Sanctum
beide trugen schwarze Soutanen und Kerzenleuchter. Die Dunkelheit huschte davon und zog sich als Schattenkleckse zwischen die Bücher und Regale, in die Ecken und hinter Möbelvorsprünge zurück.
Der Blonde ging zur Tür und bemerkte das zersplitterte Glas, der andere sah das Durcheinander auf dem Schreibtisch.
»Wir müssen Seiner Eminenz Bescheid sagen«, meinte der Mann am Schreibtisch und sah auf die losen Blätter, dann bemerkte er das Blut. »Wer auch immer hier drinnen war, sein Wissen wird ihm nichts nützen«, lachte er. »Er hat die Falle gefunden.« Er ordnete die Schriften und legte sie in die Schubladen zurück. »Das Muränengift tötet schnell. Wir werden die Leiche bald entdecken.«
Gregoria spürte einen Schwindel, der Raum drehte sich, aber sie zwang sich dazu, keinen Laut von sich zu geben.
Der Mann an der Tür wandte sich zu dem anderen um. »Fehlt etwas?«
»Soweit ich es sehen kann, nicht.« Der Braunhaarige ging zum Regal auf der gegenüberliegenden Seite von Gregorias Versteck, zog einen Atlas hervor und wälzte die Seiten, klappte ihn dann zu und stellte ihn zurück an seinen Platz. »Alles in Ordnung.«
Der Blonde war nicht zufrieden. »Wir sollten das französische Scheusal verlegen lassen. Es ist am Monte Verde nicht mehr sicher. Ich werde Seiner Eminenz vorschlagen, es endlich in die Engelsburg bringen zu lassen. Da gibt es kein Eindringen und kein Entkommen. Ich habe den jüdischen Katakomben vor der Stadt noch nie getraut.«
»Aber wird der Heilige Vater dem zustimmen?«
»Überlassen wir es Seiner Eminenz, den Heiligen Vater zu dieser Entscheidung zu führen.« Der Blonde nahm den Kerzenleuchter in die Rechte. »Räum auf und geh danach zu Bett. Ich werde Seine Eminenz wecken und von dem Vorfall berichten. Wenn du Spuren findest, lass es mich wissen.« Er verließ das Amtszimmer.
Der braunhaarige Mann machte sich sofort an die Arbeit. Fein säuberlich ordnete er die Briefe und Papiere, legte sie in die entsprechenden Schubladen zurück und las die Scherben auf. Er nahm sich sehr viel Zeit und war gründlich.
Gregoria harrte aus. Das Schwindelgefühl war nicht gewichen, und nun, da sie wusste, was in ihr Blut gelangt war, gesellte sich die Angst vor einem qualvollen Tod hinzu. Ich werde nicht sterben und Florence im Stich lassen, wiederholte sie unentwegt, hielt ihre Augen mit aller Macht geöffnet und atmete in den Stoff ihres Ärmels, damit der Mann nicht auf sie aufmerksam wurde.
Endlich verließ er den Raum, die Verbindungstür schloss sich, und die Dunkelheit kehrte aus ihren Ecken und Nischen zurück.
Gregoria wälzte sich von dem Regal und angelte mit dem Fuß nach der ersten Sprosse der Leiter. Sie hatte kaum mehr Kraft in ihren Armen und Beinen, beinahe wäre sie beim Herabsteigen von der Leiter gefallen.
Das Gift wirkte und wollte ihre Adern zum Platzen bringen, indem es das Herz zwang, schneller und schneller zu schlagen und das Blut nur so durch sie hindurchzujagen. Sie stützte sich am Schreibtisch ab und wankte mit eiserner Entschlossenheit auf das Regal zu, aus dem der Blonde den Atlas hervorgezogen hatte.
Der Foliant wog schwer; sie schaffte es kaum, ihn mit einer Hand zu heben und mit der anderen aufzuschlagen. Eine Karte reihte sich an die nächste, nirgends fand sich Auffälliges oder Hilfreiches. Aber wozu hatte er dann darin nachgeschaut?
Gregoria entschied, den Atlas mitzunehmen und dem Geheimnis in ihrer Unterkunft auf die Spur zu kommen. Sie musste außerdem herausfinden, wo sich der Monte Verde befand, und vor den Häschern des Kardinals dort sein. Und sie musste …
Gregoria merkte, wie ein viel stärkerer Schwindel sie erfasste als jener, der sie bisher gequält hatte. Alles schien sich um sie herum zu drehen. Das Herz hämmerte immer noch in ihrer Brust, doch gleichzeitig begann ein anderes Gefühl, sich durch ihren Körper zu brennen, ein Schmerz, der sie gleichzeitig zerriss und ihr dennoch keine Angst machte. Gregoria kämpfte nicht mehr dagegen an, sie ließ sich von dem wilden Taumel mitreißen, stürzte zu Boden.
Herr im Himmel, steh mir bei!
Plötzlich beruhigte sich ihr Herz, wurde langsamer und langsamer, bis es wieder so ruhig und gleichmäßig schlug wie immer. Die Schmerzen und der Schwindel verschwanden. Gregoria merkte, dass sie ohne Probleme aufstehen konnte. Mehr noch: Sie fühlte sich auf merkwürdige Art kraftvoll und belebt. Verdankte sie diese Rettung der heilenden Substanz, die sie nach dem Brand des Klosters
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