfalls sollten Sie auf der Hut sein.« Faustitia bedachte ihn mit einem Lächeln, in dem Resignation und Hoffnung mitschwangen. »Auf Ihnen ruht die Verantwortung für das Wohlergehen der ganzen Menschheit, Herr von Kastell – und für die Reinheit der Kirche. Wir können nichts gegen Padre Rotonda und seine Mitverschwörer unternehmen.« Ihr Blick wurde traurig. »Ich bin mir sicher, dass der Anschlag auf Sie und Justine auf sein Konto geht, ebenso die Aktionen in Kroatien.« Sie bekreuzigte sich. »Ich wünsche den Seelen von Ignatia und Emanuela nichts Schlechtes, der Herr wird über sie richten, aber ich verstehe nicht, weswegen sie unseren Orden verraten haben.«
    »Die gleiche Verblendung, an der auch Rotonda leidet? Allgegenwärtige Ehrfurcht vor dem Herrn, und nur die Christen können der Welt die Rettung vor der Werwolfplage bieten. Der Islam wäre ebenso aus dem Rennen wie der Hinduismus und alle anderen Religionen. Für katholische Fanatiker muss das dem Himmelreich auf Erden ziemlich nah kommen.« Eric ahnte, woher seine Visionen im Hotelzimmer in Plitvice gekommen waren. Schwester Ignatia hatte mit Sicherheit von dem Blut zu sich genommen, und es hatte seine seltsame Wirkung an die Frau weitergegeben. Die verdünnte Form hatte nicht ausgereicht, um ihn von der Bestie zu befreien, aber es hatte ihm eine Vision beschert. Kein Erlebnis, das er wiederholen wollte.
    »Das mag sein. Es betrübt mich sehr, dass ich die Schwestern so falsch eingeschätzt habe.« Faustitia senkte die Stimme. »Das hat viel Schmerz hervorgerufen. Und wir haben nicht nur die beiden verloren, sondern auch …« Sie schloss die Augen, eine Träne sickerte unter dem rechten Lid hervor.
    Eric wunderte sich. Die Oberin weinte doch nicht etwa um Justine? »Wie kam meine Halbschwester zum Orden?«, fragte er unvermittelt.

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