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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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gestern gelogen. Ich war nach dem Absturz und vor der Suchmannschaft an der Unglücksstelle. Ich habe dort alles Mögliche gefunden, aber keine niedergeschlagene Schwester Emanuela. Und ich schwöre, dass mir bewusstlose Frauen neben brennenden Hubschraubern sicherlich auffallen.« Er klemmte sich Stift und Büchlein unter die linke Achsel, setzte seine Brille ab, nahm ein Papiertaschentuch aus dem Mantel und reinigte sie von den kleinen Wassertropfen, die ihm der Wind aufs Glas geweht hatte. »Haben Sie eine Ahnung, warum sie gelogen hat?«
    Faustitia deutete auf eine kleine Bank, die unter dem Schutz der Arkaden stand. »Setzen wir uns.«
    »Das ist nicht das Einzige, was mir aufgefallen ist.« Eric ließ sich neben ihr nieder und betrachtete die Pflanzen des Gartens, die den kurzen Frost nicht überstanden hatten. Die ungewohnt kalten Nächte hinterließen ihre Spuren und setzten die altertümliche Gedächtnisstätte des Todes stilecht in Szene. Er begann, eine schnelle Skizze anzufertigen und die Impressionen aufs Papier zu bannen, während er mit der Nonne redete. »Schwester Ignatia sprach mir gegenüber davon, dass der Orden die Welpen sichern wollte.«
    »Das waren ihre Worte?«
    »Ich glaube, einsperren und bewahren waren ihre Worte.« Eric wandte sich der Frau zu und hielt mit dem Zeichnen inne. »Aber Sie haben gestern davon gesprochen, den letzten Welpen zu heilen und notfalls auszulöschen. Können Sie mir erklären, wie diese eklatanten Widersprüche zu Stande kommen?«
    Faustitia schaute auf die Grabplatte vor ihnen. »Nein, kann ich nicht«, antwortete sie verwundert. »Vielleicht hat Ignatia sich falsch ausgedrückt oder versprochen.«
    »Sie betonte es aber.« Er nahm das Zeichnen wieder auf.
    »Im Beisein von Emanuela?«
    »Das schon, aber …« Eric räusperte sich. »Ich bin mir nicht sicher, aber es kann sein, dass ich sie zu dem Zeitpunkt bereits ohnmächtig geschlagen hatte.«
    »Ich werde sie befragen«, versprach Faustitia ihm. »Sowohl nach ihrer Geschichte als auch nach den Worten Ignatias.«
    »Und jetzt wäre es mir sehr recht, etwas mehr über Ihren Orden zu erfahren. Was genau tut er, wenn er sich der Jagd nach Werwölfen verschrieben hat? Ich finde es gelinde gesagt erstaunlich, dass ein christlicher Orden existiert, der etwas verfolgt, von dem neunundneunzig Prozent der Menschen annehmen, es sei ein Aberglaube.«
    »Denken Sie nicht, dass es ein wenig früh dafür ist, derart Vertrauliches mit Ihnen zu teilen, der die Bestie in sich trägt? Sie könnten das Wissen gegen unsere Gemeinschaft verwenden.«
    »Tja, das stimmt.« Er blätterte um und begann eine weitere Skizze. Zu schade, dass er keine Buntstifte mitgenommen hatte. »Andererseits könnte ich Ihnen auf der Stelle den Kopf abreißen, wenn ich wollte«, sagte er so beiläufig wie möglich. »Was denken Sie, weswegen ich es nicht tue? Ich bin, auch wenn Sie das vielleicht nicht glauben mögen, nicht durch und durch böse. Meine Familie lernte, mit dem Fluch zu leben und Vorbereitungen zu treffen, um dem Tier nicht gänzlich zu unterliegen. Meine Feindschaft zu den restlichen Wandelwesen der Welt, von denen Sie und Ihre Organisation wissen, sollte Ihnen Beweis genug sein.«
    »Es macht dennoch keinen Unterschied. Das Böse, das in Ihnen lauert und von dem Sie glauben, es mit Medikamenten betäuben zu können, wird sich Gelegenheiten suchen, uns zu schaden. Von daher verzeihen Sie mir, dass wir über Details unseres Ordens erst sprechen, wenn ich Sie als geläutert betrachte«, erklärte sie ihm höflich.
    Er wartete mit seiner Antwort, zog neue Linien, bis ihm die Zeichnung gefiel, dann blätterte er um. Nummer drei. »Bis dahin bin ich ein Werkzeug Gottes mit einem Makel auf der Seele, schätze ich?«
    »Sehr schön formuliert, Herr von Kastell.« Sie lächelte. »Und was den Aberglauben angeht: Ich persönlich denke nicht, dass es so etwas gibt. Es gibt den falschen und den richtigen Glauben. Ich habe den richtigen, und den anderen bekämpfe ich. Das meine ich, wie ich es sage.«
    Eric beendete seine Arbeit und betrachtete ihr Gesicht, dann glitten seine Augen am schwarzen Habit herab. Er konnte nicht sagen, was sich darunter an Waffen verbarg. Er hatte Schwierigkeiten, sich eine Nonne mit einer kugelsicheren Weste, einem Sturmgewehr und einem Schwert auf dem Rücken vorzustellen. »Wie nennt man das, was Sie sind? Streitbare Schwestern? Kreuzfahrerinnen? Sturmabteilung des Glaubens?«
    »Die Bestie in Ihnen verspottet mich,

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