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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ihn die Schulden ins Gefängnis treiben. Sein Vater möchte nicht noch mehr Skandale.« Er bemerkte ihre Enttäuschung. »Wieso sollte ich ihn mitnehmen?«
    Passione senkte den Blick. »Vielleicht … muss er wieder zu den Soldaten und in irgendeinem Krieg dienen?«
    »Wann war der Comte das letzte Mal hier?«
    Sie schauderte und zog die Decke enger um sich. »Vor ein paar Tagen.«
    Passione machte nicht den Eindruck, dass sie gern die Gespielin des Adligen war. Es musste etwas vorgefallen sein, das ihre Gefühle zu ihm deutlich verändert hatte. Aus Zuneigung schien Furcht geworden zu sein.
    »Gibt es etwas, was ich seinem Vater ausrichten sollte?«
    »Nein, nein«, antwortete sie zu schnell.
    »Madame, wenn er Euch etwas angetan hat, lasst es mich wissen«, bat er mit freundlichem Ton. »Ich werde ihm gern das zurückgeben, was er Euch angetan hat.«
    »Er …« Sie biss sich auf die Unterlippe, dann schluchzte sie. »Er hat mich geschlagen, mit einem Stock. Er schien sich überhaupt nicht mehr beruhigen zu können! Und dann ist er über mich hergefallen wie … wie ein Tier. Es war furchtbar, Monsieur, und glaubt mir, ich bin einiges von meinen Freiern gewohnt.« Sie schluckte, legte die rechte Hand in den Nacken und fuhr gedankenverloren am Hals entlang über das Brustbein. »Er … er hat mich sogar gebissen. Nicht ein bisschen, vor Lust, sondern richtig fest. Es hat furchtbar geblutet, ich musste die Kissen neu beziehen lassen.«
    Jean schloss kurz die Augen. Er hatte sich während ihrer Erzählung gefragt, warum er trotz der Schläge keinerlei blaue Flecken und Blutergüsse gesehen hatte. Die Erklärung war einfach und schrecklich: Die Bestie steckte bereits im Körper der Frau, und während sie deren Seele zerfraß, ließ das Böse die Haut makellos schön erscheinen. Für Passiones Profession mochte das zweifellos von Vorteil sein, aber für den Rest der Welt …
    »Sagt, Madame, habt Ihr seit dem Tag gelegentlich Fieber oder Halluzinationen?«
    »Seid Ihr Arzt, Monsieur?« Sie stand auf und kam auf ihn zu; die Decke raschelte. »Das wäre hervorragend, denn die Ärzte, bei denen ich war, konnten nichts gegen meine Träume ausrichten.« Passione seufzte. »Aber was werdet Ihr schon tun können?«
    Ja, er konnte etwas dagegen unternehmen, aber es würde ihr gewiss nicht gefallen. Jean sah ihr in die Augen. »Madame, wisst Ihr, wo ich ihn finden könnte? Er ist in Gefahr … und er bringt auch andere in Gefahr.«
    Sie sog die Luft ein, setzte sich auf das Bett und schlug die Hand vor den Mund. Langsam ließ sie den Arm sinken. »Er ist wahnsinnig geworden, nicht wahr? Ist es das, weswegen Ihr hier seid?« Sie beugte sich nach hinten, langte nach der halbvollen Flasche Rotwein und nahm einen Schluck. »Ich hatte gleich einen Verdacht. Seine Augen … er rollte mit ihnen hin und her, fletschte die Zähne und sprang durchs Zimmer. Er lachte, als er meine Angst sah, und meinte, ich solle mich nicht anstellen, sondern mich ebenso benehmen wie er. Anfangs war es noch lustig, aber dann …« Sie hob die Flasche. Einen Moment lang flackerte so etwas wie Erstaunen in ihren Augen auf, so als könne sie nicht fassen, was sie gerade tat. Jean verstand nur zu gut. Eine hochbezahlte Konkubine wie sie, die sich stets verführerisch und liebreizend präsentieren musste, würde niemals so ungeniert trinken. Offensichtlich war die Bestie bereits dabei, ihr Verhalten zu verändern.
    »… hat er Euch gebissen«, vollendete er ihren Satz.
    »Ja.« Passione zitterte wieder und sah zu ihm. »Werdet Ihr ihn mitnehmen?«
    »Ich tue alles, damit er in seinem Wahn keine weiteren Menschen mehr anfällt und ihnen die Dinge antut, die er Euch angetan hat.« Jean schluckte und verspürte unglaubliches Mitleid. Und trotzdem: Sie durfte nicht am Leben bleiben, sonst würde sie als Bestie nachts durch die Gassen Roms streifen und Menschen reißen.
    »Ihr seid meine Rettung, Monsieur.« Sie leerte die Flasche und warf sie achtlos hinter sich aufs Bett. »Girolamo. Er ist oft bei Pietro Girolamo, einem seiner Spielkumpane, wenn er sich in der Stadt blicken lässt. Karten und Frauen und Geld, das sind seine Leidenschaften, Monsieur. Eine davon hat ihn den Verstand verlieren lassen.« Sie lächelte schwach und teilte ihm die Adresse mit. »Nennt das Losungswort Aurelia Antica und man wird Euch für einen der Spieler halten und Euch einlassen. Beeilt Euch, bevor er sich noch ein weiteres Mal bei mir blicken lässt.«
    Jeans Hand fand wie von

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