Sanctum
behauptet?«
»Antworten Sie, Herr von Kastell!«
»Das tut nichts zur Sache. Ich will Lena …«
»Sie wurde von der Bestie verletzt, Herr von Kastell. Sie ist ebenso infiziert wie Sie«, fiel sie ihm ins Wort. »Aus diesem Grund haben wir sie eingesperrt. Sie ist zu gefährlich.«
»Dann erklären Sie mir, warum Justine frei herumlaufen darf.« Erics Ungeduld stieg. Er sog die Luft ein, suchte nach Lenas Geruch und bekam lediglich die Witterung von verschiedenen Frauen in die Nase. Die kaum merkliche Duftspur führte nach oben, zu den verspiegelten Fenstern.
»Das werde ich sicherlich nicht, Herr von Kastell. Kommen wir zu unseren gemeinsamen Feinden: Der Welpe wurde uns gestohlen.«
Eric fluchte. »Sie sollten diese Arbeit Menschen überlassen, die nicht daran glauben, dass das Wort mächtiger ist als das Schwert.«
»Aus diesem Grund haben wir uns an Sie gewandt. Ich möchte …«
Er hob den Kopf und schaute zur Empore. »Ich sage gar nichts mehr, wenn Sie nicht von Ihrer kleinen Kanzel steigen und von Angesicht zu Angesicht mit mir sprechen. Es wäre nur gerecht.«
Wieder dauerte es lange, bis sich etwas tat, dann öffneten sich die Türen zum Raum und eine Abordnung Nonnen marschierte herein.
Vorneweg ging eine hoch gewachsene Frau mit graubraunen Augen, deren Blicke eine unglaubliche Energie verströmten. Er schätzte sie auf Anfang vierzig. Sie lief aufrecht und selbstbewusst und zeigte Eric gegenüber keine Angst. Als er ihren Geruch aufnahm, bemerkte er – im Gegensatz zu einigen anderen – tatsächlich keine Spur von Furcht. Ihr schwarzer Habit verlieh ihr sogar etwas Bedrohliches und schuf einen eindrucksvollen Gegensatz zu Erics hellem Outfit.
Hinter ihr folgten weitere Nonnen, darunter auch Schwester Emanuela, die ihm hasserfüllte Blicke zuwarf. An ihr musste der Glaubenssatz der Vergebung wohl vorbeigegangen sein.
»Hier bin ich, Herr von Kastell. Ich bin Oberin Faustitia und stehe unserem Orden vor, der Gemeinschaft der Schwestern vom Blute Christi.« Sie streckte ihm die Hand entgegen.
Er stand auf, und zögernd schlug er ein. Sofort zuckte ihr linker Arm blitzschnell nach vorn, ihre Hand schlüpfte unter den Ärmel seines Mantels und berührte ungeschütztes Fleisch.
Ein heißer Schmerz stach in seinen Arm!
Aufschreiend sprang Eric einen Schritt zurück und funkelte die Oberin an: An ihrem Mittelfinger prangte ein großer, schwerer Siegelring aus Silber. Ein dunkles Grollen stieg aus seiner Kehle.
Faustitia lächelte wissend, wie eine Königin. »Sie sehen, es gibt verschiedene Wege, um die Wahrheit zu erfahren.«
»Tun Sie das nie wieder.«
Sie musterte sein wütendes Gesicht. »Ich verzeihe Ihnen, Herr von Kastell. Es ist die Bestie in Ihnen, die sich wehrt, nicht der Mensch. Lena ergeht es genauso, aber sie wird bald auf dem Weg der Besserung sein.«
»Welche Medikamente benutzen Sie, um sie ruhig zu stellen?«
Sie hob die Hand. »Eins nach dem anderen. Zuerst reden wir über unser gemeinsames Anliegen. Glücklicherweise haben Sie sich – auch wenn Ihre Seele in höchster Gefahr schwebt – entschlossen, dem Guten zu dienen. Wir benötigen Ihre Hilfe, um den Nachwuchs der Bestien zu finden und aus den Händen der Entführer zu reißen.«
»Um was damit zu tun?«
»Den Welpen zu heilen.«
»Und wieso nicht töten?«
»Jede Kreatur verdient die Chance auf eine Heilung, und gerade die Welpen sind die unschuldigsten unter ihnen, bevor sie wachsen und zu einer Gefahr für die Menschheit werden, Herr von Kastell.« Faustitia sagte es mitleidig. »Es bereitet uns keine Freude, die Kreaturen zu vernichten, aber es muss in besonderen Notfällen getan werden. Das Werkzeug des Teufels darf nicht bestehen und noch mehr Böses in die Welt setzen.«
»Da stimme ich Ihnen zu. Aber wie ist Ihnen der Welpe denn abhanden gekommen?« Eric verzichtete darauf, eine religiöse Diskussion zu beginnen. Sie teilten einige Ziele, also konnte man auf diesem kleinsten gemeinsamen Nenner zusammenarbeiten. »Oder noch besser: Wie haben Sie ihn überhaupt bekommen?« Er erinnerte sich an das brennende Hubschrauberwrack und den Toten, in dessen Hand er den Griff der Transportbox des Welpen gefunden hatte.
»Ich hatte ihn beinahe in meinen Händen, nachdem der Hubschrauber abgestürzt war«, sagte Schwester Emanuela. »Ich folgte Ihren Spuren, ich kam an den Platz, an dem Sie lagen, und sah, wie die Männer plötzlich angegriffen wurden. Ich weiß nicht, von wem, aber sie waren in der Überzahl. Es
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