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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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dass er bei Cantelli in Trastevere untergekommen ist. Dort arbeitet eine seiner Freundinnen.« Der Mann wirkte plötzlich sehr eifrig, geriet beinahe ins Plaudern. Das Geld, Jeans Statur und die klare Drohung hatten ihn weich wie Wachs werden lassen. »Fragt nach der Frau namens Passione, Monsieur.«
    »Danke.« Jean wandte sich zur Tür. »Sollte der Comte auftauchen, so wäre ich Euch sehr verbunden, wenn Ihr mir Bescheid gebt. Ich lasse Euch wissen, wo ich übernachte. Aber verratet ihm nichts von dem Geld, das er bekommen soll. Sonst gibt er gleich alles wieder auf Pump aus, bevor ich es ihm überreichen kann.« Die Hand pochte gegen den Dolchgriff. »Kommt mir zu Ohren, dass Ihr mir nicht von seinem Auftauchen berichtet, schaue ich bei Euch vorbei und bedanke mich auf meine Weise.«
    »Sehr wohl, Monsieur.« Der Mann verneigte sich.
    Jean verließ das Haus. Er verbuchte den Besuch nicht als Erfolg, aber auch nicht unbedingt als Misserfolg. Mit dem Schuldschein hatte er etwas gegen den Comte in der Hand, und die zweite Adresse stimmte mit der Liste, die ihm der Marquis gegeben hatte, überein. Neu war der Name der Frau: Passione.
    Jean begab sich auf die Suche und stellte nach einer Stunde fest, dass er es ohne die Hilfe eines Einheimischen nicht schaffte, sich in Rom zurechtzufinden. Also griff er auf die Dienste eines Kutschers zurück, der einigermaßen Französisch verstand – jedenfalls genug, um die Grundbegriffe nicht komplett falsch von sich zu geben. Zuerst war der Mann skeptisch ihm gegenüber, aber der goldene Louis d’Or überzeugte ihn rasch von der Zahlungsfähigkeit seines gar nicht betucht aussehenden Gastes.

    Bei Einbruch der Dämmerung hielt die Kutsche vor der gesuchten Adresse. Jean stieg aus und wies den Fahrer an, vor dem Haus zu warten.
    Er betrat das Innere des Gebäudes, das ebenso nach Duftwasser roch wie das erste, in dem er nach dem Comte geforscht hatte; aber diesmal schien der Luxus nicht aufgemalt und vorgetäuscht zu sein. Hier war er echt. Sollte Jean wieder auf einen Schuldschein stoßen, würde er dieses Mal ungleich höher sein als zweiunddreißig Livres.
    »Bonjour, Monsieur«, grüßte er den Mann in dem Brokatrock, der hinter einem Stehpult stand; schräg hinter ihm befand sich ein Vorhang, durch den es weiter ins Haus ging.
    Der Mann lächelte und antwortete auf Italienisch.
    »Sprecht Ihr Französisch?« Dieses Mal hatte Jean weniger Glück. »Comte de Morangiès«, sagte er zu ihm. »Hier?« Er deutete mit dem Daumen auf den Boden, dann zog er das Säckchen mit den Münzen heraus und ließ sie im Beutel klingeln. »Für den Comte.«
    Der Mann machte nicht den Eindruck, als würde er verstehen, was Jean von ihm wollte. Darum entschied er sich für einen Strategiewechsel. »Passione?«
    »Ma certo Passione – il fiore più bello di Roma!« Der Mann lachte auf und streckte die Hand nach dem Geld aus. Er zählte sich mit Jeans stummem Einverständnis dreißig Livres ab – eine wirklich erstaunliche Summe –, dann hielt er ihm den Vorhang auf.
    Dahinter erwartete ihn eine Welt der Sünde.
    Ein Tempel der Sünde inmitten des heiligen Roms.
    So etwas hatte er sich bisher nicht einmal erträumen können!
    Ein leicht bekleidetes Mädchen, dessen Brüste durch ein Nichts von Stoff betont statt verhüllt wurden, nahm ihn bei der Hand und führte ihn mit sanftem Zwang mit sich. Sie hätte seine Tochter sein können.
    »Passione?«, fragte er hoffnungsvoll und erhielt ein hinreißendes Lachen, begleitet von einem Kopfschütteln, zur Antwort. Sie führte ihn an halb geöffneten Türen vorbei, in denen Frauen jeden Alters standen, mal weniger, mal mehr bekleidet, und ihn mit neckenden Gesten lockten. Sie räkelten sich für ihn, aber seine Begleiterin wehrte die Versuche, ihn ihr abspenstig zu machen, mit lauten und amüsierten Rufen ab. Sie sah Jean offensichtlich an, dass er sich zum ersten Mal in einem solchen Haus befand, und drückte seine Hand freundlich. Sie kamen in einen Gang, in dem die Luft warm und voller Feuchtigkeit war. Das Mädchen lotste ihn in einen großen Raum, der durch herabhängende Laken in Kammern aufgeteilt war. Es roch nach Badewasser, Jean vernahm das Plantschen von unsichtbaren Gästen.
    Sie schob ihn in eines der Separées und bedeutete ihm, sich auszuziehen. Hinter ihm stand ein hölzerner Bottich, Handtücher lagen bereit, mit denen er sich nach dem Bad trocken reiben konnte. Sie verschwand.
    Jean stand unschlüssig neben dem Zuber. Sie wollte, dass

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