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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Marseille, von dort übers Meer nach Italien und weiter bis nach Rom gewesen. Er hatte deutlich an Gewicht verloren und fühlte sich dennoch so stark wie selten zuvor in seinem Leben.
    Jean schaute auf den Zettel, den er vom Marquis bekommen hatte. Der Name der Herberge stimmte, die Straße stimmte. Jetzt begann der umständliche Teil seiner Nachforschungen über den Verbleib von François Comte de Morangiès.
    Jean konnte lesen und schreiben, aber Italienisch beherrschte er beim besten Willen nicht. Es hatte auch keinen Grund gegeben, die Sprache zu erlernen, im Gevaudan brauchte man sie schließlich nicht. In Rom schon.
    Sein Gewehr hatte er mehrmals in Lederlappen eingeschlagen und in einen Seesack gestopft, weil er nicht genau wusste, wie man in Rom auf Menschen reagierte, die mit Waffen durch die Gassen liefen; den Silberdolch trug er am Gürtel, eine von Maleskys Pistolen befand sich, verborgen vor neugierigen Blicken, unter seinem Rock auf dem Rücken.
    Jean trat ein und ging auf den Tresen zu, hinter dem ein Mann in seinem Alter stand, beinahe so herausgeputzt wie einer der Gecken des französischen Königs. Es roch durchdringend nach Parfüm, lautes Frauengelächter erklang aus dem oberen Stockwerk, gefolgt von Gläserklirren; anscheinend wurde in den Gemächern gefeiert.
    Natürlich wurde Jean auf Italienisch angesprochen. Er zuckte entschuldigend mit den Achseln. »Versteht Ihr Französisch?«
    »Mais oui«, wechselte der Mann auf der Stelle die Sprache, auch wenn sein Akzent grausam war. »Womit kann ich Euch behilflich sein? Vielleicht ein schönes Bad mit ein wenig Gesellschaft und danach gemeinsame Entspannung in einem unserer besten Zimmer?« Erst jetzt schien er Jeans staubige, fleckige Kleider zu bemerken. »Das heißt … Habt Ihr denn Geld, um zu zahlen?«
    Er hatte nicht damit gerechnet, aber nun erkannte Jean, in was für einem Etablissement er sich befand. Es passte zu einem Wesen wie de Morangiès, sich hier einzuquartieren. »Ich suche jemanden.«
    Sofort verschloss sich das Gesicht des Mannes. »Dann solltet Ihr zur Wache gehen, Monsieur. Hier ist niemand verschwunden, und ich gebe auch keine Auskünfte über meine Gäste.«
    Jean trat näher an den Tresen. »Ich suche François de Molette, Comte de Morangiès. Ich bin im Auftrag seines Vaters hier, um ihm das Geld zu bringen, nach dem er verlangt hat.«
    Schon wurde der Mann wieder freundlicher. »Das trifft sich hervorragend. Der Comte hat bei mir noch eine bescheidene Summe ausstehen, die er bei seinem nächsten Aufenthalt zu zahlen gedachte.« Er langte unter den Tresen, das Geräusch einer sich öffnenden Schublade erklang, dann legte er Jean einen Schuldschein vor. »Da, seht selbst, Monsieur. Das sind seine Unterschrift und sein Siegel.«
    Jean drehte den Zettel auf dem Tresen um. Der Wortlaut war auf Italienisch, auch die Summe konnte er nicht entziffern. »Das sind wie viel in französischer Währung?«
    Der Mann lächelte viel zu falsch. »In Livres ungefähr … sechzig.«
    »So, sechzig also.« Jeans Lippen verzogen sich zu einem missbilligenden Lächeln. »Sehe ich für Euch aus wie ein Idiot?«
    »Natürlich nicht!«
    »Oder vielleicht wie ein sehr sanftmütiger Mann?« Jean hatte die Stimme gesenkt und klang bedrohlich, der Ausdruck in den braunen Augen wurde hart. Mit Freundlichkeit kam er hier nicht weiter.
    »Das kann ich nicht beurteilen … aber mir scheint, dass Ihr schwere Dinge mit Leichtigkeit tragt«, kam die Antwort, die ein wenig verunsichert klang.
    »Wieso versucht Ihr dann, mich wie einen zahmen Deppen zu behandeln, obwohl Ihr annehmen müsstet, dass es Eurer Gesundheit nicht zuträglich ist?« Seine breite Hand legte sich an den Griff des Dolchs. »Seid gewarnt, Monsieur. Ich werde die von Euch genannte Summe bezahlen und mit diesem Wisch zu jemandem gehen, der mir die Zahl übersetzt. Sollte ich dann beim Umrechnen nicht auf sechzig Livres kommen, könnt Ihr davon ausgehen, dass ich zurückkehre. Und dann schneide ich Euch für jeden betrogenen Livre einen langen Streifen aus der Haut, flechte sie zusammen und würge Euch damit so lange, bis Ihr mir …«
    »Es sind zweiunddreißig Livres«, sagte der Mann eilends und wich einen Schritt zurück. »Ich … ich habe mich verrechnet, Monsieur, bitte seid nicht nachtragend.«
    Jean zählte ihm fünfunddreißig auf den Tisch, nahm den Schuldschein und sah den Mann an. »Wo finde ich den Comte nun?«
    »Ich weiß es nicht. Wenn er nicht bei mir ist, kann es sein,

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