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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Kontrolle übernommen, ihn gesteuert, wie eine Puppe für ihre eigenen Zwecke benutzt, wie sie es schon sehr, sehr lange nicht mehr geschafft hatte. Die Umstände waren für sie auch schon sehr lange nicht mehr derart günstig gewesen.
    Eric beschloss, etwas mehr in Erfahrung zu bringen. Er stöhnte leise, öffnete die Augen ganz und spielte dem Polizisten den Überraschten vor. »Wo bin ich?«, ächzte er auf Russisch.
    Der Polizist legte die Zeitung zur Seite und nahm ein Funkgerät zur Hand, sprach etwas hinein. »Ich darf Ihnen keine Auskünfte erteilen, Herr Waschinsky«, antwortete er dann auf Russisch. »Sie müssen warten, bis der Kommissar da ist.«
    »Wo hat man mich gefunden?«, keuchte er schwach und verzweifelt, um Mitleid zu erregen. Es war schon einmal gut, dass man noch nicht bemerkt hatte, dass sein Waschinsky-Pass gefälscht war. »Was ist …«
    »Ruhig, ruhig«, beeilte sich der Mann. »Sie sind vor einer Raststätte gefunden worden. Sie haben zahlreiche Schusswunden am ganzen Körper.«
    »Ja … die … Raststätte«, täuschte er Erkennen vor. »Ich bin in eine Schießerei geraten …«
    Die Tür öffnete sich und zwei weitere Polizisten mit wesentlich mehr Abzeichen auf den Uniformen traten ein. Sein Bewacher sprang auf, salutierte und verließ den Raum. Die beiden Männer zogen sich Stühle heran und setzten sich neben das Bett.
    »Mein Name ist Tomislav, das ist mein Kollege Pabovic. Wir sind von der Abteilung für Morddelikte und Schwerverbrechen«, stellte sich der eine vor, der einen kurzen, dichten Vollbart trug. Die schwarzen Haare auf seinem Kopf kräuselten sich leicht und erinnerten an den guten alten Minipli, die Uniform hatte ihm früher besser gepasst, als er noch keine geschätzte fünfzig Jahre war und einhundertzehn Kilogramm wog.
    Der andere, lang und drahtig mit igelkurzen, blonden Haaren und einem Schnauzbart, zog einen Block und ein Diktiergerät aus seiner Tasche. »Wir ermitteln, was sich genau in der Raststätte zugetragen hat. Sie, Herr Waschinsky«, er neigte sich nach vorn und sah ihn eindringlich an, »sind unser einziger Zeuge. Helfen Sie uns, das Massaker aufzuklären.«
    Eric wurde schlecht. »Es hat … niemand … überlebt?«
    Tomislav presste die Lippen zusammen, und es dauerte, bis er etwas sagte. »Nein. Eine verdammte Schweinerei, die dort passiert ist. Ich habe so etwas in meinen ganzen Dienstjahren noch nicht gesehen. Nicht einmal im Krieg. Siebzehn Leichen, alle verstümmelt. Und dabei ist der Ausdruck für das, was man den Menschen angetan hat, noch viel zu harmlos.« Er nickte Pabovic zu, der die Aufnahmetaste drückte und das Gerät auf die Bettdecke legte, um Papier und Block zu zücken. »Die Täter sind entkommen, und wir hoffen, dass Sie uns helfen können.«
    Die Bestie schrie und lachte, heulte ihre Freude laut hinaus. Es war eine Befreiung! Und ich werde es wieder schaffen!, versprach sie grollend.
    Eric sah die wartenden Gesichter der Polizisten und konnte nichts sagen. Er musste erst verarbeiten, was er da gehört hatte. Er war verantwortlich für den Tod unglaublich vieler Unschuldiger?
    »Herr Waschinsky, sollen wir eine Schwester rufen?«, erkundigte sich Tomislav besorgt. »Sie gefallen mir gar nicht.«
    »Dabei ist es ein Wunder, dass es Ihnen schon wieder so gut geht«, steuerte Pabovic ein paar aufmunternde Worte bei, um Eric zum Reden zu animieren. »Andere Menschen sterben schon bei einer einzigen der Verletzungen, die Sie aufweisen.«
    »Sie … sie kamen mit dem Auto.« Eric dachte sich in großer Eile eine möglichst einfache und doch plausible Geschichte aus und stellte sich darauf ein, sie zur Not noch ein paar Mal zu bestätigen. »Ein Auto mit … mit einer eingeschlagenen Scheibe, glaube ich. Sie stürmten in die Raststätte. Geld … sie wollten Geld«, berichtete er stockend. »Da griffen die Wildhüter zu ihren Gewehren. Es begann eine Schießerei, und ich und andere Gäste rannten hinaus, um zu entkommen. Dort bin ich ein paar Mal getroffen worden. Mehr weiß ich nicht mehr.« Seine Stimme bebte, und dieses Mal war es nicht vorgetäuscht. Die Schuld drohte ihn zu überwältigen, das Wissen um seine Morde brachte ihn an den Rand der Verzweiflung. Er hatte die Bestie so oft im Zaum gehalten … wieso war es ihm diesmal nicht gelungen?
    Die Polizisten wechselten erleichterte Blicke, weil er für sie endlich Licht in die Sache brachte. Sie fragten einige Dinge, Eric antwortete und konzentrierte sich darauf, stets die gleiche

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