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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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unschuldig, doch der Unterton machte Gregoria stutzig. Aufgrund der Brisanz, die sich in diesen Worten verbergen konnte, wagte sie nicht nachzufragen, was mit diesem harmlosen und doch interpretierbaren Satz wirklich gemeint war. Doch eins schien ihr nun absolut sicher: Sie war dabei, in eine Auseinandersetzung innerhalb der Kurie zu geraten, die schon sehr lange andauerte und größer war, als sie bisher geahnt hatte.
    »Bis dahin kann es zu spät für Florence sein«, gab sie mit reichlich Verspätung zurück. Beide schwiegen einen Moment. Gregoria sammelte sich und berichtete dann von den Ereignissen im Gevaudan, von den Erlebnissen mit der Bestie, den Jagden, den vielen Opfern und dem Besuch von Francesco.
    Lentolo hörte ihr genau zu und unterbrach sie nicht. Als sie geendet hatte, sah er sie abschätzend an. »War Euer Mündel in Kontakt mit der Bestie, Äbtissin? «, fragte er dann geradeheraus. »Und kommt nicht auf den Gedanken, mich belügen zu wollen. Die Entführung des Mündels durch Francesco ergibt nur Sinn, wenn sie den Keim des Bösen in sich trägt. Also ist sie entweder schwanger von der Kreatur … oder sie selbst trägt den Keim in sich, in ihrem Blut.« Er betrachtete Gregorias Gesicht. »Sagt mir die Wahrheit und fürchtet nicht um das Leben Eures Mündels. Sie ist nicht dem Tode geweiht, wenn wir sie finden. Es gibt Mittel, ihr die Bestie aus dem Leib zu treiben.«
    »Sie ist …« Gregoria musste ein Aufschluchzen unterdrücken und bekreuzigte sich. »Sie ist als Bestie geboren worden. Der Herr mag mir vergeben, aber was hätte ich tun sollen, als ich ihr Leiden bemerkte? Sie umbringen?« Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen. »Gott weiß, dass ich nach Mitteln gesucht habe, sie von der Bestie zu erlösen, aber die vielen …«
    Lentolo nahm ihre Hand. »Beruhigt Euch, Äbtissin. Was Ihr getan habt, zeugt von Eurer Milde und Eurem großen Herzen. Ihr tatet Recht, auch wenn es Euch an dem Wissen mangelte, den Dämon aus Eurem Mündel zu treiben.«
    »Aber sie ist nicht für die Toten im Gevaudan verantwortlich«, bekräftigte Gregoria rasch. »Die wahre Bestie wurde erlegt von einem braven Mann, der wegen ihr viel Leid erdulden musste. Er verlor seinen jüngeren Sohn an das Böse und tötete ihn mit eigener Hand.«
    »War sein Name nicht Beauterne?«
    Gregoria schüttelte den Kopf. »Das war der Held, der auf Befehl des französischen Königs dazu ernannte wurde. Die Morde gingen weiter, bis Jean Chastel sie beendete.«
    Lentolos Augen verengten sich. »Kann auch er gegen den Legatus aussagen?«
    »Nein«, sagte sie schnell. Jean hatte genug durchlitten, sie wollte ihn aus dieser Sache heraushalten, zumal er nicht wirklich viel davon selbst erlebt hatte. »Ich bin Eure einzige Zeugin.«
    »Dann werden wir umso mehr auf Euch Acht geben.« Lentolo lächelte freundlich. »Nachdem Ihr mir von Euren schrecklichen Erlebnissen berichtetet habt, sollt Ihr hören, wessen Wege Ihr durch Zufall gekreuzt habt.« Er räusperte sich. »Kardinal Rotonda und sein Freund Francesco verfolgen einen wahnsinnigen Plan und haben viele kirchliche Würdenträger auf ihrer Seite. Habt Ihr bemerkt, dass einige Prediger in den Jahren, in denen die Bestie durch Eure Heimat streifte, die Angst der Menschen noch schürten, um sie dadurch in ihre Kirchen zu treiben?«
    Gregoria erinnerte sich sofort an verschiedene Priester, über die sich Jean sehr aufgeregt hatte. »Ja.«
    »Die öffentlichen Gebete, die vielen Messen zu dieser Zeit, das alles stärkte die Pfarreien wie noch nie. Wenn man bedenkt, dass sehr viele Nachfahren vertriebener Hugenotten im Gevaudan eine Bleibe gefunden haben, waren die drei Jahre die erfolgreichsten für die katholische Kirche.«
    Lentolo sah, dass Gregorias Augen immer größer wurden. Sie ahnte, worauf er hinauswollte. »Es kann nicht der Wille der Kirche sein, die Menschen durch Furcht in die Gotteshäuser zu zwingen!« Sie schüttelte den Kopf. »Es wäre, als würde man sich mit den Dämonen verbünden, um ein eigennütziges Ziel zu verfolgen!«
    »Wir beide und einige andere in der Kurie denken gleich. Aber Rotonda sieht es anders. Die Kirche verliert seiner Meinung nach zu viel ihrer Macht.« Lentolo lehnte sich nach vorn. »Diese Bestie wird von Rotonda als ein Gottesgeschenk gesehen. Überall, wo sie auftaucht, sind die Kirchen voll und die Menschen beten zu Gott. Das kann in seinen Augen nur im Sinne der Kirche sein.«
    »Das darf nicht sein!« Gregoria schaute ihn ernst an. »Die

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